Herr Sittler, am 20. November kommen Sie gemeinsam mit dem Perkussionisten Stefan Weinzierl nach Vegesack und präsentieren dort Michael Endes Momo. Wie kam es zu dieser Zusammenarbeit?
Walter Sittler: Stefan Weinzierl hat irgendwie Wind davon bekommen, dass ich gerne mit Musikern zusammen auftrete. Seine Frau, die Kulturmanagerin Friederike Weinzierl, hatte das Stück für eine Bühnenfassung mit einem Leser und einem Musiker bearbeitet und daraufhin hat er mich gefragt, ob ich diesen Part übernehmen möchte. Momo ist zwar schon ein bisschen älter, aber insgesamt doch sehr aktuell. Also haben wir uns zusammengesetzt und über das Projekt gesprochen. Danach sind wir beide zu dem Ergebnis gekommen 'Das machen wir jetzt'.
Warum treten Sie so gerne mit Musikern auf?
Schon als Kind spielte Musik eine wichtige Rolle in meinem Leben. Meine Eltern haben immer mit uns gesungen. Wir hatten einen kleinen Chor zu Hause und da wir acht Kinder und zwei Erwachsene waren, hatten wir alle Stimmen vertreten. Außerdem habe ich jahrelang bei den Münchner Chorbuben gesungen und mehrere Instrumente gelernt. Darüber hinaus lieben auch meine Frau und meine Kinder Musik. Musik und Singen machen einfach glücklich. Ich singe bei Momo zwar nicht, aber Musik hat einen anderen Zugang zu Menschen als Sprache. Die Musik hat den einen, die Sprache den anderen. Wenn man beide bedienen kann, ist es umso schöner.
Welche Instrumente haben Sie gelernt?
Angefangen habe ich mit Kontrabass bei einem Bassisten vom Nationaltheater in München. Dann habe ich ein bisschen Geige gespielt. Das war aber ganz falsch. Im Anschluss daran habe ich relativ lang Querflöte gespielt.
Warum lesen Sie nun gerade aus Momo?
Ich selber stelle nur sehr wenige Lesungen zusammen. Meistens werde ich angefragt. So war es nun auch bei Momo. Daraufhin habe ich mir das Buch noch einmal angeschaut, fand es wunderschön und habe mich für das Projekt entschieden. Ich lese einfach sehr gerne vor. Wenn es gut läuft, dann ist das noch mehr, als wenn man es selber liest. Die Menschen werden dieses Buch künftig anders lesen, weil sie eine andere Stimme hören. Wir versuchen, das Werk zum Leben zu erwecken. Ich bin sozusagen der Transmissionsriemen des Werkes, damit die Menschen in ihrer Fantasie mehr hören, als ich tatsächlich lese. Fantasie ist ein ganz wunderbarer Zustand, der es uns ermöglicht, glücklich zu sein.
Mit Momo stehen Sie noch genau drei Mal auf der Bühne. Danach übernimmt Claudia Michelsen. Warum trennen Sie sich von diesem Projekt?
Ich habe im Moment einfach zu viele Projekte und musste deshalb entscheiden, womit ich weitermache. Daraufhin habe ich überlegt, wovon ich mich schweren Herzens am ehesten Trennen kann. Dabei viel meine Wahl auf Momo, weil ich das noch nicht so häufig gemacht habe und das auch gut jemand anders machen kann. Mit Claudia Michelsen übernimmt eine Kollegin, die ganz wunderbar ist. So kann ich mich auf die vielen anderen Sachen konzentrieren. Außerdem werde ich in diesem Jahr 70. Irgendwann sind auch mal die Jungen dran. Und die können das. Wir haben ganz tolle Nachwuchsschauspielerinnen und -schauspieler in Deutschland.
Welche Projekte beschäftigen Sie denn aktuell?
Im Moment sind wir dabei, die letzten zwei Spielzeiten von Erich Kästner vorzubereiten. Es gibt insgesamt drei Abende und zu seinem 125. Geburtstag wollen wir einen schönen und großen Abschied machen, eine Hommage an Erich Kästner. Gerade haben wir eine weitere Folge der Reihe "Der Kommissar und der See" abgedreht, die im kommenden Jahr im Fernsehen zu sehen sein wird. Darüber hinaus arbeite ich weiter gemeinsam mit meiner Frau und unserem Mitproduzenten Gerhard Schmidt aus Köln an der Reihe "199 kleine Held*innen". Dabei porträtieren wir Kinder aus aller Welt und fragen sie, was sie über die Welt, das Leben und die Zukunft denken. Dafür haben wir eine gGmbH gegründet, um weiter finanzielle Mittel einzuwerben. Auch das ist einer der Gründe, warum ich nicht mehr so viel anderes machen kann. Sonst bleibt nicht mehr genug Zeit für dieses Projekt. Wir wollen weiter die Kinder der Welt porträtieren, damit man sieht, wie vielfältig, divers und schön die Welt ist. Dabei zeigt sich auch, dass letztlich alle Kinder dasselbe wollen. Wenn man ehrlich ist, möchte man seine Ruhe haben, seine Arbeit machen, um damit seine Familie ernähren zu können, sowie Frieden und Sicherheit. Das ist, was man braucht. Alles andere ist überflüssig.
Als Kommissar Robert Anders haben Sie in der ZDF-Reihe "Der Kommissar und das Meer" 15 Jahre lang auf Gotland ermittelt. Fehlen Ihnen die regelmäßigen Reisen nach Schweden?
Das war ganz wunderbar und ich mag die Insel wahnsinnig gern. Ich hätte das auch weitergemacht, aber nun ist es so, dass Robert Anders als Rentner nach Deutschland zurückgekehrt ist. Und wie es der Zufall so will, fallen ihm die Fälle vor die Füße und er hilft seiner jungen Kollegin aus Lindau dabei, sie zu lösen. Die regelmäßigen Reisen nach Schweden werden mir sicherlich nicht fehlen. Dort noch einmal hinzufahren, planen meine Frau und ich aber schon, weil die Insel so wunderbar, vielfältig und einladend ist. Gotland ist so unaufgeregt. Das ist das Schöne, denn das Unaufgeregte mag ich am liebsten.