Die Deutschen lieben ihr Bargeld! Wenn Fußballfans in sozialen Netzwerken von ihren EM-Erlebnissen berichten, fällt dieser Satz ziemlich oft. In vielen europäischen Nachbarstaaten ist es nämlich üblich, auch kleinere Beträge per Karte zu bezahlen. Eine von der Bundesbank am 1. Juli veröffentlichte Studie zeigt allerdings, dass die Nutzung des Bargelds abnimmt. Und wie beliebt sind Scheine und Münzen noch in Bremen-Nord? Langsam aber sicher verändert sich auch eine Institution der Barzahlung: der Vegesacker Wochenmarkt.
"Wir haben vor etwa eineinhalb Jahren die Kartenzahlung eingeführt", berichtet Maria Holtvogt, die auf dem Markt Gemüse verkauft. Viele Kunden kaufen hier für wenige Euro ein, weil sie kleine Mengen für den täglichen Bedarf brauchen. "Die Zahl der Kartenzahler hat zuletzt deutlich zugenommen", sagt Holtvogt. Bargeld sei allerdings nach wie vor das dominante Zahlungsmittel, nur etwa jeder zehnte Kunde greife zur Karte.
Für die Hofinhaberin geht es nicht nur darum, den Kunden einen zusätzlichen Komfort zu bieten. "Bei digitalem Geld gibt es kein Falschgeld und es kann auch nicht gestohlen werden", betont sie. Zudem würde das Finanzamt die Abrechnungen nie anzweifeln, was bei reinen Bargeldkassen durchaus vorkomme. Der wichtigste Vorteil sei aber, dass ihre Kunden nie auf einen Geldautomaten angewiesen seien. In unmittelbarer Nähe gibt es nur einen Automaten der Volksbank. "Wenn der ausfällt, kann es schnell zu Problemen kommen", sagt Holtvogt.
Wolfgang Schulz-Uhrbrock, den Stammkunden nur "Mütze" nennen, ist nach wie vor vom Bargeld überzeigt. Sein kleiner Stand für Räucherfische hat kein Kartenlesegerät. "Das produziert zusätzliche Kosten und die Kontoführungsgebühren sind schon hoch genug", meint er. Zwei Kunden hätten an diesem Tag nach einer Kartenzahlung gefragt. Nach dem Gang zum Geldautomaten seien sie zurückgekommen.

Wolfgang Schulz-Uhrbrock, den Stammkunden nur ”Mütze” nennen, verkauft seine Räucherfische nur gegen Bargeld.
"Bargeld gehört auf einem Markt für mich einfach dazu", sagt Schulz-Uhrbrock. Floskeln wie "gib mal 'nen Zehner" oder "mach ne Runde Summe draus" gebe es nur wegen der Barzahlungen. "Auf einem Markt geht es auch um das Gefühl, in Kontakt zu kommen. Das geht mit Bargeld viel besser", findet der Fischverkäufer.
Auf dem Wochenmarkt machen einige Stände mit kleinen Schildern wie "Kartenzahlung möglich!" auf die Möglichkeit aufmerksam. Ein Zusammenhang mit den verkauften Produkten ist nicht zu erkennen. Blumen lassen sich zum Beispiel bei einem Stand nur bar bezahlen, ein zweiter Verkäufer akzeptiert auch Karten. Maria Holtvogt schätzt, dass sich 30 Prozent der Verkäufer in Vegesack inzwischen ein Kartenlesegerät angeschafft haben.
Banken bieten die Geräte mit Abomodellen an, die an Handyverträge erinnern. Die Sparkasse Bremen verlangt zum Beispiel eine monatliche Grundgebühr von 15,90 bis 24,90 Euro – je nachdem, ob es sich um ein stationäres Modell oder ein Gerät mit WLAN- oder LTE-Funktion handelt. Hinzu kommen 6,5 Cent pro Bezahlvorgang. Bei sehr hohen Umsätzen – die auf einem Wochenmarkt nicht erreicht werden – sinkt dieser Betrag auf 5,5 oder 4,5 Cent.

Kristiane Fischer arbeitet an einem Gemüsestand, der vor einem knappen Jahr ein Kartengerät angeschafft hat.
Der Bioland-Hof der Familie Wisch hat auf dem Wochenmarkt vor einem knappen Jahr die Kartenzahlung eingeführt. "Das Geld ist sicher, es kann nicht gestohlen werden", sagt Mitarbeiterin Kristiane Fischer. In Vegesack sei es leider schon zu Diebstählen gekommen. Laut einem Schild sind bei dem Gemüsestand Kartenzahlungen ab einer Summe von zehn Euro möglich. "Wenn danach gefragt wird, machen wir das aber auch schon für sechs oder sieben Euro", erläutert Fischer. Die Zahl der Kartenzahler nehme zu, Bargeld bleibe aber eindeutig das beliebteste Zahlungsmittel.