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Kulturbahnhof Folk-Pop mit zeitkritischen Texten

Latin Quarter gastiert im fast ausverkauften Kulturbahnhof in Vegesack mit einem neuen Album. Neben der Musik spielten dabei auch die Texte der Band eine zentrale Rolle.
31.10.2021, 18:00 Uhr
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Von Jörn Hildebrandt

Vegesack. Wie die Band, so war auch das Publikum im Kulturbahnhof (Kuba) Vegesack nicht mehr gerade blutjung. Bereits im Jahre 1983 gegründet, also vor fast 40 Jahren, galt die Electro-Pop-Band Latin Quarter mit ihren wabernden Nebeln und bunten Lichtschauern auf der Bühne damals als typische Band der 1980er Jahre. Allerdings unterschieden sich ihre Texte durch ihre scharfe Gesellschafts- und Politikkritik von den meist harmlosen und banalen Liebesliedern des Pop-Genres.

Anlässlich ihres neuen Albums „Releasing the sheep“, das erst kürzlich erschienen ist, tourt die Gruppe derzeit durch Deutschland und gab im Kuba ein Konzert vor fast vollem Haus. Seit 2016 tritt sie als Trio mit Steve Skaith (Gesang und Gitarre), Martin Ditcham (Schlagzeug und Keyboards) und Mary Carewe (Gesang) auf.

Band präsentierte auch Unveröffentlichtes

Die Band Latin Quarter, deren Name sich vom Pariser Studentenviertel Quartier Latin ableitet, präsentiert in ihrem neuen Album eine Mischung aus frisch geschriebenen Songs und überarbeiteten Titeln, die sogar noch aus den 1980er Jahren stammen, bisher jedoch von der Band nicht veröffentlicht wurden. Musikalisch reicht ihr Spektrum von US-West-Coast-Einflüssen über afrikanische Rhythmen bis zu Folkrock- und Americana-Elementen. Viele Wurzeln aus Europa, Nordamerika und Afrika verwachsen in dieser englischen Band zu einem Stil, in dem Country, Folk, Gospel und Bluegrass enthalten sind. Ähnlich breit aufgestellt sind auch die aktuellen Texte, in denen es zum Beispiel um Liverpool in den 1970er Jahren oder den Geist Nelson Mandelas geht, und mehrere Titel sind von der Black Lives-Matter Bewegung in den USA inspiriert.

Die eingängige Musik, melodisch und rhythmisch eher simpel gestrickt, kommt mal schnell und fetzig, mal langsam und gefühlvoll, aber auch cool daher, wechselt vom Balladesken und Lyrischen zu rockigen Rhythmen, wobei der satte Sound der Akustik-Gitarre und die schwebenden Töne aus dem Keyboard für starke klangliche Kontraste sorgen. Alle drei Musiker übernehmen im Konzert im Kuba Gesangspartien, mal solo, mal im Duo, mal im Trio, und erweisen sich dabei als qualitativ gleichwertige Sänger, wobei besonders die ausdrucksvolle Stimme von Mary Carewe die Zuhörer immer wieder gefangen nimmt.

In gewissem Kontrast zur musikalischen Schlichtheit der Popmusik stehen die anspruchsvollen und engagierten Texte von Latin Quarter. Aus jüngerer Zeit stammt zum Beispiel ein Song, der sich scharf gegen den ehemaligen US-Präsidenten Donald Trump richtet. „Wie viele selbst inszenierte Fotos mit einer fremden Bibel in der Hand? Wie viele Unwahrheiten über die eigene Steuererklärung machen Amerika wieder großartig?“, fragt die Band.

Durchbruch gelang 1985

Mit ihrer Mischung aus Latin, Reggae und Rock gelang der Band 1985 der Durchbruch, wobei Steve Skaith stets die Fäden in der Hand hielt und es zusammen mit dem Lyriker Mike Jones wagte, ausschließlich ernste Themen textlich zu verarbeiten, seien es Apartheid, Krieg, Tierquälerei, Machtmissbrauch oder Einsamkeit. Sehr konkret wurden Nelson Mandela, die Sandinisten in Nicaragua und die diskriminierende Behandlung der schwarzen Blues-Sängerin Billie Holiday wiederholt in ihre Songs einbezogen.

Durch ihre politischen Songs wie „Radio Africa“ oder „New Millionaires“ wurde die Band schließlich auch berühmt. Ihr erstes Album „Modern Times“ aus dem Jahre 1986 verkaufte sich mehr als 300.000 Mal. Doch im Jahre 1990 löste sich die Ursprungsbesetzung der Band auf, bis sie sich 2012 mit neuen Mitgliedern reformierte.

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Das Konzert im Kuba erschien wie aus einem Guss, mit gefälligen Melodien, zahlreichen musikalischen Tupfern aus fernen Kontinenten und zeitkritischen Texten, die immer wieder gegen den Strom schwimmen.

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