Herr den Hertog, Sie haben die Sonder-Impfaktion initiiert. Wie sind Sie auf die Idee gekommen?
Ich habe vor zweieinhalb Wochen die Talkshow von Maybrit Illner mit Weltärztepräsident Frank Ulrich Montgomery gesehen und da hieß es: „Wir haben es verschlafen“. Und da habe ich gedacht: ‚Du hast es auch verschlafen.‘ Als Landesvorsitzender des Berufsverbands der Fachärzte für Orthopädie und Unfallchirurgie muss ich etwas tun, um die vierte Welle zu brechen. Ich kann nicht mit Herrn Scholz konferieren, aber ich kann impfen. Das ist etwas, was ich jetzt tun kann. Deshalb habe ich in unserem Verband einen Rundruf gestartet.
Wie viel Impfstoff bekommen Sie für den Impf-Tag?
Dem Vernehmen nach ist der Impfstoff Moderna unbegrenzt vorhanden. Knapp ist der Impfstoff von Biontech. Deshalb habe ich für unsere Praxis die Losung ausgegeben, alle über 30 Jahre bekommen Moderna. Für den Sonnabend haben wir 200 Dosen bestellt. Wir impfen notfalls nonstop. Wenn wir die 200 Dosen zu Ende impfen können, ist das viel. Das ist schon physisch anstrengend.
Darf kommen, wer will oder brauchen Impfwillige einen Termin?
Es ist kein Termin erforderlich, sondern wir drei Nordbremer Praxen, Ackermann, Meyer-Möhring und Wendelken, bieten jeweils offene Sprechstunden an. Aber seitdem der Impf-Sondertermin in der Zeitung stand, laufen die Telefone heiß. Es machen insgesamt neun Bremer Orthopädie-Praxen mit, aber einige wollen namentlich nicht genannt werden, weil sie Angst haben, den Ansturm nicht bewältigen zu können. Sie hatten die Impftermine online angeboten und waren innerhalb von zwei Stunden ausgebucht.
Ist eine Fortsetzung der Sonder-Impfaktion der Orthopäden geplant?
Ja, sofern der Bundesgesundheitsminister genügend Impfstoff liefern kann, planen wir eine Fortsetzung für den 11. Dezember und den 18. Dezember.
Ist Ihre Initiative als Appell an andere Fachärzte zu verstehen, sich am Impfen zu beteiligen?
Ja, ich habe inzwischen auch alle anderen Berufsverbände in Bremen angeschrieben, Psychologen, Kinderärzte, Chirurgen. Ich hoffe auf eine schnelle Rückmeldung, denn letztlich gilt: Nur wenn wir zusammenstehen, können wir etwas bewegen. Das schafft keine Fakultät allein. Wir brauchen Impfzentren, niedergelassene Ärzte und auch die Bundeswehr. Denn, wenn wir als Praxis am Sonnabend 200 Personen impfen, ist das ein Tropfen auf dem heißen Stein. Aber wenn 250 Arztpraxen in Bremen nur 100 Personen impfen, dann sind das 25.000 geimpfte Personen. Wenn alle mitmachen, kommen wir auf große Zahlen.
Befürworten Sie die Impfpflicht?
Ja, uneingeschränkt. Jeder vernünftige Mensch sollte sich impfen lassen. Im Prinzip ist das durch die 2G-Regel gegeben. Verschwörungstheorien sind Blödsinn. Wir leben in einer naturwissenschaftlich erklärten Welt: Es besteht ein Zusammenhang zwischen Ursache und Wirkung. Wenn einer nicht geimpft ist, erhöht er sein Risiko an Covid19 zu erkranken – und einer von 1000 stirbt daran.
Das Interview führte Patricia Brandt