Schon Schlagerstar Connie Francis sang in den 60ern: "Die Liebe ist ein seltsames Spiel. Sie kommt und geht vom einen zum ander'n". Diese Gefühlsachterbahn müssen Helena und Hermia durchleben. Sie sind einstmals ziemlich beste Freundinnen gewesen. Doch dann kommen die Männer ins Spiel und mit ihnen die Eifersucht. Denn Helenas Ex Demetrius will sich nun "die süße Maus Hermia" schnappen, da kann seine abgelegte Freundin noch so viel bitten und betteln und ihm am Hosenbein hängen. Reisende lassen sich eben nicht aufhalten... . Doch eigentlich wird Hermia heiß und innig von Lysander geliebt. Der sieht in ihr seine zukünftige Ehefrau. Doch das will Hermias strenger Vater partout nicht. Er meldet Besitzansprüche auf Hermia an, ähnlich wie es der Macho Demetrius tut, der bei ihr aufkreuzt und auch verbal die Muskeln spielen lässt: "Ich heirate Dich! Ich bin der Deminator, den versetzt man nicht!" Lysander und Demetrius liefern sich schließlich einen Dance Battle um Hermia.
Perfektes Timing und unwiderstehlicher Rhythmus
Die vom Team des Blaumeier-Ateliers erfundene Version von Shakespeares "Sommernachtstraum" reloaded hat Regisseurin Sabina Mak mit der Blaumeier-Schauspieltruppe "Die Freischwimmer", deren Mitglieder aus allen Teilen Bremens kommen, in eine knallbunte Revue gegossen. Mit perfektem Timing und einem Rhythmus, bei dem unweigerlich jede und jeder mitwippen muss. Diese sprühende gute Laune ist schon an diesem Probenabend zu spüren. Die Premiere geht am Freitag, 13. Mai, im Theatersaal des Blaumeier-Atelier in der Travemünder Straße 7 a über die Bühne. Der Titel des Stückes ist Programm: "#freehermia - und alles nur, weil ich dich liebe". Auch wenn es auf der Bühne nur so schillert, erzählt die Regisseurin doch die durchaus schmerzhafte Geschichte des Erwachsenwerdens eines Teenagers, in dem Fall Hermia, zu deren 18. Geburtstag eine große Party steigen soll. "Die erste Liebe ist ja nicht immer einfach", sagt die Regisseurin.
Doch Hermia bleibt verschwunden und wird zur Projektionsfläche. In ihre Rolle schlüpfen auch männliche Akteure und zeigen auf ganz berührende und intensive Art ihre Verletzlichkeit. Beispielsweise Thomas Hoppe, der in einer Doppelrolle mal Hermia spielt und dann wieder ihren Liebhaber Lysander. Einfach zauberhaft, wenn er und Miriam Meisner, Hermia Nummer zwei, sich ganz behutsam annähern. Und da ist last not least Dustin Cwiertnia, der, gefangen in einer Riesen-Holzkiste sehnsüchtig auf das Ende seines dreiwöchigen Hausarrestes wartet. "Mein Vater kontrolliert mich total", seufzt Hermia. Wie nimmt er diesen Rollen- und Geschlechterwechsel wahr? "Es fühlt sich für mich gut an, eine Frau zu spielen", sagt er.
Auf der Bühne richtig krachen lassen es indes Titania, Oberon und Demetrius. Den gibt Lucas Bartz, der schon lange bei der Blaumeier-Schauspieltruppe dabei ist, mit Verlaub gesagt, als Womanizer und veritable Rampensau. Auch wenn ihm sehr bewusst ist, dass Demetrius nicht gerade der sympathischste Zeitgenosse ist: "Man springt so eigentlich nicht mit Frauen um", das sagt er nach der Probe. Audrey Doussin gibt als Sexy Hexy Titania mit feuerroter Mähne, Atombusen und in Silber-Pailletten-Fummel dem Affen ganz schön Zucker. Sie ist relativ frisch bei der Blaumeier-Truppe dabei und räumt ein, dass sie sich erst einmal an die exaltierte Rolle der Titania gewöhnen musste. Die liefert sich mit Oberon, genau wie in Shakespeares Original, handfeste Scharmützel. Marc Ruffing erinnert als Oberon an einen orientalischen Dschinn mit wohlgenährtem, aber falschen Sixpack.
Love-Life-Line für gebrochene Herzen
Titania und Oberon betreiben als Berater-Duo mit knallorangem Kummer-Telefon eine Love-Life-Line für gebrochene Herzen. Titania verordnet der total verunsicherten Helena mehr Selbstbewusstsein, hat aber auch ihre diebische Freude daran, wenn es in der Gefühlswelt der Verliebten so richtig drunter und drüber geht. "Die Helena ist eigentlich ein ganz armes Mädchen", sagt Tonia Nacke über ihr Bühnen Alter Ego. So fleht diese Demetrius verzweifelt an: "Hilft vielleicht ne OP oder so?" Das macht sie in ihrem großen Facettenreichtum einfach fabelhaft. Marc Ruffing sagt über die Schluss-Szene: "Das hat am Ende schon etwas Diabolisches". Denn die gesellschaftlichen Anforderungen und Erwartungshaltungen prasseln in Form eines Sound-Gewitters auf Hermia ein, so beschreibt das Thomas Hoppe. Auf jeden Fall ist allen "Freischwimmern" die Freude anzumerken, dass sie nach der langen Pandemie-Pause endlich wieder die Bühne rocken dürfen. Wie sagt es doch gleich Lucas Bartz: "Wir wollen zeigen, dass Leute mit Handicap etwas drauf haben". Das haben sie, ganz ohne Frage.