Von ihrem Büro im ersten Stock des Vegesacker Havenkontors hat Hafenmeisterin Sigrid Leichsenring einen erstklassigen Blick auf den ganzen Hafen. „Ich habe das schönste Büro in ganz Vegesack“, sagt die Nordbremerin, die seit 2003 für den Vegesacker Hafen zuständig ist. Wenn sie an ihrem Schreibtisch sitzt, sieht sie auch die „Panke“. Zu den Dauerliegern gehört die Segeljacht allerdings nicht. Astrid Bernek, Carsten Flömer sowie ihre drei Töchter Lieke, Reena und Maj sind in Hasenbüren gestartet und machen hier nur für einen Tag fest. Als Gastlieger verbringen sie in Vegesack einen kleinen Teil ihres Urlaubs.
Nach ihrem Aufenthalt in Bremen-Nord fährt die Familie über Bremerhaven weiter in Richtung Nordsee. Detaillierter hat die Familie bisher noch nicht geplant. „Wo wir letztlich landen, steht noch nicht fest. Das ist vom Wind abhängig. Höchstwahrscheinlich werden wir aber Helgoland ansteuern“, sagt Bernek. Falls der Wind sie nicht nach Helgoland bringt, wollen sie nach Spiekeroog segeln.
Bevor sie sich auf den Weg in Richtung Insel macht, genießt die Familie ihre Zeit in Bremen-Nord. „Die Hafenmeisterin hier ist sehr bemüht, alles möglich zu machen. Außerdem gibt es Strom und Wasser und ein sehr gepflegtes Waschhaus, das ist nicht in jedem Hafen der Fall“, lobt der Vater die Infrastruktur in Vegesack. „Die Innenstadt mit ihren Geschäften und Restaurants ist fußläufig zu erreichen, das spricht schon sehr für Vegesack“, sagt die Mutter. Kurze Wege, etwa zum Bäcker oder in den Supermarkt, sind für die Familie wichtig, da sie an Bord keinen Platz für Fahrräder haben. „Nur unsere Skateboards konnten noch mit“, erzählen Lieke und Reena.
Dass der Hafen direkt im Zentrum liegt, ist auch für andere Skipper ein Grund, nach Vegesack zu kommen. „Ich sage immer, hier kann man mit dem Einkaufswagen bis ans Schiff fahren“, sagt Leichsenring. Ihren Worten nach starten viele Freizeitkapitäne ihren Törn genau aus diesem Grund in Vegesack: Weil sie ihre Boote dort sehr bequem mit Lebensmitteln und anderen Artikeln bestücken können. Vorübergehend sind die Wege allerdings etwas weiter, da der neue Supermarkt im Haven Höövt noch nicht eröffnet hat. „Das bedeutet für den Hafen schon eine kleine Flaute“, sagt die Hafenmeisterin.
Astrid Bernek und Carsten Flömer sind trotzdem mit ihrer Familie nach Vegesack gekommen. Viel Platz haben sie auf der „Panke“ sowieso nicht, um alles auf einmal für den vierwöchigen Törn zu besorgen. „Eigentlich ist das Boot für vier Personen ausgelegt. Aber weil die Zwillinge erst zehn Jahre alt sind, zählen sie wie eine Person“, sagt Maj. Diese Nähe macht für die Familie einen besonderen Reiz aus. „Wenn wir mit der Segeljacht unterwegs sind, ist das unsere Familienzeit. Alles reduziert sich auf uns“, sagt der Vater.
