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Verkehrssicherheit Hafenstraße in Walle: Anwohner fordern Tempolimit und Kontrollen

Ein Unfall unmittelbar hinter ihren kleinen Reihenhäusern hat Ende Juni Anwohner in Walle aufgeschreckt. Wie gefährlich ist die Hafenstraße? Was die Polizei zur Situation dort sagt.
21.07.2025, 05:00 Uhr
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Hafenstraße in Walle: Anwohner fordern Tempolimit und Kontrollen
Von Anne Gerling

Der Knall war so laut, dass er offenbar an der 250 Meter entfernten Helmut-Schmidt-Schule noch zu hören war – auch von dort nämlich eilten binnen kurzer Zeit Menschen herbei, um zu helfen. Am Vormittag des 23. Juni, einem Montag, geschah gegen halb zwölf Uhr mittags das, wovor Anwohner immer wieder warnen: An der Hafenstraße krachte ein Auto in zwei in einer Kurve abgestellte Pkw. „Drei Autos Schrott – der Unfallverursacher hatte echt Glück, er wurde nur leicht verletzt. Alle Airbags haben ausgelöst und die Tür war regelrecht aufgepellt. Das hätte schlimmer kommen können. Nicht auszudenken auch, wenn da auf dem Fußweg gerade Kinder und Eltern unterwegs gewesen wären“, sagt Anwohner Peter Pagel, hinter dessen Haus sich der Unfall ereignete. Für Pagel und seine Nachbarn an der Heimatstraße war es nicht die erste Kollision, die sie miterlebt haben – der letzte schwere Unfall liegt sechs Monate zurück. „Nur sechs Monate“, sagt Pagel, nach dessen Ansicht es in der Hafenstraße viel zu häufig knallt.

Anwohner wollen Tempo 30

Der Grund für die Unfälle liegt für ihn und seine Nachbarn auf der Hand: zu hohes Tempo. Regelmäßig würden sie deshalb zu Zeugen von Beinahe-Unfällen in der Hafenstraße, die vom Hansator aus hinter den Häusern der Heimatstraße vorbei durch zwei 90-Grad-Kurven zum Überseetor verläuft. Am liebsten wäre Pagel und seinen Nachbarn eine Geschwindigkeitsbeschränkung auf 30 Kilometer pro Stunde. Aber auch ein mobiles Blitzgerät oder regelmäßige Kontrollen würden helfen, dass dort wenigstens die erlaubten 50 Kilometer pro Stunde konsequent eingehalten werden. Davon sind die Anwohner überzeugt, die immer wieder auch nachts durch laute Geräusche aufgeschreckt werden. Diese gingen teils auf das Konto von Autoposern mit ihren aufgemotzten Fahrzeugen. Gleichzeitig werde das für Lkw geltende Nachtfahrverbot zwischen 22 Uhr und 6 Uhr regelmäßig missachtet. „Ab 22 Uhr geht es hier erst los und dann die ganze Nacht durch“, erzählt Anwohnerin Karin Schlechtinger: „Wir kommen uns vor, als ob wir auf der A1 wohnen würden.“

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Bei der Polizei beurteilt man die Situation etwas anders. „Die Ermittlungen zur Unfallursache werden derzeit durch das zuständige Verkehrskommissariat geführt und dauern an“, teilt die dortige Pressestelle zu der Kollision am 23. Juni mit. Und weiter: „Bei der Hafenstraße handelt es sich um einen Straßenzug mit circa 1270 Metern Länge. In diesem gesamten Abschnitt registrierte die Polizei über einen Zeitraum von drei Jahren insgesamt 27 Verkehrsunfälle. In sechs Fällen wurden Menschen verletzt, einer davon schwer. Im Rahmen der polizeilichen Unfallanalyse zeigt sich, dass die Hafenstraße in der Gesamtschau nicht als Unfallschwerpunkt eingestuft wird.“ So habe die Polizei insgesamt drei Verkehrsunfälle mit der Ursache Geschwindigkeit registriert – das ergebe einen Verkehrsunfall pro Jahr. Die Auswertung der Unfallzahlen zeige außerdem, „dass Geschwindigkeitsverstöße beziehungsweise nicht angepasste Geschwindigkeit nur in wenigen Fällen unfallursächlich waren. Somit spielt Geschwindigkeit auf der Hafenstraße nach derzeitiger Einschätzung eine untergeordnete Rolle." Die meisten Verkehrsunfälle ereigneten sich hier im Längsverkehr, wie Auffahrunfälle oder Fehler beim Fahrstreifenwechsel.

Weitere Kontrollen geplant

Die Ergebnisse der „regelhaften Überwachung“ in den Jahren 2020, 2021 und 2022 hätten unter dem stadtweiten Durchschnitt gelegen, „sodass die regelhafte Überwachung nicht fortgeführt wurde und in unregelmäßigen Abständen Geschwindigkeitsmessungen mittels Handlasermessgerät erfolgen“. In den vergangenen zwölf Monaten seien zwei Kontrollen durchgeführt worden, bei denen insgesamt 16 Ordnungswidrigkeiten-Anzeigen wegen Überschreiten der zulässigen Höchstgeschwindigkeit gefertigt wurden.

