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Nordbremer Literaturfestival Geschichten, Geschichten, Geschichten

90 Minuten, zehn Autoren: Das Literaturfestival Gastgeber Sprache ist gestartet. Welche Geschichten zum Auftakt geboten wurden – ein Überblick.
07.04.2024, 18:28 Uhr
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Von Marina Köglin

Mit einer Lesung in der Stadtbibliothek Vegesack ist jetzt das Literaturfestival Gastgeber Sprache gestartet. Bis zum 18. Mai werden im Bremer Norden zahlreiche Lesungen von Autoren aus der Region stattfinden. Gastgeber Sprache bedeutet, dass die teilnehmenden Literaten mit ihren Worten zu Gast an verschiedenen Orten sein werden – und die Zuhörer wiederum Gäste in den Gedanken und Geschichten der Schreibenden.

Bei Gastgeber Sprache handelt es sich um einen Verbund hiesiger Autorinnen und Autoren. „Wir haben keinen Vorstand oder sonstige Hierarchien“, erklärt Gerhard Koopmann. Seit 2016 organisiert das Literaturkollektiv alljährlich zwischen Ostern und Pfingsten das Festival. Weitere Autorinnen und Autoren sind übrigens willkommen. „Auch jüngere Semester dürfen sich gerne zu uns trauen“, so Cornelia Knösel. Wer sich über das Literaturnetzwerk informieren, findet unter www.gastgebersprache.info die Kontaktdaten.

Die jetzige Auftaktlesung ist quasi ein Schaufenster, durch welches das Publikum kurze Einblicke in das Schaffen der Autorinnen und Autoren erhält. Die zehn Mitwirkenden haben eigens für die Eröffnungsveranstaltung Texte zum Thema „Lesen, Erleben, Träumen“ geschrieben. „Wir erleben also zehn Welturaufführungen“, sagt Bibliotheksleiter Martin Renz in seiner Begrüßungsrede.

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Heide Marie Voigt wandelt in ihrer Geschichte zwischen Traum- und Erinnerungssequenzen. Gleichzeitig lässt sie ihren Gedanken freien Lauf – und landet bei der Erkenntnis „Überleben können wir nur gemeinsam“. Eva-Maria Hüter schildert die jahrelange Suche eines Mannes nach seiner unbekannten Tochter. Immer wieder träumt er von ihrer ersten Begegnung. Ob er sie auch im realen Leben finden wird – wer weiß? In Annegret Achners Geschichte „Zugfahrt erster Klasse“ lernen die Zuhörer Gesa kennen. Deren Therapeut hat die Idee, die junge Frau durch eine Bahnreise von ihrer Verstimmung zu heilen.

Gerhard Koopmanns Text „Verloren“ handelt von einer gescheiterten Beziehung. Mit bewegenden Worten blickt der Ich-Erzähler auf die Scherben zerbrochenen Glücks. Dem Schmerz über eine verlorene Liebe folgen Traum-Morde: In Maren Schmidts Geschichte „Das Traumpaar“ bringt die Ich-Erzählerin im Traum schöne Männer um die Ecke. Wirklich nur im Traum? Die Antwort darauf ist im Rosenkübel vergraben. Der isländische Torfhof „Saenautasel“ inspirierte den Literaturnobelpreisträger Halldor Laxness einst zu seinem Roman „Sein eigener Herr“. In seinem Text schildert Jochen Windheuser in einem nahezu lyrischen Reisebericht seinen Besuch auf jenem Hof.

Die kleine Lisa in Gabi Steins Geschichte „Traumland“ flüchtet vor den Schlägen ihrer Eltern ins Reich der Bücher. Besonders liebt sie Geschichten, die in Internaten spielen. Wie gern würde sie in einem leben! Nach Jahren erfüllt sich der Wunsch, Lisa zieht um und ist endlich glücklich „…auch wenn das Internat heute Seniorenstift heißt.“ Christa Thiekötter schrieb die Geschichte „Wie dehnbar ist ein Freundschaftsband?“. Ihre Enkelin Anna Koll las die berührende Geschichte von zwei Freundinnen vor, die sich aus den Augen verlieren und nach Jahrzehnten wiederfinden.

Auch der Humor kommt nicht zu kurz, dafür sorgt Rega Kerner mit „Monsterschiff“. Hauptfigur: eine kleine Welle. Und die hat Angst davor, erneut vom Bug eines Schiffes zerschnitten zu werden. Die Welle sinnt auf Rache: Das nächste Schiff wird versenkt! Schon ist es so weit, der Welle wächst „vor Aufregung ein modisches Wellenkämmchen“. So viel sei verraten: Die Begegnung geht für beide nicht so gut aus.

„Die Tränen der Mona Lisa“ heißt die Geschichte von Cornelia Knösel. Darin macht der Direktor des Louvre eine bestürzende Entdeckung: Die Mona Lisa weint, weil sie sich so sehr in ihrem Bilderrahmen langweilt. Dem Direktor gehen ihre Tränen zu Herzen; er schneidet das Bild aus dem Rahmen. Die Mona Lisa ist frei – im Gegensatz zum Direktor. Der wird für seine Tat in die Psychiatrie eingewiesen. Immerhin – dort begegnet er der Mona Lisa wieder.

Schnell sind 90 Minuten vergangen. In kurzen Abständen ist Philosophisches auf Humorvolles gefolgt, Poesie auf Alltagsbeobachtung, Zuversichtliches auf Morbides. Die Vielfalt der Texte ist die große Stärke der Auftaktveranstaltung und macht Appetit auf mehr.

Zur Sache

Das Programm

Im Rahmen des Literaturfestivals Gastgeber Sprache finden noch bis Mitte Mai mehrere Lesungen in Bremen-Nord statt. Sie sind unter anderem in der Vegesacker Stadtbibliothek, im Haus Vier Deichgrafen, in der Blumenthaler Stadtteilfiliale der Sparkasse, im Nunatak in Blumenthal und in der Vegesacker Stadtkirche geplant. Die Teilnahme an allen Veranstaltungen ist kostenlos. Wann welche Autorin und welcher Autor mit welcher Geschichte wo zu hören ist, hat das Nordbremer Literaturkollektiv im Internet aufgelistet. Das Programm ist unter www.gastgebersprache.info zu finden.

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