Ein Raum ist nicht einfach nur ein Raum und eine Störung nicht einfach nur eine Störung. Das macht die Jahresfotoausstellung „Raum und Störung“ der Vegesacker Fotogruppe Blendwerk '01 deutlich. Wie zum Beispiel Hans Bittner das Foto eines Wohnzimmers ausgestellt hat: In dem steht in der Mitte eine Couch. Der Mensch, der darauf liegt, ist nicht zu erkennen. Er streckt einem aber die Füße entgegen. Mehr Mensch ist nicht zu sehen. Das ist, wenn schon Störung, dann aber eine Störung mit Witz. Am Sonntagmittag eröffneten die fünf Fotografen von Blendwerk '01 ihre Ausstellung im Kito.
„Wir geben uns immer selbst ein Thema“, sagt der 73-jährige Klaus-Peter Kehl von Blendwerk '01. Darüber gebe es durchaus kontroverse Ansichten. Dementsprechend zeigten die ausgestellten Fotos Motive unter „fünf verschiedenen Aspekten“. Damit müsse sich denn Betrachter oder Betrachterin selbst persönlich auseinandersetzen. „Diese Fotos sind keine Auswahl, sondern sie sind bewusst und aktuell unter der thematischen Vorgabe gemacht worden“, unterstreicht dabei Blendwerk '01-Fotograf Klaus Baete.

Angetan von dessen Arbeiten zeigte sich Besucher Egbert Heiß. Ihm war aufgefallen, dass sich der Fotograf der Umweltbelastungen angenommen hatte wie Meeresverschmutzungen, ein Verkehrsweg, der die Alpen durchschneidet und eine den Strand verschandelnde ehemalige Bunkerfestung. Diese inhaltlichen Anliegen seien auch ästhetisch überzeugend, so Heiß.
Baete selbst lässt dazu wissen, dass Störungen individuell wahrgenommen und bewertet würden. Er selbst wolle mit seinen Bildern auf Störungen aufmerksam machen, aber auch durch den Blickwinkel überzeichnen. Weitere Fotos sind von Jürgen Beuren und Michael Jacoby zu sehen.
In seiner Laudatio zur Eröffnung der Ausstellung sagte Martin Mader, dass er sich schon im Vorwege mit den Arbeiten der Fotografen und mit ihnen persönlich auseinandergesetzt habe. „Das war ein intensiver Austausch, wertschätzend und respektvoll.“

Museumsleiterin Katja Pourshirazi bei der Eröffnung der Ausstellung
Darüber hinaus widmete er sich dem Thema Raum und suchte nach einer Definition. Vordergründig sei ein Raum klar abgemessen wie als Wohnfläche in Quadratmetern. Doch es komme darauf an, was sich im Raum befinde und in welchem Umfeld er sich befinde. „Räume können auch sprechen. Räume sind subjektives Empfinden. ´Was nehme ich in ihnen wahr?´, ist die Frage.“ Raum habe viel mit Gefühlen zu tun, so Mader.
Ebenfalls ging er auf das Thema der Störung ein. Auch sie hängt nach seiner Auffassung vom subjektiven Empfinden ab. „Was ist den Fotografen als Störung aufgefallen?“ Mit dieser Frage an die Besucher und Besucherinnen entließ Mader sie, um sich der verschiedenen Motive anzunehmen. Auch möge man über die vielen Spielarten des Wortes Raum wie Freiraum oder Spielraum nachdenken, regte er an.

Dabei verwies in einem Grußwort Katja Pourshirazi, Leiterin des Overbeck-Museums, darauf, dass es sowohl bittere wie auch positive Störungen gebe. „Aber eine Störung hilft, die Augen aufzumachen“, war ihr wichtig. Als „angenehm zweideutig“ bezeichnete weiter Thomas Pörschke, Vorsitzender des Trägervereins Kito – Altes Packhaus Vegesack e.V., das Thema Störung. Außerdem bezeichnete er Blendwerk '01 als „Institution in Vegesack“. „Wir sind froh, Sie hier als Gast zu haben.“
Lob gab es von Kehls Seite besonders gegenüber Laudator Mader, dem „großen Bruder Kito“ und der „großen Schwester Overbeck-Museum“ für deren Unterstützung. Das Team des Overbeck-Museums habe ganze Arbeit geleistet. Bei der Beleuchtung und dem Aushang „geht einem das Herz auf“. Fünf bis sechs Arbeiten sind jeweils pro Fotografen ausgehängt. Wobei sich auch Baete besonders an der Installation erfreute. „Das ist hier für mich wie Weihnachten.“ Das Licht stimme. „Das ist toll ausgeleuchtet. Ich finde das berührend, wenn ich das sehe.“