Grohn. Zu den Erfahrungen der Pandemie gehört es auch, dass eine Corona-Erkrankung noch sehr lange nachwirken kann. Symptome einer solchen Long-Covid-Erkrankung können dann eine bleierne Erschöpfung, Konzentrationsstörungen sowie Störungen des Geschmacks- und Geruchssinns sein. „Long-Covid wird uns langfristig beschäftigen, auch dann noch, wenn die Pandemie überwunden ist“, sagt Professorin Sonia Lippke. Sie leitet an der Jacobs Universität ein gemeinsames Projekt der Dr. Becker Klinikgruppe und der Arbeitsgruppe Gesundheitspsychologie und Verhaltensmedizin der Jacobs Universität. Es wird im Rahmen der bayrischen Förderinitiative Post-Covid-Syndrom mit rund 550.000 Euro gefördert. Ziel des Projektes ist es, für betroffene Erwachsene einen „ganzheitlichen und nachhaltigen Behandlungspfad zur Unterstützung der Genesung und zur Minimierung der Folgen“ zu entwickeln.

Sonia Lippke von der Jacobs Universität beschäftigt sich mit dem Einfluss der Corona-Pandemie auf die Psyche der Menschen.
Man spreche von einem Long-Covid- oder Post-Covid-Syndrom, wenn die Beschwerden noch mehr als zwölf Wochen nach der Corona-Infektion bestehen und nicht anderweitig zu erklären sind, sagt die Medizinerin Alina Dahmen, Lehrbeauftragte an der Jacobs Universität und Medizinische Direktorin des Klinikums Wolfsburg. Schätzungen würden davon ausgehen, dass bis zu 15 Prozent aller Covid-Genesenen von Long-Covid-Symptomen betroffen seien. Das Projekt solle helfen, mögliche Betroffene und ihre Symptome besser zu verstehen.
Für die Studie sei ein niedrigschwelliges Screening in Form eines Fragebogens entwickelt worden. Betroffene ab dem 18. Lebensjahr können an einer zehnminütigen Online-Befragung teilnehmen. Weitere Interessierte, deren Covid-Erkrankung vier Wochen zurückliegt, die aber noch Symptome verspüren, können sich noch über die Interseite www.jacobs-university.de/Long-Covid melden, sagt Christina Derksen, die als wissenschaftliche Mitarbeiterin und Doktorandin an dem Projekt mitwirkt.

Christina Derksen, Wissenschaftlerin
Zum Projekt gehört auch, dass 66 Teilnehmer aus Bayern einen dreitägigen Test in einer Klinik machen, erklärt die Wissenschaftlerin. Außerdem würden „Lotsen der Jacobs Universität“ diese bayrische Teilnehmergruppe als Ansprechpartner digital begleiten und die Patienten bei ihren Therapien motivieren und sie bei der Suche nach der passenden Physiotherapie oder Reha unterstützen. Hinzu kommen sogenannte digitale Interventionen, bei denen die Patientinnen und Patienten Zugang zu einer Internetplattform mit Behandlungsprogrammen erhalten.
Die Jacobs Universität begleitet das Konzept und wertet es aus. „Erste Ergebnisse werden wir im Herbst, Winter haben“, blickt Christina Derksen voraus. Die Studie läuft bis September. „Dann werden alle Angaben anonymisiert ausgewertet, um Erkenntnisse darüber zu gewinnen, welche Maßnahmen sich bewähren und welche nicht. Wir wollen möglichst früh Ergebnisse für die Praxis liefern.“ Ziel der Studie sei es, Long-Covid möglichst früh zu erkennen und einem chronischen Verlauf vorzubeugen. Die Ergebnisse der Forschung wolle man deshalb möglichst breit streuen. Genutzt werden könnten sie von Ärzten, Therapeuten oder auch Rehabilitationseinrichtungen. „Idealerweise kommt unsere Arbeit möglichst vielen Menschen zugute“, sagt Sonia Lippke und fügt hinzu: „Wir brauchen dringend Konzepte und Handlungsoptionen zum Umgang mit der Erkrankung.“