Nahezu ausgebucht war das diesjährige Erlebniswochenende „Anker werfen im Heimathafen“, das vom Vegesack Marketing organisiert wurde und sich vor allem an Bremer und Butenbremer richtete. Und auch die maritime Stadtführung, die Teil des Programms war, erfreute sich großer Beliebtheit. An der haben unter anderem Walter und Ulrike Heck aus Schwanewede teilgenommen. Sie kamen für das Erlebniswochenende extra mit den E-Bikes aus der Nachbargemeinde angeradelt. 35 Minuten hätten sie für die Strecke gebraucht und freuten sich über die Möglichkeit, Vegesack einmal von einer ganz anderen Seite kennenzulernen. Das Geschichtenhaus habe es Ihnen besonders angetan. „Das war so lebendig!“, fand Ulrike Heck. Auch die Comedyshow von Hennes Bender gefiel den Schwanewedern, für die es der erste Besuch im Kito war.
Zwei Frauen aus Vegesack, die ihre Namen nicht in der Zeitung lesen wollten, hatten ebenfalls „Anker geworfen“ und wünschten sich, Neues aus Vegesacks Stadtgeschichte zu hören. Der Mann dafür war Christof Steuer, erfahrener Gästeführer, nicht nur in Vegesack, sondern auch in Knoops Park. Bewaffnet mit einer roten Mappe mit Texten und Bildern in Klarsichtfolien nahm er die rund 40 Personen mit auf einen Gang durch Vegesack. Durch die Fußgängerzone ging es, durch den Wilmannsberg, die Jaburgstraße, die Weserstraße, vorbei an architektonischen Schätzen. Unterwegs wurde die Gruppe zufällig begrüßt von Vegesacker Politikprominenz und mehrfach schallte ihr in der Weserstraße ein freundliches „Moin“ von Passanten entgegen.
Als maritime Führung war es angekündigt, doch Christof Steuer gab dem Rundgang seine eigene Note, erklärte das Thema eher als „Aufbruch durch Abbruch“. Er erzählte von aktuellen Bauvorhaben, vom Hartmannstift und früheren Phasen der Transformation in Vegesack. Sein Anspruch war es zu zeigen, was es außer dem Hafen noch Interessantes zu sehen gibt. So verknüpfte er Vegesacks Seefahrtsgeschichte mit den Villen und Häusern der alten Reeder und Kapitäne, gab viele Details zu architektonischen Besonderheiten und Epochen. Kein Wunder, denn Steuer war vor seiner Pension als Diplom-Architekt, Städtebauer und Bauamtsleiter tätig. „Wollt ihr mal die schönste Lampe Bremens sehen?“, fragte er seine Gäste. Sie wollten und so führte er sie zum Kindergarten an der Jaburgstraße. Schnell wurden die Handys gezückt und das Erstaunen war groß, als die Lampe in der verschnörkelten Halterung trotz des hellen Sonnenscheins plötzlich zu leuchten begann.
Kleines Büro für Wittgenstein
Für Martina Donatiello war es ein Herzensanliegen, ihre Heimat besser kennenzulernen. Seit sechs Jahren lebt sie bereits in Vegesack, war von Gröpelingen nach Bremen-Nord umgezogen und fühlte sich hier von Anfang an herzlich aufgenommen. Vor einigen Jahren hatte sie schon eine Führung in Knoops Park mit Christof Steuer mitgemacht und freute sich nun darauf, zu Vegesack etwas von ihm zu erfahren. „Ich hätte nicht gedacht, dass Vegesack so schön und so malerisch ist“, fand Jane Krause aus Isernhagen. Gemeinsam mit ihrem Mann Hannes war sie zum ersten Mal in Vegesack. Die beiden waren von einem befreundeten Ehepaar aus Bremen-Nord eingeladen worden. Hannes Krause sah bei Vegesack Parallelen zu eingemeindeten Stadtteilen in Hannover und ihm gefiel die schöne Lage direkt an der Weser. An der Stadtkirche lernte er, warum die Glocke so tief im Turm hängt, dass Bürgermeister Wittgensteins Büro nur 18 Quadratmeter groß war. Und für einen schnellen Abstecher in die Kirche war auch noch Zeit.
Beim Blick von der Aussichtsplattform auf den Stadtgarten durften die Teilnehmer entscheiden: Die offiziell geplante Zeit der Stadtführung war zwar abgelaufen. Christof Steuer bot aber eine Extrarunde Richtung Hafen an und so ging es für einige noch etwas weiter, beispielsweise zum Kito, dem ältesten Speicher Bremens, vorbei an der Strandlust. Ganz wie Christof Steuer es anfangs schon erklärt hatte: Aufbruch durch Abbruch in Vegesack.