Dieser Bagger ist anders. Das sieht man gleich: kein Greifer, keine Schaufel. Und statt auf Rädern oder Ketten steht er auf Stelzen – mitten im Vegesacker Hafen. Seit Tagen ist die Maschine dabei, den Schlick vom Grund des Beckens zu saugen, der zuvor schichtweise geschnitten wurde. Darum heißt der Bagger nicht einfach Bagger, sondern Schneidkopfsaugbagger. Alles in einem Wort geschrieben, schließlich macht das Gerät auch alles auf einmal. In Vegesack zum ersten Mal.
Christoph Tarras kann sich zumindest nicht daran erinnern, dass schon einmal ein Bagger den Schlamm im Museumshaven geschnitten und abgesaugt hat. Er steht am Rand des Hafenbeckens und schaut zu, was die Crew an Bord der schwimmenden Baumaschine macht. Tarras ist Ingenieur und leitet bei Bremenports eine Abteilung, die für Wassertiefen zuständig ist. Die städtische Gesellschaft betreut alle Häfen in Bremen und Bremerhaven – und darum auch das Vegesacker Vorhaben.
Für einen Sportboothafen ist es ein Großprojekt. Drei Millionen Euro wird es kosten, die ursprüngliche Tiefe des Beckens wieder herzustellen. Alles in allem sollen zwischen 30.000 und 35.000 Kubikmeter Schlamm weg. Die erste Zahl nennt Tarras, die zweite die Wirtschaftsförderung, die für den Museumshaven zuständig ist, auch finanziell. Dass mehr Schlick aus dem Becken raus muss als aus anderen, kommt nicht von ungefähr. Tarras sagt, dass die letzten Sedimentarbeiten im Hafen mittlerweile Jahrzehnte her sind.
Und in dieser Zeit hat sich viel am Grund des Beckens angesammelt: durch den Zulauf der Schönebecker Aue, aber in erster Linie durch den Tidenhub der Weser. Tarras zeigt auf die Einfahrt des Hafens. Vor allem unter der Brücke, sagt er, wurde es für die Vegesacker Traditionssegler und -barkassen, die raus oder rein wollten, immer enger. Darum – und weil er sich von vorne nach hinten durcharbeiten soll – hat der Bagger auch dort mit dem Schneiden und Saugen angefangen.
An diesem Vormittag steht er im Zentrum des Beckens. Die Crew, drei Männer sind an Bord des Schwimmbaggers, ist gerade dabei, ihn in Position zu bringen. Die Stelzen vorne und hinten werden abwechselnd rauf- und wieder runtergefahren. Auf diese Weise, sagt der Ingenieur von Bremenports, kann sich der Bagger vom Grund des Hafens abstoßen und sowohl vorwärts als auch rückwärts manövrieren, zumindest ein Stück weit.
Für Tarras ist dieser Schneidkopfsaugbagger besonders. Auch Bremenports hat welche, aber alle sind größer – und damit zu groß für den kleinen Museumshaven. Darum hat das Unternehmen einen belgischen Bagger geordert. "Hendrik Geeraert" heißt der und gehört zu den kleinsten auf dem Markt. An Bord des Baufahrzeugs, das auf den ersten Blick wie eine Fähre aussieht, ist es so eng, dass die Besatzung unter sich bleiben muss. Sie hat sich auf Sportboothäfen spezialisiert.
Eine Herausforderung ist das Vegesacker Becken trotzdem. Zum einen, weil nicht alle Schiffe den Hafen verlassen haben und zwei immer wieder von einer Seite zur anderen verlegt werden müssen, um Platz für den Bagger zu schaffen. Und zum anderen, weil die Einfahrt so schmal ist, dass die Schwimmschuten, in die der Schlick gepumpt wird, vor dem Hafen bleiben müssen – mit der Folge, dass der Bagger eine Leitung hinter sich herzieht, die länger ist als auf anderen Baustellen. Sie kommt auf 350 Meter.
Bis Ende Juli soll der Schlamm aus dem Hafen sein. Tarras sagt, dass die Männer an Bord des Baggers bisher gut in der Zeit liegen. Nach seiner Rechnung haben sie ungefähr ein Drittel der 30.000 Kubikmeter inzwischen in die Schuten gepumpt. Was schneller ist als geplant. Der Ingenieur schließt daher nicht aus, dass die Arbeiten früher abgeschlossen werden können – wenn denn weiterhin alles glattläuft und die Bearbeitung des Schlicks auf der Deponie in Seehausen mit dem Tempo der Baggerarbeiter mithält.
Der Schlamm, den sie aus dem Hafen holen, ist nicht irgendein Schlamm. Er ist belastet. Tarras spricht von erhöhten Blei- und Zinkwerten, von Altlasten der Industrie, die sich mit dem Weserwasser im Vegesacker Hafen über die Jahrzehnte angesammelt haben. Darum kann der Schlick nicht verklappt werden so wie anderer, sondern muss auf die Deponie, wo er zur Lagerung erst getrocknet wird. Und das kann dauern. Bremenports hat den Bagger deshalb vorsorglich für fast zwei Monate gemietet.
Jetzt legt er eine Zwangspause ein. Die Stelzen fahren hoch, der rotierende Schneidkopf und der Stahlarm, an dem er hängt, kommen an die Wasseroberfläche. Das Baufahrzeug wird von einem Schlepper in eine andere Position gebracht. Tarras sagt, dass der Baggerführer keinen Sichtkontakt zum Saugrohr hat, sondern es über ein Echolotsystem über den Hafengrund navigiert. Stellenweise werden bis zu drei Meter Schlamm abgebaut. Mehr, meint der Ingenieur, geht nicht. Schließlich brauchen die Spundwände noch Halt.