Zwischen der Straße Auf der Muggenburg und der Weser entsteht das Quartier Neu Stephani, in dem ein ungewöhnliches Vorhaben geplant ist: ein Wohnblock mit einem Gewächshaus auf dem Dach. Details zu diesem Projekt mit dem Arbeitstitel „Wohngewächshaus“ sind kürzlich im Fachausschuss Überseestadt vorgestellt worden.
„Wir wollen mit dem Gebäude zeigen, dass man anspruchsvolle Architektur auch zu attraktiven Preisen vermieten kann“, hat dazu Johannes Aderholz von der Überseeinsel GmbH gegenüber den Waller Ortspolitikern unterstrichen.
25 Sozialwohnungen in der Überseestadt aus Beton, Stahl und Holz
Denn bei den 25 Wohnungen in fünf Geschossen des Gebäudekomplexes aus Beton, Stahl und Holz wird es sich um öffentlich geförderten Wohnraum für Menschen mit einem entsprechenden Berechtigungsschein handeln. Geplant sind verschiedene Wohnungstypen für drei bis vier Personen: Appartements mit etwa 50 Quadratmetern Fläche und etwas größere Wohnungen mit etwa 80 Quadratmetern. Auch rollstuhlgerechte und barrierefreie Wohnungen soll es geben. Fahrräder können im Souterrain abgestellt werden, und in der darunter liegenden Tiefgarage sind außerdem 55 Stellplätze für Autos vorgesehen.
Abwärme soll Gewächshaus auf dem Dach heizen
Das Besondere an dem Entwurf: Die Abwärme aus den Wohnungen wird in das Gewächshaus auf dem Dach des Gebäudes geführt und dazu genutzt, dort das ganze Jahr über Gemüse anbauen zu können. Zur Bewässerung der Pflanzen soll zudem Regenwasser gesammelt und genutzt werden – wie dies genau geschehen könnte, wird Aderholz zufolge aktuell geprüft. Dabei gehe es vor allem um die Frage der Lastenverteilung.
Im Gewächshaus sollen auf einer Fläche von 550 Quadratmetern sogenannte Microgreens angebaut werden – schnell wachsende kleine essbare Gemüsesorten wie Kresse oder Salate, die nach Möglichkeit auch im näheren Umfeld des Gebäudes angeboten und veräußert werden sollen.
„Wir haben lange überlegt, ob wir Flächen zum Gärtnern für die Bewohner bereitstellen“, so Aderholz. Wenn dort allerdings 25 Mal bis zu vier Personen gärtnern würden, wären die vielen unterschiedlichen Ideen dazu am Ende womöglich schwer zu koordinieren. Deshalb habe man sich dafür entschieden, sich auf einen Betreiber zu konzentrieren, der zum Beispiel auch aus dem gemeinnützigen Bereich kommen könnte, wie etwa die Gemüsewerft der Gesellschaft für integrative Beschäftigung, die unter anderem ganz in der Nähe auf dem ehemaligen Kellogg-Areal eine Dependance betreibt. Hohe Gewinne ließen sich dabei schon allein aufgrund des Transports der Ernte innerhalb des Gebäudes voraussichtlich nicht erzielen, glaubt Aderholz.
Keine Fotovoltaik-Anlage auf dem Dach
Das Gebäude wird ein Abfall-Unterflursystem haben; Anlagen zur Erzeugung von Solarenergie seien nicht eingeplant, erklärte Aderholz auf Nachfragen der Ortspolitiker: „Urban Farming oder Fotovoltaik – einen Tod mussten wir sterben.“ Die Beiratsmitglieder zeigten sich dennoch fraktionsübergreifend angetan von dem Projekt, das sie als „mutig“, „spannend“, „interessant“ und „abenteuerlich“ bezeichneten.
Da nach derzeitigem Baurecht auf dem Areal nur Gewerbebauten errichtet werden dürften, muss nun zunächst der Bebauungsplan so geändert werden, dass dort zukünftig eine Mischung von Wohnen und Gewerbe zulässig ist. Der Auftakt dazu ist am 4. November mit dem Aufstellungsbeschluss in der Baudeputation gemacht worden. Im kommenden Jahr möchte die Überseeinsel GmbH den Bauantrag einreichen und – wenn es gut läuft – Anfang 2023 anfangen zu bauen.