Zwei Männer aus Welten, die unterschiedlicher nicht sein könnten. Sie begegneten einander beim Weihnachtsessen im ehemaligen Muddy am Vegesacker Bahnhof. Der eine, Stephan Lüße, Unternehmer, überzeugter Christ, Helfer und einer der Sponsoren der Aktion für Bedürftige und Obdachlose. Der andere Rainer, der seinen Namen der Zeitung lieber nicht verraten wollte, 55 Jahre alt und untergebracht in einer Notunterkunft am Bremer Hauptbahnhof. Was sie miteinander verbindet? Rainer wünscht sich zum Fest nichts sehnlicher als 2025 endlich wieder eine eigene Wohnung in Bremen-Nord, seiner Heimat, zu bekommen. Und Stephan Lüße bringt sein ehrenamtliches Engagement auf den Punkt mit „Ich liebe Bremen-Nord, bin im Hartmannstift geboren und tue es für meine Heimat!“
Geplant war, 100 Menschen zu beköstigen und ihnen darüber hinaus, wie Pastor Pawel Nowack in seiner Begrüßungsansprache sagte, „Liebe, Wärme und ein friedliches Miteinander zu bescheren.“ Dafür hatte sein Team der katholischen Kirchengemeinde St. Marien keine Mühen gescheut, gebacken, Suppe gekocht, Tische wunderschön gedeckt und eine heimelige Atmosphäre erschaffen. Selbst Weihnachtsbäume mit Lichterketten gab es im Muddy und im Zelt draußen, das für Bedürftige mit Hunden extra aufgebaut war. Ukrainische Flüchtlinge hatten dabei geholfen. Stephan Lüße hatte sogar seine Kontakte spielen lassen und sich aus dem Kursana Haus Raphael am Klinikum Bremen-Nord einen sehr großen Herrenhuter Stern ausgeborgt, der über den Köpfen der Bedürftigen und Obdachlosen von der Decke schwebte. Entsprechende Beleuchtung und ein flackernder Kamin auf dem Großmonitor sorgten zusätzlich für eine gemütliche Stimmung, und das trotz der Vollheit. 150 Menschen müssen es wohl gewesen sein, die sich an warmer Gulaschsuppe erfreuten und von den fleißigen Helfern des Heiligen Godehards bedient wurden. Rund 30 Personen dieser Gruppe aus St. Marien waren es, zu erkennen an schwarzen Schürzen mit rotem Kreis und einer weißen Hand mit einem Herz in der Mitte. Eine der Helferinnen war direkt von ihrer Arbeitsstelle als Erzieherin gekommen, hatte morgens gemeinsam mit 120 Kindern und Eltern schon Weihnachten gefeiert und kam passend zum Weihnachtsessen der Bedürftigen in einem Pullover mit Weihnachtsmann. Sie hatte befürchtet, zu viel Elend danach nur schwer verarbeiten zu können. Statt Leere in den Gesichtern habe sie aber Freude in den Augen gesehen und „viele haben sogar mit Pastor Pawel mitgebetet!“ hat sie beobachtet. Im nächsten Jahr möchte sie wieder mithelfen. „Das ist für mich auch Kirche“, sagt die Aumunderin. Veranstaltet wurde das Weihnachtsessen für Bedürftige von „Lighthouse“, einem Projekt aus der mobilen Kirche der Bremischen Evangelischen Kirche (BEK) und der katholischen Kirchengemeinde St. Marien.
Weihnachtsüberraschung für Besucher
Neben Weihnachtsliedern, begleitet vom Trompeter Gundmar Rüth und Andrzej Potapczuk am Keyboard, hatte Pastor Pawel Nowack auch noch eine Überraschung aus seiner polnischen Heimat für alle Teilnehmer mitgebracht: Oblaten mit eingeprägten christlichen Bildern und Segenswünschen wurden an den Tischen verteilt. Dabei erklärte er den vielen Gästen, dass man sie teilen, einander reichen und dabei dem Gegenüber etwas Gutes wünschen soll. Das kam gut an. Die vielen Besucher des Weihnachtsessens freuten sich darüber hinaus über Weihnachtstüten mit Leckereien, Hygieneartikeln und Gebrauchsartikeln, zusammengetragen und verteilt vom Blumenthaler Team des Heiligen Godehards, benannt nach dem volksverbundenen mittelalterlichen Bischof aus Hildesheim.