Gutachter haben einige Szenarien für eine Fährverbindung zwischen Bremen-Nord und der Innenstadt durchgerechnet. Diese sind im Regionalausschuss Bremen-Nord vorgestellt worden. Ein Überblick.
Die Route
Jan Linnemann von der Hanseatic Transport Consultancy Dr. Ninnemann & Dr. Rössler GbR hat zwei Optionen für die Strecke von Vegesack über den Landmark-Tower in der Überseestadt zur Schlachte vorgestellt. Optional könnte die Strecke in Bremen-Nord bis Blumenthal, entweder Fähranleger oder Kämmereiquartier verlängert werden. Haltepunkte in Lemwerder oder Berne sind nicht betrachtet worden. Für die Haltepunkte sind ein bis zwei Minuten Anlegezeit zum Ein- und Aussteigen vorgesehen. Damit käme die langsame Option auf eine Fahrzeit zwischen Vegesack und Schlachte von 54 Minuten und von Blumenthal aus von über einer Stunde. Schneller ist die zweite Option mit einer Fahrzeit von 42 Minuten ab Vegesack und unter einer Stunde ab Blumenthal. Fahrtzeiten von 25 Minuten, wie sie Rainer Tegtmeier in seinen Berechnungen zugrunde legt, halten die Gutachter für nicht realisierbar.
Der Takt
Grundsätzlich ist ein Stundentakt berechnet worden, der zu den Stoßzeiten verdichtet werden könnte. Eine einfache Fahrt würde für den Fahrgast den VBN-Tarif von drei Euro kosten. Für diesen Takt wären vier Schiffe notwendig, wobei eines als Werkstattreserve fungieren würde. Gutachter Robert Hänsch (Interlink) spricht von einem "guten, aber nicht sehr guten Angebot".
Die Flotte
Für die beiden Varianten haben die Gutachter unterschiedliche Schiffe im Blick. Für die langsamere Fahrt ein Hybrid-Katamaran mit Platz für 50 Personen und einer Reisegeschwindigkeit von bis zu 30 Stundenkilometer. Für die schnellere Fahrt haben sie ein elektrisches Tragflächenboot (Candela) zugrunde gelegt, dass als Prototyp bereits in Stockholm im Einsatz ist. Es fasst 30 Fahrgäste und bietet eine Reisegeschwindigkeit von 46 Stundenkilometern.
Das Fahrgastpotenzial
Die Gutachter haben das Fahrgastpotenzial einer Schnellfähre zwischen Bremen-Nord und City auf Grundlage des Bremer Verkehrsmodells prognostiziert. Dabei haben sie sogenannte Verkehrszellen rund um die vorgesehenen Anleger betrachtet. Sie gehen im wochentäglichen Pendlerverkehr von täglich 100 bis 200 Fahrgästen über die gesamte Betriebsdauer im Hauptabschnitt aus. In der Spitzenfahrt der langsameren Variante gehen sie von rund einem Dutzend Fahrgästen aus und in der schnelleren Option von 20 bis 23 Mitfahrenden. Etwas mehr Fahrgäste dürften zwischen Vegesack und Blumenthal, beziehungsweise zwischen Schlachte und Überseestadt zusteigen. Der geplante Berufsschulcampus in Blumenthal ist ebenfalls bewertet worden. Die Gutachter sehen ein Potenzial von 50 Berufsschülern, die sich für die Fähre entscheiden könnten. Für die Wochenenden sehen die Gutachter mehr Potenzial. Sie weisen allerdings auf wetterbedingte Schwankungen der zu erwartenden Fahrgastzahlen und ein Kapazitätsproblem hin.
Der Investitionsbedarf
Eine Wirtschaftlichkeitsprüfung mit konkreten Zahlen ist noch in Arbeit. Einige hat Jan Ninnemann jedoch vorab als Richtgröße genannt. Demnach würden pro Tragflächenboot etwa 1,5 Millionen Euro fällig. Für gesetzlich vorgeschriebene Umbauten an den Anlegern rechnet er mit weiteren 200.000 bis 350.000 Euro und für die notwendige Ladeinfrastruktur mit rund 150.000 Euro. Zudem bräuchte es Nachliegeplätze und Instandhaltungsinfrastruktur.
Die Reaktionen
"Die Idee einer Weserfähre ist romantisch, aber ein tragfähiges System ist es nicht", sagte Maren Wolter (SPD) aus Burglesum. Ihr Blumenthaler Parteigenosse Marcus Pfeiff wies zudem auf die eher schlechte Anbindung der Anleger an den ÖPNV hin und forderte, die Prioritäten auf einen 15-Minuten-Takt für die Regio-S-Bahn und eine Verbesserung des Busfahrplans zu legen. Ähnlich formulierte es Thomas Pörschke (Grüne): "Das Konzept taugt für den Berufsverkehr kaum bis gar nicht." Er verwies zudem auf die weiten Wege in Vegesack zwischen Anleger und Bussen und Bahnen. "Es partizipieren mehr Bürger vom ÖPNV als vom Fährverkehr", sagte auch Heike Sprehe (SPD). Rainer Tegtmeier indes verteidigte sein Konzept und bekam Unterstützung aus dem Publikum. "Ich wäre begeistert, mit der Candela fahren zu dürfen", sagte Hilke Brockmann. Eine Fährverbindung sei ein Asset, also ein Wert an sich für den Standort.
Der Ausblick
Während Marcus Pfeiff einen Beschluss erwirken wollte, in dem der Regionalausschuss einen Fährverkehr als wünschenswert erachtet und gleichzeitig eine Priorisierung der Busse und Bahnen festschreibt, präferierten es andere Ausschussmitglieder eher schwammig. Martin Hornhues (CDU) wehrte sich gegen eine Verknüpfung dieser Themenfelder. Schlussendlich einigte sich das Gremium darauf, die Wirtschaftlichkeitsberechnung abwarten zu wollen und erst dann zu einem endgültigen Votum zu kommen.