Das Paar hat sich so richtig chic gemacht. Er: blaue Melone auf dem Kopf, gestreiftes Hemd, darüber die vermutlich kürzeste Krawatte der Welt – ebenfalls gestreift – und Hochwasserhose, die von strammen Hosenträgern gehalten wird. Sie: Blümchendirndl über knielangem weißen Spitzenschlüpfer und gelber Strumpfhose sowie rotes Stirnband im blond gelockten Haar. Nicht zu vergessen die rote Knollnase, die beide mitten im Gesicht tragen. Sicherheitshalber diesmal über einer FFP-2-Maske, die angesichts des schillernden Outfits aber eigentlich gar nicht auffällt.
Zwei Clowns zu Besuch an einem Ort, der auf den ersten Gedanken möglicherweise ein bisschen zusammenzucken lässt. Clown Hugo und Clownin Violine sind zu Gast im Hospiz Lilge-Simon-Stift. Geht das? Frohsinn, Gesang und Lachen an einem Ort, den viele eher mit Traurigkeit und Schwere verbinden. Gut geht das, sagen nicht nur Benjamin Harlan und Susanne Grampp, die ins Clownskostüm geschlüpft sind, sondern auch Hospizleiterin Petra Westphal. Natürlich würden Leid, Tod und Tränen im Hospiz ihren Platz haben, aber eben auch die andere Seite. "Es geht nicht darum, dem Leben mehr Tage zu geben, sondern den Tagen mehr Leben", lautet ein Leitspruch. "Wir versuchen, das Leben hier so gut wie möglich zu gestalten und auf den letzten Lebensmetern etwas anzubieten, das auch Freude macht", sagt Petra Westphal. Zum Beispiel die Besuche der Clowns vom Verein Bremer Klinikclowns, die immer etwas Unmittelbares mitbringen. "Der Clown lebt im Moment", erklärt Benjamin Harlan. "Er muss nicht lustig, er kann auch traurig sein."
Spenden von der Heiman-Stiftung
Seit September kommen die Clowns einmal im Monat ins Schönebecker Hospiz und besuchen dort die Gäste, die das möchten. Zwei ihrer Auftritte hat die Heiman-Stiftung aus Bremen-Nord bezahlt. Was das Hospiz leistet, "finden wir unterstützenswert", sagt Manfred Kröger, der die Stiftung zusammen mit seiner inzwischen verstorbenen Frau gegründet hatte. Der Name setzt sich aus ihrer beider Vornamen zusammen: Heidi und Manfred. Auch eine Bank für das Außengelände hat die Stiftung gespendet sowie eine besondere Körpergitarre, die die Schwingungen des Klangs direkt auf den Körper überträgt. Der Einsatz der Klinikclowns sei ebenso unterstützenswürdig, meint Manfred Kröger. An diesem Vormittag kommen sieben der acht Gäste im Haus in den Genuss. Eine von ihnen ist Marlies Milowski.
Hugo und Violine stehen im Flur vor ihrer Zimmertür und stimmen sich mit ihren Instrumenten aufeinander ein. Musik ist ganz wichtig bei den Besuchen, erzählen die beiden Clowns. Vor Hugos Brust hängt ein kleines Wander-Akkordeon, seine Kollegin trägt eine Ukulele. Sie haben ein bisschen Bammel. Weil sie wissen, dass Frau Milowskis Sohn ein Musiker ist. "Ob wir das auch so gut hinbekommen?" Clown und Clownin legen fragend die Stirn in Falten und dann öffnet sich auch schon die Zimmertür,. "Kommen Sie rein", wird das Clowns-Paar freundlich begrüßt. "Wir sind ein bisschen aufgeregt", gesteht Violine und ihr Kollege poliert noch schnell seine Glatze auf Hochglanz. Dann ist die Aufregung auch schon fast verflogen. Alle drei stimmen "Süßer die Glocken nie klingen" an. Und später "Mein kleiner grüner Kaktus". "Noch ein Lieblingslied für Sie?", fragt Hugo. Jazz wäre schön. Ihr Sohn sei Jazzmusiker, erzählt Marlies Milowski. "Das kann ich!", ruft die Clownin und legt los, dass es die 87-Jährige vor lauter Klatschen mit Swingen gar nicht mehr still im Sessel hält. Auf ihrem Gesicht liegt ein freudiges Lachen.
Clowns bringen Leichtigkeit ins Haus
Das wiederum erfüllt die beiden Clowns mit Freude. Die Besuche im Hospiz, "wo der Tod vor der Tür steht", seien für ihn eine sehr intensive Erfahrung, erzählt Benjamin Harlan. Er nehme von dort immer ein gutes Gefühl mit. "Auch weil ich mich freue, dass ich Freude spenden konnte." Susanne Grampp erzählt von ihrer Freude am Improvisieren. "Herauszufinden, was mein Gegenüber gerade braucht." Das können auch die kleinen Wünsche sein. Oder ein gemeinsames Schmunzeln. "Die Besuche der Clowns sind überhaupt nicht albern", sagt Hospizleiterin Petra Westphal. "Sie bringen eine Leichtigkeit ins Haus." Es sei sofort eine andere Stimmung zu spüren, wenn am Vormittag die Klinikclowns da gewesen sind. "Davon bekommt selbst der Spätdienst noch etwas mit."