Vegesack. Kochen ist ihre Leidenschaft. Das Schreiben ist ihre Leidenschaft. Und das Theater, ja das ist ebenfalls eine ihrer Leidenschaften. Der Umgang mit Kindern – insbesondere mit schwierigen – zu ihnen durchzudringen, sie somit etwas lehren zu können – die nächste Leidenschaft. Aus Märchen ein Kindertheater-Stück zu konzipieren, man ahnt es schon: noch eine Leidenschaft. Alle zusammen geben dennoch nur einen kleinen Teil einer engagierten Frau wieder. Einer Frau, die zwar nicht selbst Theater spielt, aber jederzeit bereit ist, im Hintergrund die Fäden zu ziehen. Ute Schimmler ist Vorsitzende des Statt-Theaters Vegesack.
„Ich bin, was man ein Landei nennt“, gesteht die Lehrerin, die den Grundschuldienst „einer Karriere im Bildungsbereich“ vorzog. „Denn für mich ist es ganz wichtig, dass an der Grundschule gute Leute arbeiten, die den Kindern den Spaß am Lernen beibringen und ihnen somit das Handwerkszeug mitgeben, das ihnen auf dem späteren Lebensweg alle Chancen bereithält“, sagt Schimmler. Das „Landei“ bezieht sie im Übrigen auf die Tatsache, dass sie – bis auf ein paar Reisen – Bremen nie den Rücken kehrte. Sie wurde in Bremen geboren, ist in Bremen aufgewachsen. In der Hansestadt hat sie studiert und promoviert, hier hat die mittlerweile 67-Jährige ihren Mann kennen und lieben gelernt, in Bremen hat sich Schimmler ein eigenes Zuhause aufgebaut, ihren Sohn und ihre Tochter groß gezogen, hat an der Grundschule am Wasser in Grohn gearbeitet genauso wie an der Grundschule am Pürschweg in Blumenthal. „Ich hätte so gerne weitergemacht, aber dann kam die Pension“, erzählt sie und lacht, während sich der leicht melancholische Gesichtsausdruck verzieht. Überhaupt sieht Ute Schimmler immer viel lieber das Positive in den Dingen.
Trotz positiver Sicht auf die Dinge: Ute Schimmler ist durchaus für klare Worte, beispielsweise in ihrem Buch „Inklusion – so nicht“, in dem sie eine kritische Bestandsaufnahme aus ihrer Praxis vornimmt. Dem Leser wird deutlich, dass ohne erhebliche Investitionen in Personal und Ausstattung Inklusion kaum bis nicht umsetzbar bleibt.
Der Alltag stellte Ute Schimmler vor zahlreiche Herausforderungen. Herausforderungen, die im Privatleben eines Ausgleichs bedurften. „In der Küche, beim Kochen und Backen kann ich Probleme und Alltagssorgen vergessen und gleichzeitig meiner Kreativität freien Lauf lassen.“ Ein kreativer Freizeitausgleich scheint bei den Schimmlers Usus zu sein. Ute Schimmlers Mann, Walter Schimmler, begegnet den beruflichen Herausforderungen als Arzt mit Musik. Seine Eigenkompositionen brachten ihn in Kontakt mit dem Statt-Theater Vegesack, seit 2005 ist er dort Mitglied. Seine Frau folgte 2008, ist gleichzeitig selbst noch Kinderbuchautorin und bearbeitete die Kinderstücke „Der Froschkönig“ und „Rumpelstilzchen“ für die Vegesacker Bühne.
„Und habe auf einer der Premierenfeiern festgestellt, wie teuer so ein Büfett ist“, gesteht Ute Schimmler und lacht erneut. Ihr war klar: „Das geht auch günstiger.“ Seit Jahren ist es nun also Ute Schimmler, die „mithilfe meines Mannes“ in der Küche steht und für durchschnittlich 100 Gäste das Büfett für die Premierenfeiern selbst herstellt.
Auch dieser Einsatz trug weitere Früchte: „Wir wurden öfter nach Rezepten gefragt“, gesteht Ute Schimmler. So entstand die Idee, ein kleines Kochbuch zusammenzustellen für diejenigen, denen eine der Büfett-Leckereien besonders gut schmeckte. „Wir wünschen viel Spaß beim Nachkochen“, heißt es im Vorwort des Statt-Kochbuches, an dem neben Ute Schimmler auch Christa Präger, Imke Wellmann, Anni Diercks, Helle Rothe, Walter Schimmler und Eva-Maria Koch mitwirkten. Kai Howald übernahm das Layout.
Ob Regie-Assistenz, Produktionsleitung, ob Bühnenauf- und abbau, Kostümbildnern, Beleuchtung, ob verwaltungstechnische Aufgaben oder Schauspiel auf der Bühne, „beim Statt-Theater ist irgendwie jeder eingebunden“, erzählt Ute Schimmler. Jedes der derzeit 75 Mitglieder kann auch als Schauspieler auf die Bühne – sofern Stück und Charaktere passen. Wobei Ute Schimmler betont, dass dies nicht ihr Metier sei und sie „niemals“ eine Rolle in einem Theaterstück übernehmen werde.
Als Helle Rothe und Christa Präger aus beruflichen und privaten Gründen Nachfolger für ihre Vorstandsämter suchten, wurde Ute Schimmler gefragt, ob sie sich den Vorsitz vorstellen könnte. Am 15. Januar 2018 wurde sie die neue erste Vorsitzende des Statt-Theaters Vegesack, Svenja Zapernick wurde ihre Stellvertreterin.
Ute Schimmler organisiert mit ihrem Team neue Geschichten, plant mit der künstlerischen Leitung die Theaterstücke oder Lesungen, kümmert sich um rechtliche Belange, plant aber ebenfalls Büfetts, Leasing-Kostüme, Auftrittsorte und weiteres. „Glücklicherweise bin ich mittlerweile gut vernetzt.“
In Zeiten der Corona-Pandemie hängt auch das Statt-Theater-Team in der Luft. „Wir treffen uns alle vier bis sechs Wochen mit dem nötigen Abstand in unserem Garten, um weitere Dinge zu besprechen“, schildert Ute Schimmler. Glücklicherweise habe das Kulturbüro Bremen-Nord ohne Probleme Stornierungen übernommen. Jetzt werde erst einmal nach vorne geblickt: auf die nächste Vorstandssitzung im August, auf mögliche Lesungen bei Otto & Sohn und auf das Kindertheater zur Weihnachtszeit. „Wir versuchen alles, um es möglich zu machen.“ Im Übrigen: Die für 2020 geplanten Produktionen „Ein gemütliches Wochenende“ von Jean Stuart und „Der Gott des Gemetzels“ von Yasmina Reza sind auf 2021 verschoben. Und mit dem sogenannten Lockdown bleibt Ute Schimmler im Übrigen auch viel Zeit, sich um zwei ganz besondere Herausforderungen zu kümmern: schauspielernde Männer zu gewinnen. Und die Suche nach einer festen Spielstätte.
Weitere Informationen
Weitere Informationen über den Verein, Spielplan und mögliche Mitgliedschaften gibt es im Internet unter www.statt-theater-vegesack.de.