- Was ist Solidarische Landwirtschaft?
- Wie wird die Ernte aufgeteilt?
- Wie kommt das Gemüse aus Holste zu den Verbrauchern in Bremen?
- Warum Solawi?
- Was ist biologisch-dynamische Landwirtschaft?
- Was zeichnet Solawi-Gemüse aus?
- Welche Ziele hat der Verein?
„Jedes Mal, wenn ich esse, kann ich Verantwortung übernehmen: Entweder schiebe ich mir irgendwas Sättigendes von einem Großkonzern rein oder ich nehme frische Produkte zu mir, die nachhaltig und nach Demeter-Bedingungen angebaut worden sind und mehr Nährstoffe haben“, sagt Rike Fischer. Die Wallerin hat sich für Letzteres entschieden und sich deshalb vor mehreren Jahren dem Verein Solidarische Landwirtschaft (Solawi) angeschlossen, der mit dem Gärtnerhof Oldendorf im nördlich von Bremen gelegenen Holste zusammenarbeitet.
Was ist Solidarische Landwirtschaft?
Bundesweit gibt es Fischer zufolge aktuell etwa 500 Solawis, in denen sich Verbraucherinnen und Verbraucher zu einer Wirtschaftsgemeinschaft zusammengeschlossen haben. Über monatliche Mitgliedsbeiträge finanzieren sie sämtliche Betriebskosten eines Hofes und ermöglichen dadurch den Anbau von Gemüse. Das Risiko laste somit nicht auf den Schultern eines einzelnen Landwirts, sondern sei auf viele Schultern verteilt: „Damit halten wir das Gärtnerteam finanziell über Wasser und machen uns vom Marktpreis unabhängig.“ Im Gegenzug bekommen die Vereinsmitglieder die Erzeugnisse, die auf den 2,7 Hektar Ackerland und 2000 Quadratmetern Gewächshausfläche geerntet werden.
Wie wird die Ernte aufgeteilt?
Bei der jährlichen Mitgliederversammlung wird ein Haushaltsplan für das kommende Jahr vorgelegt und die Summe der Betriebskosten durch die Zahl der Mitglieder geteilt. Daraus ergibt sich ein Richtwert von aktuell monatlich circa 100 Euro pro sogenanntem Ernteanteil – dieser Mitgliedsbeitrag ist aber je nach Einkommenssituation verhandelbar. Auch hier greift das Solidaritätsprinzip. Unter einem Ernteanteil versteht der Verein das, was ein Erwachsener im Jahresdurchschnitt isst: rund drei Kilogramm Gemüse pro Woche. Im Sommer gibt es pro Ernteanteil etwa vier Kilo Gemüse, wovon Wintervorräte angelegt werden sollen. Denn auch im Winter wird auf dem Hof geerntet – saisonbedingt gibt es dann aber etwas weniger.

Auf dem Gärtnerhof Oldendorf werden rund 50 verschiedene Gemüsekulturen angebaut.
Wie kommt das Gemüse aus Holste zu den Verbrauchern in Bremen?
Die Ernte wird Woche für Woche zu rund 20 Sammelstellen in Bremen gebracht, wo sich die Solawi-Mitglieder ihre Ernteanteile dann persönlich abholen und sich bei Bedarf über Rezepte austauschen können. Von Holste aus geht es dafür zunächst per Lkw nach Findorff, dort übernehmen dann die Fahrradkuriere des an der Plantage ansässigen Kollektivs Fahrradexpress. Jedes Depot wird von einem Vereinsmitglied betreut – für die Waller Verteilstelle ist Rike Fischer verantwortlich.
Warum Solawi?
Was Fischer an Solawi besonderes anspricht: „Es stärkt die Wirtschaft vor Ort, und mein Geld wandert nicht zu irgendwelchen großen Konzernen ab, die damit womöglich Sachen machen, die ich nicht unterstützen möchte.“ Für die Waller Grafikdesignerin gaben insbesondere politische Gründe den Ausschlag, sich dem Verein anzuschließen: „Ich habe mir viele Gedanken über unendliches Wirtschaftswachstum gemacht und nach anderen Wegen gesucht, wie man stattdessen Wirtschaftskreisläufe unterstützen kann. Das kann man mit Solawi tun, und ein guter Nebeneffekt dabei ist, dass man auch noch superleckeres und gesundes Gemüse hat.“ Schön seien auch die Gemeinschaftsaktionen, zu denen sich die Mitglieder gelegentlich in Holste treffen: „Wenn Kinder selbst mitmachen und sehen, wo es herkommt, dann essen sie plötzlich auch gerne Gemüse.“

Das Solawi-Gemüse ist optisch weniger gleichförmig als Gemüse aus dem Supermarkt.
Was ist biologisch-dynamische Landwirtschaft?
„Ein Hof sollte ein möglichst geschlossener Kreislauf mit eigenen Tieren, Mist und Dünger sein, weil das dem Ideal entspricht, dass man dann den Boden besser düngen kann“, erklärt Florian Jordan, der den Gärtnerhof Oldendorf seit diesem Jahr gemeinsam mit einem siebenköpfigen Team bewirtschaftet und bei der Nährstoffversorgung seiner Böden auf eigenen Schafskompost, Pferdemist vom Nachbarbetrieb und eine mehrgliedrige Fruchtfolge setzt. „Unkraut wird gehackt, unsere Anzuchterde machen wir selber – und zwar ohne Torf, weil dadurch sonst ein großer Klimaschaden entsteht. Außerdem bauen wir ausschließlich samenfeste Sorten an.“ Im Gegensatz zu sogenannten Hybriden ermöglichen diese es, eigenes Saatgut zu gewinnen, aus dem dann wiederum Jungpflanzen gezogen werden. Damit ist Jordan zufolge der Gärtnerhof Oldendorf einer von wenigen Betrieben in Deutschland, in denen Saatgut produziert wird und direkt in die Solidarische Landwirtschaft geht.
Was zeichnet Solawi-Gemüse aus?
Über das Jahr verteilt werden auf dem Gärtnerhof Jordan zufolge etwa 50 verschiedene Gemüsekulturen wie Tomaten, Paprika, Kohlrabi, Mais, Zucchini, Porree, Feldsalat oder Postelein angebaut, die sich noch einmal in etwa 140 samenfeste Sorten unterteilen lassen. „Wir legen in der Züchtung sehr viel Wert auf den Geschmack, während der Schwerpunkt bei Hybridsorten eher auf Resistenz oder einem hohen Ertrag liegt“, sagt der Biologe. Das in Holste geerntete Gemüse unterscheidet sich ihm zufolge auch optisch ein kleines bisschen von Produkten aus dem Supermarkt: „Weil es nicht so gleichförmig ist.“
Welche Ziele hat der Verein?
Aktuell stehen Rike Fischer zufolge 70 Haushalte auf der Mitgliederliste des Vereins. „Und wir freuen uns sehr, wenn wir noch 25 Familien dazugewinnen.“ Der Verein würde außerdem gerne ein weiteres Depot in der Überseestadt eröffnen. Weitere Informationen unter www.gaertnerhof-oldendorf.de.