Dürfen sich Beirats- und Ausschussmitglieder dem Ortsbeirätegesetz widersetzen? Beziehungsweise: Widersetzen sie sich in diesem Fall überhaupt? Diese komplexen Fragen muss die Senatskanzlei zurzeit juristisch prüfen und abschließend beantworten. Mit dem Waller Fachausschuss für Quartiers- und Stadtteilentwicklung entschied nun der dritte Fachausschuss im Bremer Westen mehrheitlich, sich nicht von einem Mitglied der Partei Bündnis Deutschland (BD) vertreten zu lassen. Für Tanja Häfker, die im Rahmen seiner konstituierenden Sitzung am Donnerstag, 9. November als vertretende Sprecherin aufgestellt war, dürfte der Wahlausgang keine allzu große Überraschung gewesen sein.
Häfker äußerte sich dennoch enttäuscht und betonte, dass ihre Partei in dieser Frage sämtliche rechtlichen Register aufrufen werde. Zuvor hatten bereits der Gröpelinger Gesundheitsausschuss und der Waller Kulturausschuss die jeweiligen Bündnis Deutschland-Kandidatinnen abgelehnt. Jan Timke, Vorsitzender der neunköpfigen BD-Fraktion in der Bürgerschaft, hatte daraufhin in einem Schreiben an die Senatskanzlei das „rechtswidrige Ergebnis" kritisiert und angekündigt, dass die Partei gegen jegliche Diskriminierung ihrer Mitglieder vorgehen werde – wir berichteten. Über die Zugriffe auf die Posten der Sprecher beziehungsweise Sprecherinnen der einzelnen Fachausschüsse verständigen sich die Fraktionen üblicherweise im Vorfeld. Der Vergabemodus ist im Beirätegesetz geregelt und orientiert sich nach einem festgelegten Verfahren am proportionalen Stimmenanteil der Parteien.
Diverse Anträge auf der Tagesordnung
Die Wahl von Grünen-Mitglied Maike-Sophie Mittelstädt zur Ausschusssprecherin war zuvor glatt abgelaufen. Inhaltlich beschäftigte sich der neue Ausschuss bei seiner ersten Sitzung mit diversen Anträgen in Stadtteilangelegenheiten. Ein Prüfauftrag soll an die zuständigen Stellen gerichtet werden, ob am Wartburgplatz wieder eine öffentliche Toilette eingerichtet werden könnte. Sie werde vor allem von älteren Marktbesuchern dringend gewünscht, hieß es. Das Bauressort soll an das Verkehrskonzept erinnert werden, das der Beirat für das Quartier Osterfeuerberg-Nord erarbeitet hat. In diesem Zusammenhang will der Ausschuss auf Anregung einer anwesenden Bürgerin die Sanierung der Fleetstraße und deren Umwidmung zur Fahrradstraße prüfen lassen.
Einen älteren Beiratsantrag, die Bauminseln an der Elisabethstraße im Abschnitt zwischen Bremerhavener- und Vegesacker Straße zu vergrößern, hatte der Umweltbetrieb Bremen positiv beschieden und Baumschutzmaßnahmen für den gesamten Straßenbereich bis zur Heerstraße vorgeschlagen. Zur Überraschung und zum Unverständnis der Grünen- und Linken-Mitglieder und im Publikum wollten die übrigen Fraktionen dem Gesamtkonzept nicht folgen. Sie erwirkten, die Maßnahmen bis auf Weiteres auf den Ursprungsbereich zu begrenzen. Die Vergrößerung der Grünflächen gehe auf Kosten der knappen Parkplätze, hieß es zur Erklärung seitens der SPD- und BD-Mitglieder. Der Eingriff könne daher nicht ohne die Zustimmung der Anlieger umgesetzt werden.
Mehrheitlich befürwortet wurde der Antrag der Waller Quartiersmeisterei, rund 4000 Euro aus dem Stadtteilbudget für Verkehrsangelegenheiten zur Verfügung zu stellen. Damit soll ein prozesshaftes Projekt finanziert werden, das Anwohner und Gewerbetreibende während der voraussichtlich zweijährigen Straßenarbeiten begleiten und unterstützen soll, erklärte Karsten Seidel aus der Begleitgruppe der Quartiersmeisterei. Die Kanalarbeiten und der anschließende Bau des weiteren Teilstücks der Fahrradpremiumroute werde nach seinen Informationen Mitte 2024 beginnen. Ziel des Projekts, das einen professionellen Kurzfilm und Workshops vorsieht, sei die Wiederbelebung der Geschäfte am Steffensweg nach der Infrastrukturänderung, so Seidel.
Der Waller Ausschuss für Quartiers- und Stadtteilangelegenheiten besteht aus den Beiratsmitgliedern Maike-Sophie Mittelstädt (Grüne), Sebastian Schmugler (SPD), Tanja Häfker (BD), Claudia Vormann (Linke) und Katharina Schmiss (CDU) sowie den sachkundigen Bürgern Thorsten Neumann (SPD) und Peter Warnecke (CDU). FDP-Mitglied Louis Lenkeit gehört dem Beirat als nicht stimmberechtigtes Mitglied in beratender Funktion an.