Vegesacks Hafen hat ein Problem mit Sand und Schlick. Die Mitglieder des „Kutter- und Museumshavenvereins“ können auf ihren Booten täglich zuschauen, wie es an manchen Ecken bei Niedrigwasser keine Handbreit Wasser mehr unter dem Kiel gibt. Der Vereinsvorsitzende Rolf Noll hat sich mit einem Antrag an das Bauamt Bremen-Nord gewandt: Die Aue sollte umgeleitet werden, damit das Wasser tief bleibt und der Hafen wieder voll funktionsfähig wird. Es ist nicht der erste Versuch, den Lauf des Bachs zu verändern.
„Der Bau des Hafens wurde vor genau 400 Jahren vom Bremer Senat und dem Haus Seefahrt gestartet. Schon damals haben erfahrene Wasserbauer aus Holland sehr schnell festgestellt, dass die Aue zu viel Sand transportiert und es damit zu einer schnellen Versandung des Hafens kommen würde,“ hat Rolf Noll recherchiert. Als Konsequenz sei der Bach 1618 vor Beginn des Hafenbaus am Hafen vorbei in die Lesum geleitet worden. Auf alten Karten ist zu sehen, dass Aue und Hafenbecken nicht verbunden waren.
Doch heute gelangen neben dem Sand aus dem Oberlauf der Schönebecker Aue auch noch Schadstoffe in das Hafenbecken, ist sich Rolf Noll sicher. In der Zeit ab 1999 ist in Vegesack viel und vehement und vor allem ohne greifbares Ergebnis über die Aue gestritten worden. Die damalige Stadtentwicklungsgesellschaft Vegesack (kurz Stave) hatte einen Topf von mehr als fünf Millionen Euro zur Verfügung, um Bahnhof und Bahnhofsplatz grundlegend umzugestalten. Unter dem Bahnhofsplatz verläuft die Aue in einer Röhre. Im Zuge der Debatte präsentierten Umweltschützer und Landschaftsplaner denn auch Vorschläge, den Verlauf der Aue offenzulegen.
Den Fischen sollte so ein natürlicher Lebensraum geboten werden und der Bahnhofsplatz mehr Aufenthaltsqualität bekommen. Die Idee hatte allerdings von Beginn an mehrere Haken. Zum einen, betonten seinerzeit die Fachleute, lägen unter dem Bahnhofsplatz jede Menge Leitungen, deren Verlegung extrem teuer geworden wäre. Zum anderen läge die Schönebecker Aue bei Niedrigwasser zwischen sechs und sieben Meter unter Platzniveau. Eine Art Schlucht wäre entstanden. Letztlich blieb den Fischen – auch weil die EU keine Mittel beisteuern wollte – eine beleuchtete Röhre im Untergrund statt des Tageslichts.
Dass nun rund um den Bahnhofsvorplatz wieder gebaut werden soll und das Haven Höövt ja praktisch verschwindet, sieht Rolf Noll als „historische Chance“, den Fehler der Umlegung der Aue in den ältesten künstlichen Hafen Europas wieder zu korrigieren. Die Aue sei zu einem ganzen Teil ja heute schon verrohrt und müsse jetzt doch nur bis in das Becken hinter dem historischen Lange-Speicher geführt und wieder in die Lesum durchgestochen werden, findet der Vorsitzende des Hafenvereins von Vegesack. Das Wasserbecken neben dem heutigen Geschichtenhaus könnte in den neuen alten Auelauf eingebunden werden.
Wasserbauer weisen indes auf eine existierende integrierte Fischtreppe mit Beleuchtung für die Neunaugen hin, die man bei einer gewünschten Verlegung der Schönebecker Aue genauso im Blick behalten müsse, wie das Gefälle im Gelände. Machbar sei solch ein Umbau aber allemal, hieß es. Von der Wirtschaftsförderungsgesellschaft Bremen (WFB) kam zu diesen Überlegungen auf Nachfrage nur der Hinweis, man sei nur für den Betrieb und die Unterhaltung der Wasserflächen und der Hafenanlagen zuständig, nicht aber für Umgestaltungen auf dem Bahnhofsvorplatz. Die WFB sei auch nicht involviert in die Pläne des Investors auf dem Haven-Höövt-Grundstück.
Vegesacks Ortsamtsleiter Heiko Dornstedt nennt Nolls Überlegungen immerhin einen „spannenden Vorschlag“, der jetzt zur richtigen Zeit gemacht werde: „Der Verlauf hinter dem alten Speicher wäre eine gute Idee,“ reagiert Dornstedt spontan. Nolls Überlegungen zu positiven Impulsen für den Hafen gehen indes noch einen Schritt weiter.
Der Vereinsvorsitzende wünscht sich eine publikumsfreundliche Gestaltung des neuen und höheren Hochwasserschutzes rund um den Hafen. Wie berichtet, wird derzeit an neuen Plänen gearbeitet, wie die Erhöhung unter Berücksichtigung des Generalplans Küstenschutz aussehen kann. Dabei spielen auch die neuen Pläne für das Haven Höövt eine Rolle.
Weiter auf der Wunschliste von Rolf Noll: eine Beflaggung des Hafens und der Weserpromenade und eine attraktivere Gestaltung der Hafenkanten. Last but not least sähe Noll gerne vonseiten der Stadt mehr Einsatz beim Anwerben attraktiver Museumsschiffe für den Hafen. Als konkretes Beispiel nennt Noll den Bereisungsdampfer „Welle“, der in Bremerhaven auf das Ende seiner Restaurierung wartet.