- Was ist Organisationsassistenz?
- Wie hat sich das Projekt seit dem Start 2017 entwickelt?
- Wie wird man Organisationsassistent?
- Wieviel Verantwortung tragen die Unterstützer?
Seit zwei Jahren treffen sie sich regelmäßig zweimal im Monat, und dann wird erstmal eine Stunde lang sortiert. Dann nämlich guckt Joachim Buchholz gemeinsam mit Günter Schüpphaus dessen Post der letzten 14 Tage durch. Dabei trennen die beiden zunächst Wichtiges von Unwichtigem und besprechen dann, was direkt in die Ablage kommt, welche Briefe beantwortet werden müssen und ob es dabei Termine und Fristen einzuhalten gibt.
„Ich finde es gut, dass er mir hilft. Herr Buchholz ist für mich eine Erleichterung, weil ich selber mich nicht mehr so gerne mit der Bürokratie auseinandersetzen möchte. Und wenn wir gut gelaunt sind, dann trinken wir noch einen Kaffee“, sagt der 80-jährige Günter Schüpphaus. „Es macht mir Spaß, mit Leuten zusammen zu sein“, sagt wiederum Buchholz, der seit vielen Jahren bei der Arbeiterwohlfahrt (Awo) ist und dort unter anderem als Nachbarschaftshelfer und später als Flüchtlingsbetreuer tätig war. Mittlerweile ist der 71-jährige Woltmershauser Rentner und engagiert sich bei der Awo für das Projekt „Organisationsassistenz“, über das die beiden sich kennengelernt haben.
Was ist Organisationsassistenz?
Ziel des Projektes ist es, auf unkomplizierte Weise Menschen Unterstützung zu bieten, die grundsätzlich gut alleine zurechtkommen, denen es jedoch aufgrund einer Beeinträchtigung schwerfällt, ihre behördlichen Angelegenheiten selbstständig zu regeln. 2017 hatten das Sozialressort und der Verein Selbstbestimmt Leben das Modellprojekt „Organisationsassistenz – Projekt zur Vermeidung von rechtlicher Betreuung“ als eine Maßnahme des Landesaktionsplans zur Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention gestartet. Ab Juli 2020 vermittelten Caritas und Awo über ihre Dienstleistungszentren (DLZ) Buntentor/ Huckelriede (Caritas) und Gröpelingen (Awo) ehrenamtliche Organisationsassistenten, die andere beim Schriftverkehr zum Beispiel mit Behörden, Versicherungen und Krankenkassen unterstützen.
Wie hat sich das Projekt seit dem Start 2017 entwickelt?
Mittlerweile ist das Projektgebiet rechts der Weser vom Westen bis in die Stadtmitte ausgeweitet worden. „Wir arbeiten erfolgreich“, sagt Koordinatorin Ursula Rolfes, die den Bereich vom Awo-Dienstleistungszentrum Walle aus betreut, und erinnert: „2023 wurde es räumlich und personell ausgeweitet. Und nachdem das Projekt durch Corona zunächst nur reduziert angenommen wurde, sind die Anfragen seit 2023 gestiegen.“
Wie wird man Organisationsassistent?
13 Ehrenamtliche engagieren sich Rolfes zufolge derzeit in ihrem Verantwortungsbereich als Ehrenamtliche: „Darunter sind einige im Rentenalter, aber auch Menschen, die das neben ihrer Berufstätigkeit machen. Wir brauchen aber durchaus noch Verstärkung.“ Empathie, Zuverlässigkeit, Freude am Kontakt mit anderen und Sicherheit im Umgang mit bürokratischen Angelegenheiten, das sollten potenzielle Unterstützer nach Möglichkeit mitbringen. Spezielles Fachwissen hingegen sei nicht erforderlich, und auch der zeitliche Rahmen ist Rolfes zufolge überschaubar: „Es ist nicht so zeitaufwändig, aber ganz wertvoll für die jeweilige Person. Es ist toll, wie viel Sicherheit das vermittelt. Und unsere Ehrenamtlichen kriegen viel Dankbarkeit zurück.“
Wieviel Verantwortung tragen die Unterstützer?
Verantwortung übernehmen müssen die Organisationsassistenten hingegen nicht. Diese behielten vielmehr die Nutzerinnen und Nutzer des Angebots, die auch weiterhin selbst alle Entscheidungen träfen, unterstreicht Rolfes: „Wir machen nicht für die Menschen, sondern mit ihnen zusammen. Wir sind kein Sozialdienst.“ Bei ihrem ersten Treffen, erinnern sich Joachim Buchholz und Günter Schüpphaus, hatte sich in einem Pappkarton ein Riesenstapel von Briefen angesammelt. Den haben die beiden gemeinsam Stück für Stück abgearbeitet und seitdem darauf geachtet, dass kein Schreiben mehr lange ungeöffnet liegenbleibt.