Aufgrund der anhaltenden Beschwerdelage sind laut Polizeipressestelle in den vergangenen Wochen und Monaten immer wieder Verkehrs- und Geschwindigkeitskontrollen in den Stadtteilen Walle und Gröpelingen durchgeführt worden, um die Raser- und Poserszene zu bekämpfen und gegen Verkehrssünder vorzugehen. Diese Kontrollen sollen demnach auch weiterhin stattfinden. Auch bezüglich des Lkw-Nachtfahrverbotes seien die regionalen Einsatzkräfte sensibilisiert und führten anlassbezogene Kontrollen durch. „Des Weiteren sind die Einsatzkräfte der spezialisierten Verkehrsüberwachung aber auch des Streifendienstes dahingehend sensibilisiert, bei Entdeckung von verkehrswidrigem Verhalten niedrigschwellig und konsequent einzuschreiten. Hierbei werden dann alle rechtlichen Möglichkeiten ausgeschöpft“, so Polizeisprecherin Nastasja-Klara Nadolska, die ankündigt: „Um ein genaueres Bild über mögliche Geschwindigkeitsverstöße in der Hafenstraße zu erhalten, wird die Polizei Bremen zeitnah ein sogenanntes Seitenradarmesssystem einsetzen. Damit sollen auch Verstöße erkannt werden, die bisher nicht sichtbar geworden sind. Eine weitere Bewertung erfolgt nach der Datenauswertung.“

Auch Zugangswege im Blick behalten

Peter Pagel, Karin Schlechtinger und ihre Nachbarn haben die Hoffnung noch nicht aufgegeben, dass das seit Jahren geltende Lkw-Nachtfahrverbot schließlich auch durchgesetzt wird und Kontrollen zu einem langsameren Tempo auf der Hafenstraße führen. „In der Stadt muss jeder Kompromisse machen, das gilt für alle“, sagt Schlechtinger. „Dass wir aber immer wieder gesagt kriegen, hier sei es nicht laut und dass keiner sich dafür zuständig fühlt, ist extrem frustrierend.“

Einen guten Kilometer Luftlinie von der Hafenstraße entfernt läuft seit Mitte April ein Verkehrsversuch auf dem Kommodore-Johnsen-Boulevard und der Überseepromenade, um Raser und Poser aus der Überseestadt zu vergraulen. Die Bremsschwellen und Poller hätten tatsächlich zu geringfügigen Verbesserungen geführt, sagt die CDU-Bürgerschaftsabgeordnete Kerstin Eckardt, die selbst in der Überseestadt wohnt: „Die Szene hat hier aber weiterhin Treffpunkte. Und sie hat sich verändert – wir haben hier jetzt auch Motorradgruppen, die auch nicht leise sind.“ Eckardt sieht sich dadurch in ihrer Einschätzung bestätigt: „Wir haben geahnt, dass die Verkehrsberuhigung dort nicht ausreichen würde. Sondern wir müssen auch die Zugangswege in die Überseestadt – die Cuxhavener Straße, die Hafenstraße und die Konsul-Smidt-Straße – im Blick haben. Denn dort fährt alles in die Überseestadt rein.“

Zur Sache

Anfrage: "Rennstrecke Überseestadt"
Was tun gegen die Raser- und Poserszene in der Überseestadt? Die CDU-Bürgerschaftsfraktion hat dazu im Juni eine sogenannte Kleine Anfrage mit dem Titel „Rennstrecke Überseestadt“ an den Senat gerichtet, die aus insgesamt 25 Einzelfragen besteht. Fraktionsmitglied Kerstin Eckardt erklärt dazu: „Wir haben die Anfrage gestellt, weil wir sagen wollen: Das muss weiterhin auch politisch überprüft werden.“ In der Anfrage geht es darum, welche Maßnahmen die Stadt gegen die Raser- und Poserszene in dem Waller Ortsteil ergreift. Unter anderem wollen die CDU-Abgeordneten in diesem Zusammenhang wissen, wie viele Anwohnerbeschwerden, Strafanzeigen, Bußgeldbescheide, Fahrverbote, Verurteilungen und Fahrzeug-Stilllegungen es in den vergangenen drei Jahren gab, ob schwerpunktmäßig in der Überseestadt Polizeikontrollen durchgeführt wurden und wie viele der kontrollierten Fahrzeuge in Bremen zugelassen oder Mietwagen waren. Einem Antrag der Senatskanzlei auf Verlängerung der Frist zur Beantwortung habe die CDU nicht zugestimmt, so Eckardt: „Die Anfrage muss bis zum 29. Juli beantwortet werden.“ Nach der Bremischen Landesverfassung können Mitglieder der Bremischen Bürgerschaft Anfragen an den Senat richten, die dieser dann zur Beantwortung an die zuständigen Senatsressorts weiterleitet. Kleine Anfragen werden ausschließlich schriftlich beantwortet. Dafür hat der Senat ab der Zuweisung der Anfrage an das entsprechende Ressort fünf Wochen Zeit.
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