Rolf Noll hat schon mehrere Einbrüche in Vegesacker Traditionsschiffe erlebt, aber noch nie so viele in so kurzer Zeit wie jetzt. Der Chef des Kutter- und Museumshavenvereins kommt auf vier Taten in einer Nacht. Bei drei Booten machten die Täter Beute, beim letzten Schiff wurden sie gestört. Der Schaden wird auf mehrere Tausend Euro geschätzt. Der Verein hat sowohl die Polizei eingeschaltet als auch die Wirtschaftsförderung, die für den Hafen zuständig ist. Sie soll ihn jetzt sicherer machen.
Clemens Rittel und seine Frau sind, wenn man so will, doppelt betroffen. Die Eigner aus Berne haben zwei Schiffe im Vegesacker Hafen: die „St. Nikolaus“ und die „Fram“. Und in beide Boote sind die Diebe als Erstes eingestiegen. Es gibt Videoaufnahmen, die einen Täter dabei zeigt, wie er das Steuerhaus durchsucht. Die Einbrecher, sagt Vereinschef Noll, haben zwar die Stromleitungen der Überwachungskameras gekappt, aber nicht gewusst, dass die Geräte einen Akku haben und weiterhin Bilder auf einen externen Server hochladen. Der Mann vor dem Objektiv trägt Pudelmütze und dicke Handschuhe. Während er sich umschaut, sind Stimmen von anderen zu hören.
Weil die Technik den Einbruch aufgezeichnet hat, weiß die Wasserschutzpolizei nicht nur den Tag des Einbruchs, sondern auch die genaue Zeit der Tat: 2.22 Uhr in der Nacht von Sonnabend auf Sonntag. Nach der „St. Nikolaus“ und der „Fram“ nehmen sich die Diebe die benachbarten Schiffe vor. Erst die „De Vrouw Christina“, dann die „Rudolf“. Dort endete schließlich ihre Einbruchsserie: Als sie versuchten, eine Luke aufzuhebeln, merkten sie, dass sie nicht allein an Bord waren. Klaus Fuge hatte in dieser Nacht auf seinem Schiff geschlafen. Er machte so viel Lärm, dass die Täter flüchteten. Fuge verständigte die Polizei und die anderen betroffenen Eigner.
Ihre Bilanz für die Nacht: An allen Schiffen gibt es Schäden – mal wurde eine Deckstür aufgestemmt, mal ein Schloss aufgebrochen. Und bei fast allen fehlt etwas. Am meisten kam von Bord der „St. Nikolaus“ weg. Eigner Rittel sagt, dass die Täter sowohl Schiffselektronik gestohlen haben als auch Geld, Kleidung, eine Sporttasche und einen Rucksack, in dem eine Drohne mit Fernsteuerung und Kamera war. Von der „De Vrouw Christina“ nahmen die Täter die Bordkasse mit. Der Verlust für den Eigentümer beläuft sich auf rund 200 Euro, zuzüglich der Reparatur des Schadens, den die Einbrecher bei ihrer Suche nach Wertgegenständen an Bord verursacht haben.
Personen werden verglichen
Ob die Einbrüche zu den üblichen Fällen von Beschaffungskriminalität zählen, wie die Mitglieder des Kutter- und Museumshavenvereins glauben, lässt Nils Matthiesen offen. Der Polizeisprecher will nicht spekulieren, sondern sagen, was er weiß. Ihm zufolge ist die Wasserschutzpolizei in Bremerhaven noch dabei, die Liste der Einbruchsschäden zu vervollständigen – und haben Kriminalbeamte in Bremen damit begonnen, die Videos der Überwachungskamera von Bord der „St. Nikolaus“ auszuwerten. Die Personen, die auf den Aufnahmen zu sehen sind, werden mit Personen aus der Kartei der Polizei und anderen Datensammlungen der Ermittler verglichen.
Damit sich eine Einbruchserie wie am Wochenende nicht noch einmal wiederholt oder zumindest nicht so schnell, hofft Vereinschef Noll auf finanzielle Hilfe. Er hat der Wirtschaftsförderung geschrieben, was vorgefallen ist – und wie die Täter seiner Meinung nach in den Hafen gelangt sind: Vor der Treppe zu den Pontons, an dem die Boote liegen, ist zwar ein Tor. Aber das, meint Noll, kann von jemanden, der sportlich ist, überwunden werden. Darum will er, dass nachbessert wird. Der Vorsitzende spricht von Zugängen in anderen Häfen, die besser gesichert sind als der Zugang in Vegesack. Und davon, dass ein paar angeschweißte Bleche vielleicht schon helfen würden.
Weil er nicht ausschließt, dass wegen der Corona-Pandemie weniger in Wohnhäuser und mehr in Autos und Schiffe eingebrochen wird, will Noll der Wirtschaftsförderung weiteren Schutz vorgeschlagen, für den sie aufkommen soll. Zum Beispiel für Bewegungsmelder auf den Pontons. Zum Beispiel für zusätzliche Leuchten. Zum Beispiel für Außenkameras und Schilder, die auf diese Kameras hinwiesen. Noll sagt, dass auch andere Häfen Bewegungsmelder, Leuchten und Kameras haben. Und dass es nach dem Vorfall vom Wochenende durchaus angebracht wäre, wenn noch mehr in die Sicherheit des Standorts investiert wird – nicht bloß vom Verein und seinen Mitgliedern.
Juliane Scholz sagt, Verständnis für deren Sorgen zu haben. Die Sprecherin der Wirtschaftsförderung sagt aber auch, dass die Eigner für die Sicherung ihrer Schiffe verantwortlich sind. Ihr zufolge sind deshalb keine besonderen Schutzvorkehrungen seitens des Unternehmens geplant. Auch deshalb nicht, weil der Museumshaven aus ihrer Sicht kein grundsätzliches Sicherheitsproblem hat. Die Vorfälle vom Wochenende sind ihres Wissens nach die einzigen.