Bremen Stadtteile Osterholz Verden Diepholz Delmenhorst Wesermarsch Oldenburg Rotenburg Cuxhaven Bremerhaven Niedersachsen

Nordbremer Gruppe „Älteste Schülerband der Welt“

Schülerbands gibt es immer wieder. Sie gründen sich und lösen sich auf. Die Band „The Rustlers“ bildet eine Ausnahme. Sie hat sich vor 60 Jahren gegründet – und tritt immer noch auf.
27.03.2024, 08:00 Uhr
Jetzt kommentieren!
Zur Merkliste
Von Ulrike Schumacher

Schülerbands – die kennt man. Das sind Mädels und Jungs, die mehr wollen als sich mit Vokabeln und mathematischen Formeln herumzuschlagen. Die ihren Schulalltag gehörig aufwerten, indem sie in die Tasten greifen und Saiten zupfen und mit ihren Songs die anderen Schülerinnen und Schüler mitreißen. Von langer Dauer ist ihre Existenz in der Regel nicht. Doch es gibt Ausnahmen. In Bremen-Nord heißt so eine Ausnahme „The Rustlers“. Diese Band – 1964 am Gerhard-Rohlfs-Gymnasium in Vegesack gegründet – kann in diesem Jahr ihr 60-jähriges Bestehen feiern.

„Wir sind vermutlich die älteste Schülerband der Welt“, sagt Volker Siedenburg nicht ohne Stolz, der neben dem Sänger Herbert Stobrawe der einzige verbliebene Bandgründer ist. Nach und nach gesellten sich neue Musiker zu den „Rustlers“, die in wechselnder Besetzung immer noch ein- bis zweimal im Jahr im Bremer Norden zu sehen und zu hören sind. Selbstverständlich wird die Band auch ihr „Diamantenes Bühnenjubiläum“ feiern: mit einem Konzert am Dienstag, 30. April, ab 20 Uhr im Kulturbahnhof Vegesack.

Beatles oder Stones?

Es war die Zeit der Beatles und der Stones, als Volker Siedenburg und Herbert Stobrawe zusammen mit ihren Mitschülern Lothar Zahn, Jörg Dahle und Reinhard Kohlmann ihre Beatband gründeten. Die Eltern waren mäßig erfreut und mussten sich in ihrem Unbehagen ob der harten Klänge – geprobt wurde anfangs in Siedenburgs Zimmer auf dem Bauernhof der Familie – bestätigt fühlen, als die Jungs in der siebten Klasse eine Ehrenrunde drehten. „Weil wir uns damals so sehr auf die Musik konzentriert haben“, erinnert sich Volker Siedenburg. „Die Musik“, schwärmt Herbert Stobrawe rückblickend, „hat uns auch Freiheit verschafft.“ Während ihre Mitschüler abends rechtzeitig zu Hause sein mussten, hatten sie das schlagende Argument, dass die Band ja noch proben müsse.

Wobei ganz klar war, was geprobt wurde. Beatles oder Stones? Das war damals fast eine Gewissensfrage. Zwischen diesen „beiden Lagern“, erzählt Volker Siedenburg, „musste man sich entscheiden“. Die „Rustlers“, die ihren Namen übrigens vom Bassisten Lothar Zahn verpasst bekamen, weil der ein Western-Fan war und die Banditen in den Filmen Rustlers genannt wurden, tendierten zu den Stones. Sie wollten die „harten Beats“ erklingen lassen. Allerdings nie in ihrer Schule, wie Gitarrist und Sänger Siedenburg berichtet. Nur einmal habe ihr Musiklehrer von ihnen etwas hören wollen. So seien sie in der Klasse aufgetreten – und vom Lehrer „zur Schnecke gemacht“ worden. Der Mann war Klassik-Fan durch und durch.

Wenn der gewusst hätte. Die Band mauserte sich – „wir hatten sogar einen Manager“ – und war sehr gefragt. In einem Blumenthaler Gemeindehaus bot die Cover-Band Beat-Nachmittage für die Jugend an. „Da war es immer brechend voll.“ Dauergast waren „The Rustlers“ auch im Sattelhof, „dem Jugendfreizeitheim des Bremer Nordens“. Einmal musste die Band sogar ein Konzert in Helmstedt geben. Das war ein Problem. Weil „keiner von uns einen Führerschein hatte, wir aber ja unsere Sachen transportieren mussten“. Volker Siedenburg brachte seine Mutter dazu, beim Autoverleih einen VW-Bus zu mieten. Es würde sie jemand fahren. Hatten sie ihr erzählt. Um in einem unbeobachteten Moment selbst hinters Steuer zu klettern.

