Warum ist Biodiversität überhaupt wichtig? „Wiesen mit hohem Artenreichtum können zum Beispiel bei Dürre und Hitze mehr Biomasse produzieren und mehr CO2 binden als artenarmes Grünland“, sagt Thomas Klefoth von der Hochschule Bremen. Er stellte damit klar, dass Biodiversität nicht nur den Schutz von Tier- und Pflanzenarten bedeutet, sondern auch direkt zum Klimaschutz beiträgt.
Thomas Klefoth hielt das Impulsreferat auf einer Veranstaltung, zu der die „Werkstatt Grünes Bremen“ des Umweltbetriebs Bremen zahlreiche Akteure des Arten- und Naturschutzes ins Gustav-Heinemann-Bürgerhaus in Vegesack eingeladen hatte. Jürgen Ritterhoff von Ecolo, der Agentur für Ökologie und Kommunikation in Bremen, moderierte die Veranstaltung, zu der rund 30 Besucher gekommen waren.

Thomas Klefoth hat ein Impulsreferat zum Thema Biodiversität gehalten.
„Unter dem Motto `Gemeinsam für Artenvielfalt´ wollen wir etwas gegen das dramatische Artensterben tun und auch auf die zunehmenden Wetterextreme reagieren“, sagte Sabine Heinsohn vom Umweltbetriebs Bremen (UBB). Der Eigenbetrieb der Stadtgemeinde Bremen ist maßgeblich für das städtische Grün in der Hansestadt verantwortlich und möchte mit seiner Initiative „Werkstatt Grünes Bremen“ erreichen, dass sich zum Beispiel Menschen mit ihren Privatgärten für den Artenschutz engagieren.
Kerstin Doty, Pressesprecherin beim UBB, ergänzte, dass der Umweltbetrieb deshalb eine solche Biodiversitäts-Strategie gemeinsam mit anderen Akteuren und Einrichtungen durchführen möchte. Nach und nach lädt der UBB in mehreren seiner Stadtbezirke Bürgerinnen und Bürger ein, um sich generationenübergreifend für mehr Artenvielfalt zu engagieren.
Jeder kann etwas für Biodiversität tun
Thomas Klefoth von der Hochschule machte klar, dass Biodiversität jedoch mehr bedeutet als nur die Vielfalt von Arten: „Am Beispiel von Rotlachsen in Alaska zeigte sich, dass dazu auch die Vielfalt der Populationen gehört: Zeitlich gestaffelte Laichzeiten und unterschiedliches Wanderverhalten der Lachse sichert zum Beispiel das Überleben von Bären, denen die Fische als wichtige Nahrungsgrundlage dienen“, führte er aus. „Insgesamt zeigte sich, dass Ökosysteme stabiler gegenüber Umweltveränderungen sind, wenn die darin lebenden Arten aus besonders vielen Einzelpopulationen bestehen. Doch angesichts des gegenwärtigen Massensterbens von Insekten ist klar: Wir haben mit der Biodiversität massive Probleme“, sagte Klefoth, und die große Gefahr dabei sei, dass stark belastete Ökosysteme Kipp-Punkte erreichen können, jenseits derer sie zusammenzubrechen drohen. „Der Amazonas-Regenwald ist bereits zu 15 bis 19 Prozent abgeholzt. Ökologen schätzen, dass der Kipp-Punkt bei 20 bis 25 Prozent liegt“, führte Thomas Klefoth aus. Nach solchen bedrohlichen Szenarien gab er jedoch auch positive Ausblicke: An Gewässern könne man durch freiwillige Schutzzonen den Artenreichtum entscheidend erhöhen, „wobei man allerdings auch die Wünsche der Menschen berücksichtigen sollte, die an Badeseen auch schwimmen oder spazieren gehen möchten“, sagte er. „Und jeder kann etwas für die Biodiversität tun, zum Beispiel bei der Gartengestaltung: Je mehr Blütenarten im Garten wachsen, desto mehr Insektenarten besiedeln ihn auch“, betonte er, der deshalb für wilde Ecken im Garten und für heimische Pflanzenarten statt Exoten plädierte.
Lokale Vorbildprojekte
Anschließend hatten mehrere Akteure aus Bremen-Nord Gelegenheit, ihre Bemühungen für mehr Artenvielfalt kurz zu schildern: Heike Schneider stellte den von ihr geleiteten Gemeinschaftsgarten "Blumenkohl" vor und wies darauf hin, dass besonders Friedhöfe ein großes Potenzial für mehr Biodiversität bieten. Dorothee Meyer vom Nabu, Geschäftsstelle Bremen-Nord, engagiert sich dafür, mehr Wildsträucher in Gärten zu bringen – sie bieten Nahrungsgrundlage für zahlreiche Insekten. Anke Miersch vom Arbeitskreis Bremen-Nord des BUND verwies auf die große Streuobstwiese an der Großen Dunge im Werderland, mit der die genetische Vielfalt von Apfelsorten erhalten wird und die zugleich auch ein Naturerlebnisraum für Kinder ist. Sabine Heinsohn vom Arbeit- und Lernzentrum (ALZ) betreibt ein Urban Gardening Projekt auf dem ALZ-Gelände, auf dem zum Beispiel alte Reifen, Bettgestelle oder Zinkwannen als Hochbeete dienen.
Konkrete Ideen für Bremen-Nord
Anschließend hatten die Teilnehmer Zeit, das Gespräch untereinander und mit dem UBB zu suchen, der Ideen an einer Pinnwand sammelte. Am Ende kamen mehrere konkrete Vorschläge für Bremen-Nord zusammen: Zum Beispiel will eine Anwohnergemeinschaft Wildsträucher pflanzen, die Grundschule Schönebeck möchte eine Wildblumenwiese anlegen, und auch ein Schaugarten im Vegesacker Stadtgarten wurde anvisiert.
Kerstin Doty zeigte sich von der Veranstaltung begeistert: „Mir wurde bewusst, wie viele tolle Aktionen es in Bremen-Nord bereits gibt“, sagte sie. Das Treffen sollte Impulse liefern, die vielfältigen Aktivitäten noch besser zu vernetzen, abzustimmen und möglichst viele Bürgerinnen und Bürger zu gewinnen, die sich für mehr Biodiversität in Bremen-Nord begeistern.