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Anlaufstelle für Kinder und Jugendliche Ein offenes Ohr für bedrängte Kinder und Jugendliche

Das Kinderschutz-Zentrum bietet in Bremen-Nord an zwei Tagen in der Woche Beratungen für Kinder, Jugendliche, Eltern und Fachkräfte. In der "Villa am Wasser" in Grohn finden Ratsuchende jetzt ein offenes Ohr.
14.02.2022, 05:00 Uhr
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Von Imke Molkewehrum

Deutschlandweit sind allein im ersten Pandemie-Jahr rund 45.000 Kinder und Jugendliche in Obhut genommen worden. Und je länger die Ausnahmesituation anhält, desto mehr Minderjährige werden Opfer häuslicher Gewalt. Umso wichtiger ist ein neues Angebot der Beratungsstelle des Kinderschutzbundes in Bremen-Nord: Das Kinderschutz-Zentrum Bremen bietet in Vegesack ab sofort persönliche Beratungen für Kinder, Jugendliche, Eltern und Fachkräfte an.

„Der Hilfebedarf ist während der Pandemie größer geworden, die Gewalt an Kindern hat definitiv zugenommen", bestätigt Jana Rump, Leiterin des Kinderschutz-Zentrums. Wir erhalten oft auch telefonische Beratungsanfragen aus Bremen-Nord. Für viele Familien ist der Weg bis in die Innenstadt aber zu weit", so die Expertin. Beratungsangebote müssten unbedingt vertraulich, flexibel, vor allem aber auch gut erreichbar sein. Dank der Kooperation mit dem Regionalen Beratungs- und Unterstützungszentrum (Rebuz) Nord, das zum Bildungsressort gehört, ist das jetzt der Fall. Das Kinderschutz-Team wird die Nordbremer nun auch direkt vor Ort beraten. "Wir nutzen in Vegesack die Räumlichkeiten der 'Villa am Wasser' und sind ab sofort jeweils montags und mittwochs, ab 14 Uhr, vor Ort", freut sich die 35-jährige Psychologin. Interessierte müssen sich allerdings vorab beim Kinderschutz-Zentrum einen Termin holen. Es gibt keine offene Sprechstunde.

Steigende Fallzahlen

"Bisher ist die Versorgung in Bremen-Nord eher unterdurchschnittlich gewesen. Hier hat sich ein hoher Bedarf und wenig Erreichbarkeit gezeigt", sagt Rump. Zwar gebe es in Bremen-Nord nicht mehr Gewalt als andernorts, aber es hätten niedrigschwellige Beratungsangebote gefehlt. Angesichts der steigenden Fallzahlen sei es jetzt an der Zeit, "den Menschen vor Ort die Hand zu reichen". Alle Ratsuchenden seien willkommen. Egal, ob Betroffene, besorgte Großeltern, Nachbarn, Trainer oder Lehrkräfte. In den persönlichen Gesprächen werde gemeinsam erörtert, inwieweit ein Kind tatsächlich gefährdet ist. "Gemeinsam schätzen wir die Gefährdung des Kindes ein und gucken auch, was der Beobachter womöglich selbst für das Wohl des Kindes tun kann", erklärt die Expertin. In Fachberatungen unterstützen die erfahrenen Fachkräfte des Kinderschutzbundes die anfragenden Fachkräfte mit Hilfe eines sogenannten 'Gefährdungseinschätzungsbogens'.

"Wenn sich jemand Sorgen um ein Kind macht, ist er bei uns richtig und kann anrufen", betont auch Kathrin Moosdorf, Geschäftsführerin des Kinderschutzbundes in Bremen. Kinder und Jugendliche, Eltern und Angehörige sowie alle, die beruflich oder privat mit Kindern zu tun haben, können die Angebote wahrnehmen. Erfreulich sei, dass neue Berater im Team seien. "Vor zwei Jahren hatten wir noch vier Berater jetzt sind neun Frauen und Männer im Kollegium", so Moosdorf.

Manche Eltern fühlen sich überfordert

Fakt sei, dass der Beratungsbedarf seit Corona auch in Bremen-Nord steige. "Die häusliche Gewalt hat aber überall enorm zugenommen", bedauert die 40-jährige Geschäftsführerin. Hinzu kämen psychische Auffälligkeiten. "Täglich haben wir viele Anrufe, das Telefon steht nicht still." Unter den Anrufern seien auch verzweifelte Eltern, die sich überfordert fühlen, aber nicht gewalttätig werden wollen. "Besonders auffällig ist aber, dass sich immer mehr Fachkräfte aus Kitas und Schulen melden. Die kommen dann zu uns in die Beratung und holen sich Hilfestellungen, wie man mit Kindern und Eltern sprechen kann", erklärt Moosdorf. Dabei gehe es mitunter auch darum, das Jugendamt einzuschalten. 

Die Signale für Gewalt seien vielfältig ergänzt Jana Rump. Von Gewalt betroffene Kinder können verängstigt sein, laut oder besonders leise. Sie haben zum Teil Essstörungen oder können nicht schlafen. "Wenn ein Kind sein Verhalten deutlich ändert, sollte man genau hinhören und achtsam sein." Gewalt komme in allen Gesellschaftsschichten vor, körperliche Gewalt allerdings häufiger in sozial weniger privilegierten Familien, so die Psychologin. Bestimmte Faktoren fördern zwangsläufig Stress, Konflikte und Gewalt, beispielsweise beengter Wohnraum oder finanzielle und existenzielle Sorgen.

Sollten sich unbeteiligte Menschen akut um das Wohl eines Kindes Sorgen machen, beispielsweise Nachbarn, die oft Schreie oder Weinen hören, sei ein Anruf bei der Polizei oder beim Kinder- und Jugendnotdienst sinnvoll, sagt Kathrin Moosdorf. Ansonsten sei das Kinderschutz-Zentrum die richtige Adresse. "Fingerspitzengefühl ist hier gefragt. Manchmal braucht man auch das Jugendamt oder Helfer, die das Kind kennen." In Bremen-Nord sei der Beratungsbedarf seit Jahren sehr hoch. Moosdorf: "Hier haben viele Familien und Fachkräfte Bedarf. Im Zentrum stehen dabei aber immer die Kinder und Jugendlichen, denen es nicht gut geht. Und die können sich auch selbst bei uns melden."  

Zur Sache

In Bremen berät das Kinderschutz-Zentrum seit mehr als 40 Jahren Familien, in denen Kinder oder Jugendliche sexueller, körperlicher oder seelischer Gewalt ausgesetzt sind. Zudem bietet das Kollegium die bremenweite, aufsuchende Beratung an. Sie richtet sich an Kinder und Jugendliche, die von häuslicher Gewalt betroffen sind, deren Familien den Weg bis in die Stadt aber nicht schaffen. Telefonisch und persönlich führt das inzwischen neunköpfige Team pro Jahr rund 1500 Beratungsgespräche. Angesichts des hohen Bedarfs wird das Kollegium aber weiter aufgestockt. In Bremen-Nord finden nach telefonischer Vereinbarung fortan Beratungen in der „Villa am Wasser“, Am Wasser 6, 28759 Bremen statt. Termine können montags, dienstags, mittwochs und freitags von 11 bis 13 Uhr vereinbart werden unter Telefon: 0421 / 2401 1220.  Anfragen per Mail an: ksz@dksb-bremen.de

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