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Sea Shepherd aus Vegesack Schutz der Schweinswale

Ihr Ziel ist es, den illegalen Fischfang zu stoppen: Die Meeresaktivisten von Sea Shepherd Deutschland haben ihren Sitz in Vegesack. Von dort sollen im Sommer neue Kampagnen in der Ostsee starten.
13.05.2021, 14:00 Uhr
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Von Patricia Brandt

Überreste eines Fischernetzes am Strand sind für Manuel Abraas aus St. Magnus nicht bloß Treibgut. Er hat einen anderen Namen für die alten Fischernetze: Geisternetze. Diese Netze gehen auf Fischtrawlern verloren, treiben im Meer und werden zu Todesfallen für Schweinswale, sagt Abraas. Er hat Mitte der Neunziger sein Auto verkauft, um unbezahlten Jahresurlaub auf einem Schiff der Meeresschutzorganisation Sea Shepherd verbringen und Wale in Norwegen retten zu können. In diesem Sommer will der Meeresaktivist mit seinen Mitstreitern gegen illegale Fischerei in der Ostsee vorgehen.

Rund 200 Freiwillige

Inzwischen hat der Nordbremer Abraas auch seinen Job als Pfleger bei Friedehorst in Lesum für die Arbeit in der internationalen Meeresschutzorganisation aufgegeben: „Sea Shepherd hat mein Leben verändert.“ Heute ist Abraas Geschäftsführer von Sea Shepherd Deutschland mit Sitz in Vegesack und Chef von sieben bezahlten Kräften und rund 200 Freiwilligen. Ihr Schiff ist die zwölf Meter lange Emanuel Bronner, eines von elf Schiffen der weltweiten Sea-Shepherd-Flotte.

Die jüngste große Aktion in dieser Region liegt schon eine Weile zurück: 2014 bewachten Tierschützer der Meeresschutzorganisation Nester der Möwenkolonie in der Überseestadt. Die „Operation Sturmmöwe“ wurde gestartet, nachdem jemand im Jahr zuvor die Nester geplündert hatte.

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„Wir werden dieses Jahr eine weitere Kampagne in der Ostsee starten“, plant Abraas. Eigentlich hätten die Aktivisten schon im vergangenen Jahr verstärkt auf die Probleme in der nahegelegenen Ostsee aufmerksam machen wollen. Doch die Pandemie habe dies verhindert. Einen Starttermin könne er derzeit auch nicht nennen.

Es wird im Gespräch schnell deutlich, worum es Abraas bei dem Einsatz geht: Schweinswale. Nur noch 450 bis 460 der Tiere lebten in der zentralen Ostsee, schätzt Abrass. In der westlichen Ostsee in Höhe Kiel sei eine größere Population zu finden, 11.000 bis 12.000 Tiere.

Netze sind häufigste Todesursache für Schweinswale 

Viele der mit den Delfinen verwandten Schweinswale verfingen sich in Geisternetzen, den Fischernetzen, die den Fischern auf See abhanden gekommen sind. „Die müssen eigentlich gemeldet werden“, so Abraas, „werden sie aber oft nicht.“ Die Netze stellten die häufigste Todesursache für diese Meeresbewohner dar: Schweinswale sind nicht in der Lage, diese Netze zu orten, sie verfangen sich und kommen nicht an die Luft, um zu atmen.“ Ähnliche Probleme gebe es mit Stellnetzen. Trotz Vergrämungsmaßnahmen näherten sich die Tiere den Netzen.

Sea Shepherd will den illegalen Fischfang stoppen. Es seien hauptsächlich Nebenerwerbsfischer, die sich nicht an die Regeln halten. Diese Fischer hätten oft nicht mal eine Lizenz zum Fischen. Manuel Abraas ist überzeugt, dass in der deutschen Ostsee bis zu 70 Prozent Nebenerwerbsfischer unterwegs sind. Sea Shepherd wolle in diesem Sommer verstärkt auf der Ostsee Patrouille fahren und Fischtrawler inspizieren. "Wir kontrollieren die Lizenz, Frachtpapiere und die Ladung."

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Sea Shepherd hat auch in anderen Ländern regelmäßig Fischtrawler im Visier. Manuel Abraas nennt Zahlen: „In den letzten fünf Jahren haben wir 67 Schiffen kontrolliert:“ Viele seien aus dem Verkehr gezogen worden, weil sie keine Lizenz zum Fischen hatten. Bei den Checks würden die Umweltaktivisten inzwischen auch von den Behörden der jeweils betroffenen Länder unterstützt. „Wir kooperieren inzwischen mit acht Ländern“, so Abraas. Das jeweilige Land stelle den freiwilligen Helfern auch Polizeikräfte zur Seite, wenn diese mit Beibooten zu den Fischtrawlern fahren. Auf ihren Fahrten hielten die Aktivisten immer auch Ausschau nach Geisternetzen. Abraas betont, dass nicht nur Plastiktüten die Meere verschmutzen: „Weltweit stammt 50 Prozent allen Meeresmülls von Fischereifahrzeugen.“

„Wir brauchen eine Menge Freiwillige, die auf der Brücke oder im Maschinenraum arbeiten, erfahrene Skipper sind oder gut kochen können“, berichtet Abraas. Aber er sagt auch, dass das Interesse, sich für die Umwelt einzusetzen, ungebrochen groß ist. So wie er selbst damals melden sich auch heute noch viele Freiwillige, die ihren Jahresurlaub dem Schutz der Meere widmen wollen. „Die Wartelisten für Freiwilligen-Jobs sind voll.“

Info

Dokumentarfilm Seaspiracy

In dem neuen Dokumentarfilm Seaspiracy von Kip Andersen und Dokumentarfilmer Ali Tabrizi, der seit März bei Netflix zum Streamen zur Verfügung steht, kommen auch Meeresaktivisten von Sea Shepherd zu Wort. Die Doku thematisiert die Fischindustrie. Der Film ist nicht unumstritten. In einigen Medien wird den Filmemachern vorgeworfen, mit schockierenden Bildern Propaganda zu machen. 

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