Die Nutzer des Szenetreffs in Vegesack, unter denen auch Obdachlose sind, müssen auch in Zukunft auf einen warmen Aufenthaltsraum verzichten. Die Möglichkeit, einen Raum zu nutzen, den eine Institution für diesen Zweck zur Verfügung stellen wollte, besteht nach Angaben von Bernd Schneider, Sprecher der Sozialbehörde, nicht mehr. Und weil das Geld fehlt, um die Sozialarbeit vor Ort personell aufzustocken, wird in absehbarer Zeit wohl auch kein Container als beheizbarer Treffpunkt aufgestellt.
Nach Einschätzung des Vereins für Innere Mission, der das Szenetreff-Grundstück angemietet hat und auch die Sozialarbeiterin vor Ort finanziert, ist die Bereitstellung eines Containers nur mit festen Öffnungszeiten und einer entsprechenden personellen Ausstattung zur Betreuung sinnvoll. Zumindest aus öffentlichen Mitteln können die Angebote des Szenetreffs jedoch nicht aufgestockt werden.
Der Sozialausschuss des Beirats Vegesack beschäftigt sich an diesem Montag in seiner Sitzung mit der Situation des Szenetreffs, der mittlerweile zehn Jahre besteht und Anlaufstelle für Wohnungslose sowie Frauen und Männer mit Alkohol- und Drogenproblemen ist. Bereits im Jahr 2018 hatten sich die Innere Mission, Kirchengemeinden, die Nordbremer Ortsämter, die Fachstelle Wohnen und mehrere Wohnungsbaugesellschaften zusammengetan, um nach Möglichkeiten zu suchen, wie die Situation von Obdachlosen in Bremen-Nord verbessert werden kann. Die Schaffung eines beheizbaren Treffpunkts ist seither eines der Ziele.
Katharina Kähler, Bereichsleitung Wohnungslosenhilfe im Verein für Innere Mission, hat ein sogenanntes Eckpunktepapier geschrieben, in dem sie die Voraussetzungen für die Aufstellung eines Containers zusammengefasst hat. Darin heißt es: „Die bisherigen Erfahrungen im Bereich der Szenetreffs und Anlaufstellen ähnlicher Art zeigen sehr deutlich, dass eine Containerlösung nur sinnvoll ist und erfolgreich betrieben werden kann, wenn diese zu den Öffnungszeiten betreut wird.“
Szenetreff wird nicht durch die Stadt gefördert
Derzeit gibt es keine öffentliche Finanzierung für die Betreuung des Szenetreffs in Vegesack. Die Stelle von Streetworkerin Gimmy Wesemann, die sich 30 Stunden pro Woche um den Szenetreff beziehungsweise seine Nutzer kümmert, wird aus Mitteln der Bremischen Evangelischen Kirche und des Vereins für Innere Mission sowie Spenden finanziert. Nach Angaben von Katharina Kähler sind die tatsächlichen Personalkosten jedoch „nicht vollumfänglich“ abgedeckt. Wie aus einer Antwort des Senats auf eine Frage der Linken-Fraktion in der Fragestunde der Bürgerschaft im Herbst vergangenen Jahres hervorgeht, ist eine Förderung durch die Stadtgemeinde Bremen derzeit im Haushalt nicht vorgesehen.
Da sich Bremen momentan in einer haushaltslosen Zeit befindet, ist der Start neuer Projekte aktuell ohnehin nicht möglich. Und weil die Finanzlage der Stadtgemeinde auch nach dem Haushaltsbeschluss im Sommer alles andere als üppig ist, wird die Aussicht auf finanzielle Unterstützung für den Szenetreff nach Einschätzung von Bernd Schneider auch danach nicht besser. „Die politischen Gespräche über den Haushalt laufen gerade, wir können uns aber derzeit keine großen Hoffnungen machen, dass es zusätzliches Geld für diese freiwillige kommunale Leistung geben wird“, so der Sozialbehörden-Sprecher.
Der Container selbst, Aufstellung, Anschluss an Versorgungsleitungen und die Betreuung bedeuteten hohe Investitionen und laufende Kosten, ohne dass ein Rechtsanspruch auf dieses Angebot bestehe. Schneider: „Unser Ressort befindet sich in der Situation, dass rund 95 bis 96 Prozent aller Ausgaben auf Rechtsansprüche zurückgehen; diese sind auch vorrangig vor anderen Projekten zu erfüllen.“
Der offen zugängliche Unterstand am Szenetreff, der lediglich Schutz vor Regen bietet, kann auch ohne Betreuung genutzt werden. Für den Betrieb eines Containers mit regelmäßigen Öffnungszeiten müsste nach Einschätzung von Katharina Kähler von der Inneren Mission indes mindestens eine Dreiviertel-Stelle für eine Sozialarbeiterin oder einen Sozialarbeiter zusätzlich finanziert werden. Auch ein finanzieller Anteil für die Koordinierung wäre demnach erforderlich. Das Fazit lautet: „Ein Betrieb des Containers ohne weitere personelle Ausstattung wird von allen Beteiligten als nicht umsetzbar angesehen.“