Blockartige Carrées, die das neue Viertel von der Bahntrasse trennen, wenig Autoverkehr und je nach Bedarf bis zu zwei Kindergärten und eine Schule: So stellen sich die Berliner Architekten Kathrin Schmitz und Georg Schönborn sowie die Landschaftsarchitektin Annegret Stöcker (Querfeldeins) aus Dresden das Steingut-Quartier vor. Die beiden Büros haben gemeinsam an dem städtebaulichen Wettbewerb teilgenommen und ihn Anfang des Monats gewonnen. Damit wird nun auf Grundlage dieses Konzeptes der Bebauungsplan für das zehn Hektar große Gelände erarbeitet.
"Vor einem Jahr hatten wir außer Worten noch nichts", sagte René Kotte, Referatsleiter für Stadtplanung im Bauamt Bremen-Nord, während der jüngsten Beiratssitzung. Auch wenn es inzwischen einen Plan gebe, bedeutete das aber nicht, dass das Verfahren damit abgeschlossen sei. Es liege noch eine Menge Arbeit vor den beteiligten Unternehmen, ehe Bauanträge gestellt werden könnten. "Deshalb wird es noch einige Zeit dauern, bis wir über Details sprechen können", so Kotte.
Für die Jury habe das Konzept von Schönborn und Schmitz sowie Querfeldeins mit großem Abstand gewonnen. "Der Abstand zeigt sich auch darin, dass kein zweiter Platz vergeben wurde", sagte der Behördenmitarbeiter. Damit habe die Jury sehr deutlich zum Ausdruck gebracht, dass Investoren und Stadt mit diesem Konzept in das Bauleitplanverfahren gehen sollten. Dennoch könne der Entwurf an der einen oder anderen Stelle noch überarbeitet werden. "Das betrifft unter anderem die Dichte der Wohnbebauung", informierte René Kotte.
Lob für den Prozess gab es von Vegesacks Beiratssprecher Torsten Bullmahn (CDU). "Das Verfahren verlief sehr konstruktiv", sagte er. Auch wenn sein Favorit unter den sechs eingereichten Entwürfen ein anderer gewesen sei, könne er mit dem Siegerkonzept gut leben. "Was dort entstehen wird, ist viel, viel besser, als was wir jetzt dort haben", so Bullmahn. "Anstatt des Leerstandes herrscht dort künftig wieder Leben." Entsprechend bezeichnet er das Projekt als "immens wichtig für den Stadtteil."
Dennoch sieht der Christdemokrat auch Verbesserungspotenzial. "Die geplante Reihenbebauung spricht mich nicht so an", sagte Bullmahn. Das Konzept würde ihn an ein Monopoly-Spiel erinnern. "Es würde dem Quartier sehr guttun, wenn die Reihenbebauung etwas aufgelockert wird", stellte er fest.
"Die vorgestellte Planung gefällt mir sehr gut, weil sie robust und einfach ist", sagte Christoph Schulte im Rodde (Grüne). Damit würde das Quartier zu einem lebenswerten Ort und gleichzeitig nachhaltig sowie klimagerecht werden. Außerdem sprach er sich dafür aus, dass für die Hallen auf dem Grundstück bis zum Abriss eine Zwischennutzung gefunden wird. "Mit dem Entwurf wurde eine gute Grundlage gelegt, mit dem wir ein schönes, neues Stadtviertel bekommen, das auch zukunftsweisend ist", so Schulte im Rodde.
Anders bewerten die Vegesacker Linken den Entwurf. "Wir haben den Eindruck, und das war auch bei den fünf Alternativentwürfen der Fall, dass sehr dicht bebaut wird", sagte Karl Brönnle (Linke). "Ich würde fast von einer Maximalbebauung sprechen." Die geplanten Grünflächen wie etwa den Geestpark bezeichnete er als "Alibi-Grün", da diese Bereiche ohnehin nicht bebaut werden könnten. Außerdem seien die Plätze im Quartier zu klein geplant.
Zudem befürchten die Linken durch das neue Quartier Nachteile für Anwohner in der Umgebung. "Die Sonne scheint von Süden nach Norden", sagte Brönnle. Entlang der Bahnstrecke sehe das Konzept eine relativ hohe Bebauung vor, die die Grundstücke an der Vegesacker Heerstraße sowie am Friedrichsdorfer Bahnweg stark beschatten würden. "Das ist absehbar, da die Hallen, die derzeit auf dem Gelände stehen, maximal als dreigeschossig zu bewerten sind", so der Linken-Politiker. "Jetzt werden dort sechs und mehr Geschosse geplant." Das hätte zur Folge, dass die Grundstücke in der Nachbarschaft stark entwertet werden würden.
Diese Thematik beschäftigt auch die betroffenen Anwohner. Sie haben sich mit einem Bürgerantrag an den Beirat gewandt und bitten das Gremium darum, sich dafür einzusetzen, dass die Bebauung so realisiert wird, dass ihre Grundstücke nicht beschattet werden.
Hierzu hat Investor Thorsten Nagel eine Studie angekündigt. "Das Thema begleitet uns bereits seit mehreren Monaten und wir wollen es nicht negieren, sondern bearbeiten", sagte er. In der Untersuchung werde der städtebauliche Entwurf auf die Verschattung hin überprüft. Im Anschluss werde das Ergebnis vorgestellt, damit die Frage auf Basis einer fachlichen Expertise geklärt werden kann.
Außerdem bat der Investor den Beirat darum, sich für eine Quartiersbuslinie einzusetzen. "Wenn der Bereich wirklich autoarm werden soll, dann brauchen wir eine hervorragende ÖPNV-Qualität", sagte Nagel. "Und die haben wir bisher noch nicht." Eine Buslinie würde nicht nur für mehr Nachhaltigkeit sorgen, sondern das Quartier auch attraktiver machen.