Bernd Zimmermann ärgert sich. Er wohnt in Blumenthal, zusammen mit seiner Frau, 78 Jahre alt. Kürzlich bekam sie ihr Impfangebot für die Corona-Impfung, das finden beide toll - aber kurz darauf schwindet die Freude: Mit dem Code kann seine Frau nur in die Messehalle 7 auf der Bürgerweide. Sie soll mit dem Vakzin von Astra-Zeneca geimpft werden.
„Meine Frau fährt sehr schlecht Auto und hat große gesundheitliche Probleme. Wir fahren so gut wie nie nach Bremen-Mitte, das ist für uns ein Stressfaktor“, sagt Bernd Zimmermann. Für ihn sei die Vorgehensweise unlogisch - er versteht nicht, warum er und seine Frau zur Bürgerweide fahren müssen, wenn es ein Impfzentrum in Bremen-Nord gibt. Er selbst ist vier Jahre jünger und hat noch kein Impfangebot bekommen. „Wenn wir schon nach Bremen-Mitte fahren müssen, wäre es sinnvoll, wenn wir uns immerhin zusammen impfen lassen können“, sagt Zimmermann. Nach Rücksprache mit der Leitung des Impfzentrums in Nord habe er den Hinweis bekommen, dass er warten solle, bis er ein Angebot bekommt. Dann könne das Ehepaar gemeinsam nach Bremen-Mitte fahren, der Code seiner Frau verfalle bis dahin nicht.
Kein Einzelfall
Der Fall des Ehepaars Zimmermann ist keiner, der vereinzelt vorkommt. Immer mal wieder melden sich Menschen in der Strandlust, die verwundert sind, dass sie den weiteren Weg nach Mitte einschlagen sollen, bestätigt die Gesundheitsbehörde. Auch die Zimmermanns haben einige Bekannte im Umfeld, denen es genauso ergeht. „Im Impfzentrum Nord werden 288 Personen am Tag geimpft, in Mitte haben wir Kapazitäten für 14000 Impfungen am Tag. Derzeit impfen wir dort aufgrund der geringen Impfstofflieferung täglich etwa 2000 Personen. Wenn alle Bremen-Norder lediglich ein Angebot im Impfzentrum Nord wahrnehmen würden, würde es viel länger dauern", erklärt Alicia Bernhardt, Sprecherin des Gesundheitsressorts im Senat die Situation. Seit die Behörde Ende Februar verkündet hatte, dass die Impfkapazitäten in Bremen-Nord vergrößert werden sollen, gab es in der Tat einen Anstieg um 50 Prozent. Vier der fünf Impfstraßen würden aktuell genutzt.
Die Verteilung auf die Standorte hänge auch mit den Impfstoffen zusammen, betont Bernhardt: Wenn eine Person, wie in diesem Fall Frau Zimmermann, ein Angebot für das Vakzin des Herstellers Astra-Zeneca bekommt, könne man diese nicht in Nord impfen – dort steht nur der Stoff von Biontech/Pfizer bereit, der zunächst vor allem für ältere Menschen vorgesehen war, weil die Wirksamkeit von Astra-Zeneca bei Älteren zeitweise infrage gestellt wurde.
In Bremen-Nord habe man außerdem nicht die Möglichkeit, den Impfstoff zu lagern, heißt es von der Gesundheitsbehörde weiter. „Im Impfzentrum Nord gibt es keinen Überhang und keine Apotheke, die die Impfstoffe aufbewahrt. Der Impfstoff wird im Impfzentrum in Mitte abgeholt. Darüber hinaus ist das Arbeiten mit zwei Impfstoffen in so einer kleinen Einheit logistisch schwieriger, weil das Risiko größer wird, die Kapazitäten nicht auszuschöpfen.“
Bei den über 80-Jährigen sorge man dafür, dass beide Ehepartner gleichzeitig ein Impfangebot bekämen. Für unter 80-Jährige gilt das noch nicht, weshalb Bernd Zimmermann noch auf sein Angebot warten muss. Für Personen, die im Jahr 2021 das 80. Lebensjahr vollenden oder älter sind, bezahle die Stadt ein Taxi zum Impfzentrum in Bremen-Mitte. „Wir versuchen immer, eine Lösung zu finden, damit die Menschen die Impfung erhalten“, sagt die Sprecherin. Bernd Zimmermann und seine Frau werden nach eigener Aussage warten, bis er ein Angebot bekommt. „Wenn uns nichts anderes übrig bleibt.“
Nach Angaben der Internetseite der Stadt Bremen sind die Impfungen für die erste Priorisierungsgruppe nahezu abgeschlossen. Diese umfasst die über 80-Jährigen, Menschen in Pflegeheimen, Personal auf Intensivstationen, in Notaufnahmen und Rettungsdiensten. Alle Personen über 80, die in Bremen wohnen, sollten eine Einladung bekommen haben. Wer noch keinen Brief erhalten hat, kann sich unter der Nummer 0421 - 5775 1113 im Impfcallcenter melden und einen Termin vereinbaren.
Die Impfungen der Gruppe II laufen nach Informationen der Stadt ebenfalls bereits und sollen zu einem Teil bis Ende März abgeschlossen sein: Das betreffe Mitarbeitende in Kliniken mit Patientenkontakt, den ambulanten Palliativdienst, etwa 5 000 Beschäftigte in Arzt- und Zahnarztpraxen und Kieferorthopädien sowie Beschäftigte in Kindertagesstätten, in Grundschulen und in Förderschulen. Die Gruppe umfasse mehr als 100 000 Bremerinnen und Bremer und werde über eine Altersstaffelung eingeladen: Zunächst erhalten die 70 bis 79-Jährigen ein Impfangebot, anschließend wird absteigend nach Geburtsjahrgängen eingeladen.