In den Nordbremer Übergangswohnheimen hat es bisher große Vorbehalte gegen eine Corona-Schutzimpfung gegeben. Jochen Windheuser von der Willkommensinitiative für Geflüchtete spricht von einer Impfquote von 20 Prozent in der Erstaufnahmeeinrichtung an der Lindenstraße. „Und im Blauen Dorf soll es nicht viel besser sein.“ Die Behörden schätzen die Impfbereitschaft etwas höher ein. Die Angaben sind ungenau. Nach Aussagen des Sozialressorts von vergangener Woche lag die Impfquote "im gesamten System bei über 30 Prozent, aber in der Erstaufnahme liegt sie unter dem Schnitt“. Inzwischen hat die Behörde die Zahlen nach oben korrigiert.
Die Arbeit mit Geflüchteten im Containerdorf an der Steingutstraße lag in den vergangenen Monaten weitgehend brach. Nicht einmal die offiziellen Deutschkurse fanden laut Einrichtungsleitung statt. Auch ehrenamtliches Engagement fiel der Pandemie zum Opfer. Das Kontaktcafé habe nicht öffnen können, und auch die Kinderbetreuung sowie ein Kursus für afrikanische Frauen mussten nach den Worten von Einrichtungsleiter Hasan Gedik vorübergehend eingestellt werden. „Aber das ehrenamtliche Engagement ist weiterhin da. Die Willkommensinitiative und auch die Studenten der Jacobs University warten darauf, dass es wieder losgeht.“
Hasan Gedik ist zuversichtlich, dass im Blauen Dorf mit rund hundert Bewohnern aus Ghana, Somalia, Gambia, Sierra Leone, Nigeria, aber auch aus Syrien, Iran, Irak, Türkei, Serbien, Afghanistan und Nordmazedonien bald alles wieder so läuft wie bisher: Das Engagement der Freiwilligen im Blauen Dorf gilt seit Jahren als außergewöhnlich hoch. Die 15 Ehrenamtlichen wollen auch jetzt im Zuge gelockerter Pandemie-Bestimmungen wieder Angebote organisieren, bestätigt Jochen Windheuser, Sprecher der Initiative. „Die Kinderbetreuung im Blauen Dorf soll wieder losgehen, wir wollen den hauptamtlichen Kräften stundenweise helfen.“
Die Ehrenamtlichen wollen neben der „Hausgruppe“ Blaues Dorf auch eine weitere Gruppe Helferinnen und Helfer zusammenstellen, die sich um Geflüchtete in der Erstaufnahmeeinrichtung an der Lindenstraße kümmert. Den Neuankömmlingen sollen künftig vermehrt sportliche Angebote unterbreitet werden, so Windheuser. Dafür sucht die Gruppe auch noch Mitstreiter. Deshalb findet es Jochen Windheuser wichtig, dass Bremen in Sachen Impfschutz verstärkt Aufklärungsarbeit leistet: „Da muss man etwas tun, damit die Ehrenamtlichen mit gutem Gewissen hingehen können.“
Aufklärungsarbeit hat es nach den Worten von Lukas Fuhrmann, Sprecher des Gesundheitsressorts, gegeben. Unter anderem seien Gesundheitsfachkräfte des Gesundheitsressorts zur Information und Beratung in den Einrichtungen gewesen.
Grundsätzlich gehören die 1800 Impfberechtigten, die in Bremer Wohnheimen für Geflüchtete leben, laut Impfverordnung des Landes zur zweiten Priorisierungsgruppe, da sie sich aufgrund der räumlichen Enge in den Wohneinrichtungen nur schlecht schützen können, erläutert Lukas Fuhrmann. Doch: „Priorisiert werden nur Geflüchtete in Unterkünften. Dort ist die Fluktuation recht hoch. Außerdem erhalten wir keine gesonderte Auswertung zwischen Beschäftigten in den Einrichtungen und den Geflüchteten“, so Fuhrmann. Eine genaue Impfquote liegt Fuhrmann zufolge deshalb nicht vor. Dennoch stellt der Behördensprecher fest: „Zu Beginn der Impfkampagne war die Bereitschaft zur Impfung bei den Geflüchteten relativ gering."
Dabei seien den Frauen und Männern in Zusammenarbeit mit der senatorischen Behörde für Soziales und dem Gesundheitsamt in Wohneinrichtungen auf verschiedenen Wegen Impfangebote gemacht worden. Die Verwaltung schickte zunächst mobile Impf-Teams sowohl in die Erstaufnahmeeinrichtung an der Lindenstraße als auch in die 27 Bremer Übergangswohnheime. Von dem Angebot machten aber nur 350 Geflüchtete Gebrauch.
Die Ablehnung begründet die Behörde mit Misstrauen gegenüber verschiedenen Impfstoffen. Fuhrmann: "Als sich in den Communities herumsprach, dass mit Biontech geimpft wird, wuchs das Interesse deutlich. Viele Personen, die sich vor Ort in der Wohneinrichtung noch nicht impfen lassen wollten, nutzten wenige Tage später das Impfangebot in der humanitären Sprechstunde.“ Nach den Zahlen von Lukas Fuhrmann ließen sich seitdem 679 Personen in der humanitären Sprechstunde impfen und 233 weitere Geflüchtete im Impfzentrum.
Inzwischen hat das Sozialressort die Zahl zur Impfquote nach oben korrigiert: Diese liege in der Erstaufnahmeeinrichtung nun bei "an die 30 Prozent" und in den Unterkünften für Geflüchtete in den kommunalen Einrichtungen bei 51 Prozent, so Sprecher Bernd Schneider. Die bisher geringe Impfbereitschaft vor allem in der Erstaufnahmeeinrichtung erklärt er auch mit der großen Fluktuation. Schneider weiter: „Die Menschen müssen aber auch erst mal ‚ankommen‘ und Vertrauen gewinnen.“ Die Gesundheitslotsen hätten inzwischen „nochmal ordentlich ‚Werbung‘ gemacht".