Vermasselter Auftritt mit den „Lords“

Die Erinnerungen sprudeln nur so, als Volker Siedenburg, Herbert Stobrawe und der Schlagzeuger Ecki Cordes an die Jahrzehnte Bandgeschichte denken. Herbert Stobrawe, der später Grundschullehrer geworden ist, hat seine alte Gitarre mitgebracht. Eine gelbe Framus, die er damals als gebrauchtes Instrument für 400 Mark erstanden hatte. „Dafür habe ich in den Ferien auf dem Bau gearbeitet.“ Der Gitarrist hat auch noch jenen Beat-Wettbewerb vor Augen, nach dem die Band hätte groß rauskommen können. „Das war 1967 in Sittensen“, sagt Stobrawe und erzählt vom ersten Preis für die Band: „ein Auftritt mit den Lords“. Der Termin für den Gig stand schon fest. Aber Bundeskanzler Adenauer kam den Nordbremer Musikern dazwischen. Genauer gesagt dessen Tod. Der Auftritt wurde abgesagt und nie wieder nachgeholt.

Einen kleinen Break erlebte die Band, nachdem die Schüler 1969 Abitur machten und ins Studium gingen. Außerdem gab es nicht mehr so viele Auftrittsgelegenheiten. „Damals kamen überall die ersten Discoveranstaltungen auf – Livebands waren nicht mehr so gefragt“, blickt Herbert Stobrawe zurück. Doch das änderte sich. Beim Vegesacker Hafenfest, das vom damaligen Fährhaus-Betreiber Conny Krämer gemeinsam mit ihm initiiert wurde, erzählt Volker Siedenburg, sind die „Rustlers“ regelmäßig aufgetreten. Inzwischen war die Band auch mit hochwertigerem Equipment ausgestattet als in der Gründungsphase. Damals hatten sie ihre Instrumente wegen fehlender Verstärker über alte Röhrenradios zum Klingen gebracht. „Das wird uns heute noch vorgehalten, weil wir damals alle möglichen Radios kaputt gespielt haben“, sagt Volker Siedenburg, der 1984 ein eigenes Tonstudio einrichtete, in dem die Band auch ihre erste und einzige Platte produzierte. Sie trägt den Titel „Blame it on“.

Heute sind die Gründungsmusiker um die 70 Jahre alt und spielen immer noch so begeistert wie am ersten Tag. „Härter als je zuvor“, betont Volker Siedenburg. Der musikalische Stil gehe inzwischen in Richtung AC/DC. Auf jeden Fall, versichern sie, „haben wir Spaß an den Konzerten, was das Publikum sofort spürt“. „Und“, fügt Volker Siedenburg hinzu, „wir sind immer für eine Überraschung gut, von der wir manchmal selber noch nichts wissen.“

Zur Sache

Konzert zum 60-Jährigen

Für ihr Jubiläumskonzert am Dienstag, 30. April, ab 20 Uhr (Einlass: 19.30 Uhr) im Kulturbahnhof Vegesack haben „The Rustlers“ zwei weitere Bands eingeladen, um gemeinsam zu feiern: „The Source“ und „Crossfire“. Mit von der Partie sind darüber hinaus Gast-Musiker. „Wir haben für dieses Konzert all unsere Musiker-Freunde eingeladen, die uns in den letzten 25 Jahren begleitet haben“, sagt Bandmitbegründer Volker Siedenburg. Er sowie Ecki Cordes, Kroggi Kroog, Eddi Stühmer, Andreas Vahle, Rüdiger Estrup und Herbert Stobrawe bilden die Band „The Rustlers“. Die mitmusizierenden Gäste sind neben Chris Pfeiff und Beksi Becker Johnson Waehneldt, Thomas Will und Claus Wiechert.

Karten kosten 20 Euro im Vorverkauf und 25 Euro an der Abendkasse.

Zur Startseite
Mehr zum Thema

Das könnte Sie auch interessieren

Rätsel

Jetzt kostenlos spielen!
Lesermeinungen (bitte beachten Sie unsere Community-Regeln)