Der eine kommt besucht das Haus an der Alten Hafenstraße "wegen der schönen Kindheitserinnerungen”. Der andere liebt die Kultur und entdeckt nach eigenen Worten immer wieder neue Varianten in alten Bildern. Der nächste Gast erlebt zum ersten Mal den Museumstag bei Overbeck. Die 35 Jahre alte Kultureinrichtung präsentiert sich von einer sehr flexiblen Seite.
“Als die Bomben fielen, da wurde ich zu den Großeltern geschickt”, erzählt Herbert Monsees, während er auf ein Bild von Fritz Overbeck blickt. Zu erkennen ist ein Gehöft, das in idyllischer Landschaft liegt. Bei Herbert Monsees werden die Erinnerungen wach: an den Hof der Großeltern, ein Reet gedecktes Dach, einen alten Ziehbrunnen. “Da bin ich groß geworden”.
Der mittlerweile über 80-Jährige ist gern im Overbeck-Museum an der Alten Hafenstraße. “Seit der Eröffnung mindestens zwei Mal im Jahr.” Nicht nur Kindheitserinnerungen sind es, die er in den ausgestellten Werken entdeckt. “Bei jeder näheren Betrachtung gibt es Neues zu entdecken. Ein Lichtschimmer, eine besondere Stimmung, es ist immer wieder aufs Neue spannend.”
Die Ausstellung zeigt die Lieblingsbilder der ehrenamtlichen Mitarbeiter. “Das werden sie in dieser Zusammenstellung vermutlich nicht noch einmal erleben”, macht Melanie Schmidt-Menguit deutlich. Die Museumspädagogin präsentiert nicht nur während einer Führung die Bilder, sie ist auch stolz, auf das tolle Engagement der Ehrenamtlichen, “ohne die wir diese Bilder heute nicht sehen würden”. Beim Museumstag konnten Besucher die Werke der Overbecks auch ertasten: anhand von Modellen, die mit einem 3-D-Drucker hergestellt wurden.

Für die aktuelle Ausstellung im Overbeck-Museum haben die ehrenamtlichen Mitarbeiter ihre Lieblingsbilder des Maler-Ehepaares ausgewählt.
Für die Führung am sonntäglichen Museumstag war Finn Völkel eingeplant. Der Volontär entschuldigt sich aber wegen Krankheit. Anne Freund ist eigens aus Huchting per Zug nach Bremen-Nord gekommen. "Ich wollte unbedingt mal hier in das Overbeck-Museum”. Sie ist eine der Ersten vor Ort. "Das ist ja schade”, sagt sie, als sie von der ausgefallenen Führung hört. “Allerdings kann ich jetzt schon sagen, dass ich das Ambiente hier wunderschön finde. Und die bis jetzt gesehenen Werke gefallen mir ebenfalls ausgesprochen gut.”
Bevor Anne Freund sich mit dem Zug weiter nach Bremen zum Focke-Museum aufmacht, haben sie und weitere Gäste Glück. Museumspädagogin Melanie Schmidt-Menguit springt für Finn Völkel ein und übernimmt kurzerhand die Führung.
Völkel selbst kommt auch noch zu Wort. Sein Lieblingsbild ist das von Paul Schroeter 1904 gemalte Porträt von Fritz Overbeck. “Für mich ist dieses Portrait mehr als eine Darstellung einer Person - es öffnet ein Fenster zu Overbecks Welt und seiner Kunst”, ist seine Erklärung zum Lieblingsbild zu lesen.
Selbsttest vor Overbeck-Portrait
“Ein wenig unheimlich und arrogant”, findet ein Besucher den dargestellten Fritz Overbeck, flüstert es aber nur ganz leise, während Melanie Schmidt-Menguit zu weiteren Erklärungen ansetzt. “Es ist wie bei der Mona Lisa, die Augen von Fritz Overbeck sollen die Besucher verfolgen.” Während die Gruppe der Museumspädagogin zur nächsten Bilderansammlung folgt, probiert eine Besucherin den Selbsttest, läuft vor dem Fritz-Overbeck-Porträt von links nach rechts, um dann zu erklären: “Stimmt”.
Die Museumspädagogin erzählt derweil, dass die weltweite Bekanntheit von Fritz Overbeck aber auch die Liebe des Künstlerpaares durch die ausgestellten Bilder im Münchner Glaspalast ihren Beginn fanden und dass die Bilder ein 200 Jahre altes Zeitgeschehen dokumentieren. Besucherin Marlies Linde lauscht aufmerksam. Zwei- bis dreimal im Jahr sei sie im Overbeck-Museum, ist wie ihre Freundin Karin Müller dankbar, “dass es dieses Museum in Bremen-Nord gibt."
Linde hat Gertrud Overbeck, die 1990 das Overbeck-Museum eröffnete und das Kito-Gebäude unter Denkmalschutz stellen ließ, nach eigenen Worten kennen lernen dürfen. “Eine sehr engagierte Frau und tolle Lehrerin. Sie unterrichtete meine Tochter in Bio”, erzählt sie. Von der Museumspädagogin erfährt sie, dass Gertrud Overbeck auch Deutsch unterrichtete. Am Ende der Führung dürfen die Gäste beim Malen selbst ihre künstlerische Ader ausprobieren.