Bremen Stadtteile Osterholz Verden Diepholz Delmenhorst Wesermarsch Oldenburg Rotenburg Cuxhaven Bremerhaven Niedersachsen

Arbeitslosenhilfe in Walle Ohne Geld droht das Ende

Die Aktionsgemeinschaft arbeitsloser Bürger (Agab) in Walle steht vor finanziellen Problemen. Die Finanzierung läuft Ende des Jahres aus. Die Beratungsstelle ist für viele Menschen in Notlagen unverzichtbar.
23.06.2025, 05:00 Uhr
Jetzt kommentieren!
Zur Merkliste
Von Anke Velten
Inhaltsverzeichnis

Plötzliche Arbeitslosigkeit kann ein traumatisches Ereignis sein, weil Tagesstruktur und das geregelte Einkommen entfallen und man plötzlich sehen muss, wo man bleibt. Seit fast 50 Jahren ist die Aktionsgemeinschaft arbeitsloser Bürger (Agab) die Anlaufstelle für alle, die wissen wollen, wie es weitergeht. Dieses Angebot steht zurzeit auf dem Spiel, weil die Finanzierung Ende des Jahres ausläuft. Nach den Beiräten unter anderem in Huchting und Walle fordern auch die Gröpelinger mit einem einstimmigen Beschluss den Fortbestand der Beratungsstelle ein. Denn ohne dieses Angebot stünden viele Menschen in existenziellen Notlagen allein da, mahnen die Gröpelinger.

Wofür ist die Agab da?

An die sozialrechtliche Beratungsstelle mit drei Standorten im Stadtgebiet können sich Menschen wenden, die erwerbslos geworden, von Erwerbslosigkeit bedroht oder von Armut betroffen sind. Der Verein wurde 1976 gegründet, die Beratungsstelle an der Waller Grenzstraße besteht seit 1980. 2003 und 2019 kamen weitere Standorte in Huchting und Tenever hinzu. Im vergangenen Jahr führten die 13 hauptamtlichen Mitarbeiter – darunter sieben Volljuristen, eine Soziologin, eine Politologin und eine Sozialpädagogin – insgesamt rund 4500 Beratungen durch, davon 3400 im Bremer Westen, berichtete Beraterin Anne Faßbinder dem Gröpelinger Ausschuss.

Lesen Sie auch

Häufig gehe es dabei um Unterstützung und Vermittlung bei bürokratischen Angelegenheiten, etwa bei der Kommunikation oder bei Konflikten mit Ämtern und Behörden wie Jobcenter, Wohngeldstelle, Sozialamt und Familienkasse, sowie um die Prüfung von Bescheiden und um Fragen rund um den Bezug von Bürgergeld. Zu den Aufgaben, denen sich der Verein verschrieben hat, zählt auch die Information zu Möglichkeiten der beruflichen Orientierung, Beschäftigung und Weiterbildung.

Bislang wurde das Angebot durch die Senatorin für Arbeit, Soziales, Jugend und Integration, Landesmittel und Gelder aus dem Europäischen Sozialfonds (ESF) finanziert. Die Fortführung ist bedroht, weil die ESF-Mittel ausgeschöpft sind. Bis vor kurzem musste man noch davon ausgehen, dass die Förderung zum 30. Juni endet, so Faßbinder. Vor wenigen Tagen erfuhr das Team, dass die Frist bis zum Jahresende verlängert wurde.

Was würde das bedeuten?

„Die Agab bietet Sozialrechtsberatung für Menschen mit geringem Einkommen, die sich anwaltliche Unterstützung in diesem Bereich nicht leisten können“, heißt es in der Beschlussvorlage der Gröpelinger SPD-Fraktion, die einstimmig angenommen wurde. Durch den Wegfall des Angebotes hätten viele Menschen keinen Zugang mehr zu qualifizierter, niedrigschwelliger, unabhängiger und kostenloser persönlicher Beratung. Viele würden vermutlich auf Leistungen verzichten, die ihnen zustünden. Die Ungleichheit werde in der Stadt weiterwachsen, prophezeite Faßbinder. „In Zeiten zunehmender gesellschaftlicher Spaltung braucht es verlässliche Anlaufstellen.“

Das Ende des Beratungsangebots wäre allerdings nicht nur für die Ratsuchenden ein herber Verlust, so die Beraterin. Es würde auch die Behörden mehr Geld und zusätzliche Arbeit kosten, etwa, weil viel mehr falsch oder unvollständig ausgefüllte Formulare eingereicht würden, oder aufgrund hoher Folgekosten, die entstünden, wenn aus Unwissenheit auf Wohngeld verzichtet würde und Familien in Obdachlosigkeit getrieben würden.

Was fordert der Beirat?

Die Gröpelinger fordern die Senatorin für Arbeit, Soziales, Jugend und Integration auf, den Fortbestand der Agab und ihrer Beratungsstelle West für die Zukunft zu sichern und im Haushalt zu verankern. Dabei seien sämtliche Möglichkeiten zu prüfen, seien es eine institutionelle Förderung oder eine neue und umfassende Projektfinanzierung. Der Haushaltsantrag vom 18. Juni schließt mit dem Imperativ, die Beratungsarbeit der Agab müsse „dringend von der Stadt Bremen weiter gefördert werden!“

Gibt es Hoffnung?

Kurz vor der Sitzung des Gröpelinger Fachausschusses für Arbeit, Wirtschaft und Soziales traf im Ortsamt die Nachricht von einem Dringlichkeitsantrag der Bürgerschaftsfraktionen SPD, Grünen und Linken ein. Darin wird der Landtag aufgefordert, „alle bestehenden und zukünftigen Möglichkeiten auf Landes-, Bundes- und EU-Ebene aktiv zu nutzen“, um zusätzliche Fördermittel für das Land Bremen einzuwerben. Sie sollen die finanzielle Absicherung und neue Perspektiven für die Träger und Verantwortlichen für Menschen, Träger und Projekte des Arbeitsmarkts gewährleisten. Die Ausschussmitglieder gehen davon aus, dass auch der Träger Agab unter die „integrative Arbeitsmarktstrategie“ fällt, die laut Eilantrag zu stärken ist. Sie sei „von hoher gesellschafts- und sozialpolitischer Bedeutung“, heißt es darin, denn sie eröffne nicht nur individuelle Beschäftigungsperspektiven, sondern fördere soziale Teilhabe, stärke gesellschaftliche Integration und leiste einen zentralen Beitrag zur Bekämpfung von Armut.

Zur Startseite
Mehr zum Thema

Das könnte Sie auch interessieren

Rätsel

Jetzt kostenlos spielen!
Lesermeinungen (bitte beachten Sie unsere Community-Regeln)