Zur Begrüßung gibt es erstmal einen Schnaps. Oder wahlweise auch Wasser aus dem Kornglas. Die kleine Crew auf dem Feuerlöschboot im Vegesacker Museumshaven hat einen Grund anzustoßen. Besuch aus Hamburg ist an Bord geklettert. Gastgeber und Gäste eint die Begeisterung für Feuerlöschboote. Wie die Vegesacker haben auch die Hamburger eines in Betrieb – die "Repsold". Im Hamburger Hafen zählt es zu den Traditionsschiffen. Außerdem hat es die "Repsold" zu Fernseh-Prominenz gebracht. In der ARD-Serie "Großstadtrevier" diente das Schiff dem Schauspieler Jan Fedder in seiner Rolle als Polizist Dirk Matthies als Wohnschiff. "23 Jahre war das Schiff für Jan Fedder im Einsatz", erzählt Henning Hammond-Norden, der die "Repsold" zusammen mit einer Eignergemeinschaft 1988 übernommen hatte. Inzwischen gehört das Schiff ihm und seinem Schwiegersohn. Unterstützt werden sie von einem Förderkreis, den Freunden der "Repsold" – kurz FDR.
Die Hamburger haben schon eine Museumsrundreise hinter sich, als sie in Vegesack ankommen. Station Nummer eins: das Technikmuseum Sinsheim, wo als Highlight der Flugzeugsammlung die Concorde ausgestellt ist. Nächste Station: Essen mit dem Ziel Red Dot Design Museum, was allerdings geschlossen war, bedauern die Männer. Also besuchten sie das Ruhrmuseum auf dem Welterbeareal Zeche Zollverein. Und schließlich Station Nummer drei: das "Löschboot 1" im Vegesacker Museumshaven. Die Freunde der "Repsold" sind nicht ohne Hoffnung an Bord gekommen. "Wir sind auf der Suche nach unserem Schwesterschiff", sagt Henning Hammond-Norden und schlägt ein dickes Buch auf, in dem jede Menge Feuerlöschboote samt Bauplänen verzeichnet sind. Das "Löschboot 1" lief 1941 vom Stapel, die "Repsold" ebenfalls. Beide wurden auf der Schiffswerft August Pahl in Hamburg Finkenwerder erbaut. Gut möglich also, dass sich Hamburg und Vegesack schwesterlich die Hand reichen können. Doch die Hoffnung soll sich nicht erfüllen.
Wasserspiele für die Oper
"Es wurden drei typengleiche Löschboote gebaut", schreibt der Schifferverein Rekum, der das Löschboot 2007 gekauft hatte, auf seiner Internetseite. Mit Angabe der Baunummern. Das Schiff im Museumshaven trägt die Nummer 232. Die beiden anderen sind mit den Nummern 231 und 236 versehen. Die "Repsold" trägt die Baunummer 234 – und scheidet schon deswegen als typengleich aus. Aber auch wegen des Vorschiffs, das beim Vegesacker Löschboot einen Aufbau hat. Anders als die "Repsold". Wo sie jetzt noch suchen sollen? Henning Hammond-Norden zuckt die Schulter. Nachdem die Hamburger ein Schwesterschiff in Kiel entdeckt hatten, waren sie ziemlich sicher, "dass das letzte geglaubte Schwesterschiff in Bremen liegt".
Schwester hin, Schwester her – Geschichten lassen sich bei Sonnenschein auf dem Löschboot im Museumshaven trotzdem austauschen. Auch die Bremer sind mit ihrem Schiff nicht unbekannt. Bei Veranstaltungen werde das Löschboot gerne eingeladen, erzählt Rudi Krämer. Und Karl Müßig kann sich noch gut daran erinnern, dass ihr Schiff an Opernaufführungen des Goethe-Theaters auf der Seebühne an der Waterfront beteiligt war. "Da gab es von uns Wasserspiele nach Anweisung des Orchesters." Fürs Fernsehen entdeckt wurde das Schiff aber noch nicht. Ob die "Repsold" die Filmerei an Bord denn spurlos überstanden habe, wollen die Gastgeber wissen. "Die haben das Schiff relativ ordentlich hinterlassen", antwortet der Eigner. Von kleinen Schleifspuren mal abgesehen.
Sorgenvoller Blick in die Zukunft
Dass der Produktionsleiter der Vorabendserie bei der Suche nach einem Wohnschiff für den Polizisten Dirk Matthies überhaupt auf die "Repsold" aufmerksam wurde, lag auch daran, dass Eigner und Freunde des Schiffes "damals Nägel mit Köpfen gemacht und 100 000 Mark in die Restaurierung gesteckt" hatten, berichtet Henning Hammond-Norden, der sich mit dem Schiff seinen Seemanns-Traum erfüllt hat. Der wäre er gern geworden, doch seine Mutter habe das nicht zugelassen, blickt er zurück. Stattdessen wurde er Steinmetzmeister und Bildhauer.
Von so einer Summe würden sie in Vegesack auch träumen. Die Crew vom "Löschboot 1" ist sehr auf Spenden angewiesen, um das Schiff in Schuss zu halten, und sieht inzwischen sorgenvoll in die Zukunft. "Hier ist auch viel Marine-Gold", umschreibt Jörn Rürup den Zustand. "Die Bordwände verlieren an Dichte." Das Schiff müsste von außen komplett überholt, entrostet und grundiert werden. Und im Herbst steht der Tüv an. "Das Geld dafür haben wir einfach nicht." Das Bild vom "nächsten Hafen" steht ihnen schon vor Augen. Aber noch wollen die Leute vom Löschboot hoffen. "Der nächste Hafen", sagt Jörn Rürup, "wäre der Schiffsfriedhof."