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Wochenmarkt Überseestadt Der vorerst letzte Marktbesuch

Der Wochenmarkt in der Überseestadt wurde eingestellt - nach nur etwas mehr als einem Jahr. Jetzt beginnt die Suche nach den Gründen.
17.01.2022, 05:00 Uhr
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Von AVE

Der Wochenmarkt in der Überseestadt wurde eingestellt. Er überlebte nicht viel länger als ein Jahr. Bei einem Besuch am letzten Markttag wird sofort klar, warum: Zum Schluss sind gerade noch zwei Marktbetreiber bei der Stange geblieben. Nun hat im Stadtteil das Grübeln begonnen, wie es dazu kommen konnte und was man beim nächsten Mal anders und besser machen könnte. Denn das es ein nächstes Mal geben wird: Das ist für Großmarkt-Leiter Lars Jansen keine Frage.

Pecorino, Provolone, Walnuss- und Steinpilzsalami: Die Kundin bevorratet sich und nimmt zum Abschied noch die Liste der Märkte mit, auf denen sie Adriano Mazzotta und seine italienischen Delikatessen demnächst wiedersehen kann. Auch Barbara Schwenen hat noch einmal ihren Marktbeutel gefüllt. „Wir waren so froh darüber. Die Ware war erste Wahl, vor allem das Obst und Gemüse - traumhaft! Und man hat hier immer Leute aus der Nachbarschaft getroffen“, erzählt Schwenen, die nur einen Spaziergang entfernt Zuhause ist. Sehr schade, sagt sie, dass es diesen Markt nicht mehr geben wird. „Aber verständlich, wenn die Kunden nicht mehr kommen.“

Premiere im November 2020

Hinter der Auslage seiner Wurst- und Schinkenspezialitäten sucht Jannik Niepel nach Erklärungen. „Der Freitagnachmittag ist doch eigentlich die beste Einkaufszeit.“ Er erzählt, dass die Niepels mit ihrer Flotte an Marktwagen inzwischen auch eine ganze Reihe an Nachmittagsmärkten in Bremen und der Region bedienen. „Die laufen alle gut.“ Auch in der Überseestadt ging es „richtig, richtig super“ los, sagt Adriano Mazzotta.

Bei der Premiere im November 2020 war der Optimismus noch groß. Im Ortsteil hatte man sich einen Wochenmarkt schon lange gewünscht, und der Zeitpunkt schien perfekt. „Vor allem jetzt während der Corona-Pandemie sind die Märkte für viele Bremerinnen und Bremer besonders attraktiv“, erklärte zum Auftakt M3B-Geschäftsführer Hans Peter Schneider, in dessen Zuständigkeit auch der neue Wochenmarkt fiel. Gestartet wurde mit einem guten Dutzend an Ständen, die abdeckten, was die Kundschaft auf einem Wochenmarkt erwarten kann: Obst und Gemüse, Backwaren, Gewürze, Blumen und Pflanzen, Feinkost, Fleisch und Wurst, Käse und Fisch. Doch irgendwann wurden es immer weniger.

Käse-, Fisch- und Obststand

Die ersten Stände pausierten im Sommer 2021, erklärt Lars Jansen, Bereichsleiter für den Großmarkt bei der M3B. „Viele Marktleute hatten zwei Jahre lang durchgearbeitet und holten ihren Urlaub nach.“ Auf einem vergleichsweise kleinen Markt reiße jeder fehlende Stand eine große Lücke, ganze Sortimentsbereiche fielen weg, wenn auf einmal der Käse-, Fisch- oder Obststand nicht mehr da sei. Kurzfristigen Ersatz zu schaffen sei nicht so einfach. Weniger Stände bedeute weniger Anziehungskraft für die Kundschaft, weniger Kunden wiederum machen den Markt für die verbliebenen Beschicker immer weniger attraktiv. „Das war leider eine Abwärtsspirale“, sagt Jansen. Als schließlich zum Jahresende regelmäßig nur noch drei Marktstände die Überseestadt anfuhren, „war der Punkt erreicht, wo es keinen Sinn mehr machte.“

Ob die Tatsache eine Rolle spielte, dass seit Juni nebenan ein gut sortierter und gut besuchter Supermarkt dem Markt Konkurrenz macht? Mazzotta glaubt das eher nicht. Bedientheken gebe es dort keine und seine Produkte ohnehin nicht: „Wir waren eher davon ausgegangen, dass wir vom Supermarkt profitieren, weil er ein Frequenzbringer ist.“ Liegt es am Standort mit seinem Parkplatzambiente? „Im Sommer war hier immer eine sehr schöne Atmosphäre“, entgegnet Lars Jansen. Auch Barbara Schwenen kann sich das nicht vorstellen: „Die Lage ist sehr zentral. Wir sind hier mittendrin in der Überseestadt.“ Hat es etwas mit den für die Beschicker ungewöhnlichen Betriebszeiten zu tun? „Ich bin heute Morgen um 3 Uhr aufgestanden und war vormittags auf dem Huchtinger Markt. Sonnabends stehe ich auf dem Findorffmarkt“, sagt Niepel. „Aber das bin ich gewohnt.“ Klar, das Marktleben sei eben „ein hartes Butterbrot“, sagt Mazzotta. Hatte sich der Markt in der Umgebung einfach noch nicht gut genug herumgesprochen? Möglich, sagt der Vegesacker Feinkosthändler. „Wenn alle länger durchgehalten hätten, hätte es geklappt.“

Kaufwillige Kundschaft

Auch im Waller Beirat wurde die Nachricht von der Schließung des Wochenmarkts mit Bedauern vernommen. Immer wieder sei der Beirat von den Anwohnerinnen und Anwohnern gebeten worden, auf eine bessere Versorgungssituation in der Überseestadt hinzuwirken, sagt Brunhilde Wilhelm, Sprecherin des Fachausschusses „Überseestadt, Wirtschaft und Arbeit“. Doch leider habe das Angebot „nicht die Resonanz gefunden, die wir uns im Beirat erhofft hatten.“ Eine Erklärung für das Scheitern habe auch sie nicht, doch der Fachausschuss werde sich auf die Suche nach Erklärungen und Lösungen machen.

„Ich kann mich aber gar nicht beschweren“, betont Mazzotta. „Diejenigen Kunden, die kamen, kauften immer gut ein.“ Das bestätigen auch die Daten des Großmarkts, so Lars Jansen: „Die Kundschaft war kaufwillig, die Umsätze pro Einkauf überdurchschnittlich. Das Potenzial ist da.“ Im Großmarkt werde man daher gründlich prüfen, welche Faktoren verändert werden müssten, damit ein Neustart gelinge, sagt der Bereichsleiter. „Denn ich bin nach wie vor davon überzeugt, dass ein Wochenmarkt in der Überseestadt funktionieren kann.“

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