Eigentlich hängen an den Wänden des Kunstkellers Gemälde. Doch zurzeit füllen Patchwork-Decken den Raum mit Wärme, Farben und ungezählten Mustern. Genäht wurden die Decken von Lore Elrich, Mitbegründerin der Schönebecker Schlossquilterinnen. Anfang 2022 ist sie verstorben. Die Quilt-Ausstellung im Kunstkeller zeigt rund 30 Decken und Kissen aus ihrem Nachlass. „Die Decken hier aufzuhängen war gar nicht so einfach“, sagt Lore Elrichs Sohn Thorsten, deutet auf die Bilder-Schienen an der Wand und lächelt. „Wie brauchten Wäscheklammern mit ordentlich Zug. Aber es funktioniert.“
Ein Quilt besteht schließlich aus drei Lagen: Einer Schauseite, oder Top, meist aus bunten Stoffstücken zusammengesetzt, einer Zwischenlage aus Vlies und einer Rückseite. Mit einem Steppstich werden die Lagen von Hand oder mit der Nähmaschine zusammengenäht.
Im Frühjahr 1993 fanden unter der Leitung von Ulla Borgwardt Quilting-Treffen in Blumenthal statt. Lore Elrich war eine der Teilnehmerinnen. Irgendwann waren die Kurse vorbei, die Gruppe wollte aber weiterhin zusammen quilten. 1994 zog man in die Schlosskate des Schönebecker Schlosses um, wo sich Lore Elrich und Ulla Borgwardt gemeinsam um die Gruppe kümmerten.
Auch ein Name war schnell gefunden: Schlossquilterinnen. Im August 1997 fand die erste Ausstellung im Schlosskeller statt. Ab 1998 gab es dann bis 2019 jährlich eine Ausstellung in der Kate. Speziell für die Ausstellung erarbeiteten die Quilterinnen jedes Jahr gemeinsam eine große Decke. Und damit standen sie in der Tradition der frühen amerikanischen Siedler, die das Quilten zu einer handwerklichen Kunstform machten. Das gemeinsame Arbeiten der Siedlerfrauen bei „Quilting bees“ war ein wichtiges soziales Ereignis, bei dem die vorbereiteten Patchworkstücke gemeinsam zu Quilts verarbeitet wurden. Dabei wurden Neuigkeiten und Geschichten ausgetauscht. Ganz ähnlich war es auch bei den Schlossquilterinnen.
Rita Müller, ebenfalls langjährige Schlossquilterin, erinnert sich mit leuchtenden Augen an die monatlichen Treffen. Wie die Muster erst auf dem Boden ausgebreitet, arrangiert und schließlich zusammengenäht wurden. „Wir haben die Stoffblöcke so lange hin und her verschoben, bis die Farben und Mustern schön zusammenpassten. Dann wurden sie zusammengenäht.“
Die Treffen, die Patchwork-Ausstellungen, die jährliche Tombola: „Ohne Lore wäre das nicht gegangen. Wie sie das alles organisiert hat – das hätte niemand so gekonnt“, sagt Rita Müller und lässt ihren Blick durch den Kunstkeller wandern. Wer sich die Decken und Kissen genau anschaut, kann vielleicht ungefähr ahnen, wie viel Herzblut und wie viele ungezählte Arbeitsstunden darin stecken. Die Muster laden zum Schwelgen ein: Blumen, Ranken, Punkte, Sterne, Herzen, geometrische Formen, Batikstoffe, Babykrabbeldecken mit Teddymotiven und vieles mehr. Die Decken zeigen eine fast übersprudelnde Fantasie und handwerkliche Perfektion. „Sie hat für das Quilten gelebt“, sagt ihr Ehemann Ralf Peter Elrich versonnen. Er ist glücklich, dass das Schönebecker Schloss den Kunstkeller für die Ausstellung zur Verfügung gestellt hat. „Lore hat hier viele frohe Stunden verbracht, darum möchten wir auch was zurückgeben.“
Denn: Alle ausgestellten Decken und Kissen können käuflich erworben werden. Die Verkaufserlöse kommen dem Heimatmuseum Schloss Schönebeck und weiteren karitativen Einrichtungen zugute.