Doch auch das Segeln an sich ist für die Bremer reizvoll. „Mit dem Wind und nicht mit dem Motor unterwegs zu sein, ist ein besonderes Erlebnis. Das kann man nicht beschreiben, das muss man erleben“, sagt Flömer. Daneben ist auch der Klimaschutz ein wichtiger Aspekt für die Familie. „Wir haben eine gute CO2-Bilanz“, sagt Bernek. „Mehr als 20 Liter Diesel verbrauchen wir auf unseren vierwöchigen Reisen nie. Wenn der Wind günstig steht, sind es noch weniger. Das gibt ein gutes Gefühl.“
Wetterabhängig ist auch die Zahl der Gastlieger im Vegesacker Hafen. „Bei richtig gutem Wetter zieht es die Leute an die Strände. Regnet es nur, ist das auch nicht gut. Ideal für Vegesack ist ein durchwachsener Sommer, so wie wir ihn jetzt gerade haben“, sagt Sigrid Leichsenring. Im Schnitt zählt die Hafenmeisterin etwa 400 Übernachtungen pro Jahr im Vegesacker Hafen.
Besonders viele Gastlieger kommen aus der Region. „Gelegentlich haben wir aber auch Besuch aus den Niederlanden. Meistens wollen sie nur für eine Nacht hierbleiben und mit dem nächsten Hochwasser wieder weiter. Dann sehen sie aber, wie schön es hier ist, und bleiben doch länger“, sagt die 57-Jährige.
Festgelegt auf bestimmte Schiffstypen ist der Hafen nicht. In Vegesack können sowohl kleine Sportboote als auch größere Traditionsschiffe festmachen. „In vielen anderen Häfen gibt es Boxen, an denen nur Schiffe bis zu einer bestimmten Größe anlegen können. Wir haben einen Steg und sind dadurch nicht auf eine bestimmte Bootslänge festgelegt“, erläutert die Vegesackerin.
Wenn Astrid Bernek, Carsten Flömer und ihre Kinder auf der „Panke“ leben, besteht der Alltag nicht nur aus Freizeit, auch für die Mädchen nicht. „Ich finde es schön, dass jeder eine Aufgabe hat“, sagt Lieke. Regelmäßig gehen die Zwillinge einkaufen und kochen anschließend für die ganze Familie. Besonders häufig kredenzen sie ihren Eltern und der Schwester Milchreis, ihre Lieblingsspeise. „Der Vorteil ist, wenn wir kochen, müssen wir anschließend nicht abwaschen. Das macht dann jemand anders“, sagen die Zwillinge.
Trotz der Hausarbeit an Bord ist die Zeit auf der „Panke“ für alle Familienmitglieder spannend. „Man erlebt unglaublich viel. Es ist reizarm, aber nicht erlebnisarm“, sagt Carsten Flömer. „Wir spüren den Wind, die Naturgewalten. Außerdem sehen wir jede Menge Tiere. Immer wieder tauchen Robben oder Schweinswale neben unserem Boot auf.“
Den Bremer Norden wird die Familie mit ihrem Boot auf jeden Fall wieder besuchen, da sind sie sich alle einig. „Vegesack ist ein Punkt, den wir grundsätzlich gerne ansteuern“, sagt Astrid Bernek. Durch die Gastlieger sieht Hafenmeisterin Sigrid Leichsenring regelmäßig andere Schiffe, wenn sie von ihrem Büro aus dem Fenster schaut. „Das hält den Hafen lebendig“, findet die Hafenmeisterin.
Besonders voll ist der Hafen, wenn Veranstaltungen wie beispielsweise das Festival Maritim Anfang August in Vegesack stattfinden. „Dann machen die Schiffe längsseits nebeneinander im Päckchen fest“, erzählt Sigrid Leichsenring. Auf diese Weise können zwischen 60 und 70 Boote gleichzeitig im Vegesacker Hafen liegen.
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In diesem Sommer machen wir Urlaub vor der eigenen Haustür. In den kommenden Wochen werden wir uns mit den verschiedenen Ausprägungen des Tourismus in der Region beschäftigen. Wir treffen Gastgeber, Veranstalter, Menschen, die hier Urlaub machen, und zeigen auf diese Weise, was dieser Wirtschaftszweig zu bieten hat.