Abschied nehmen hieß es in diesem Jahr im Roten Dorf – das vor fünf Jahren von der Inneren Mission eröffnete Übergangswohnheim in den roten Wohncontainern zwischen Nordstraße, Überseetor und Cuxhavener Straße in der Nähe der Roland-Mühle ist zum 1. November geschlossen worden. Die Container sollen im Januar 2020 abgebaut werden, Immobilien Bremen (IB) wurde Sprecher Peter Schulz zufolge von der Sozialsenatorin beauftragt, die Container vorerst zwischenzulagern. Im Studiengang Architektur der Hochschule Bremen haben Studierende die Idee entwickelt, das Containerdorf auf einem städtischen Areal an der Ladestraße in Woltmershausen als Studierendenwohnheim wieder aufzubauen.
Auf dem Grundstück in der Überseestadt soll ab dem Frühjahr bekanntlich ein Neubau für die Berufsschule für Großhandel, Außenhandel und Verkehr (BS GAV) errichtet werden. Läuft alles nach Plan, dann könnte die BS GAV – mit 1700 Schülerinnen und Schülern aus Bremen und umzu eine der größten Berufsschulen der Stadt – ab Sommer 2021 dorthin umziehen. Damit wäre der Weg frei für den Abriss des 1968 eingeweihten und seit Jahren maroden Schulkomplexes an der Ellmersstraße.
Sofern zeitnah ein entsprechender Vertrag abgeschlossen werde, sagt Peter Schulz, „ist davon auszugehen, dass ein Abriss ab der zweiten Jahreshälfte 2022 erfolgen könnte, sofern die zukünftige Verwendung des Grundstücks feststeht.“ Derzeit werde geprüft, ob ein öffentlicher Bedarf zum Beispiel für Schul- oder Kitagebäude bestehe. „Sollte die Prüfung für das Grundstück oder Teile davon negativ ausfallen und es privatisiert werden, so wird der Abriss vermutlich einem Investor auferlegt“, so Schulz weiter.
Der Waller Beirat hat kürzlich einen Beschluss dazu gefasst, was seiner Meinung nach mit dem etwa 10.000 Quadratmeter großen Schulgrundstück geschehen sollte. Die Ortspolitiker möchten das Areal – und auch die Flächen von Freizi und Kita Haferkamp direkt daneben – gerne gezielt zum Wohle der Allgemeinheit weiterentwickeln und dabei möglichst auch gleich neue Räumlichkeiten für Freizi und Kita schaffen, die mittlerweile beide baufällig sind.
Ideensammlung bis Ende 2020
„Uns ist es wichtig, dass an diesem zentralen Standort in dem dicht besiedelten und kinderreichen Ortsteil Utbremen ein Quartiersbildungszentrum (QBZ) entsteht, das langfristig die sozialen Herausforderungen im Ortsteil auffangen wird und Zukunftsimpulse in die Stadtgesellschaft hinein sendet. Zudem halten wir dort die Erstellung von Wohnungen für erforderlich, insbesondere für Familien“, heißt es in einem Beschluss, auf den sich im November alle Beiratsfraktionen (bei Enthaltung der AfD) geeinigt hatten.
Dementsprechend fordert der Waller Beirat nun von Sozialressort, Bildungsressort, Bauressort, Wirtschaftsressort und Finanzressort, gezielte Maßnahmen für die Schaffung eines QBZ in Utbremen in die Wege zu leiten. Die Fraktionen von Grünen, SPD und Linken, die den Antrag erarbeitet haben, haben auch bereits genaue Vorstellungen zum zeitlichen Ablauf. Demnach sollen in einer Entwicklungsphase bis Ende 2020 in Zukunftswerkstätten oder an Runden Tischen Ideen für das QBZ gesammelt werden und dabei vor allem auch Anwohner, Kinder, Jugendliche, Senioren und die Träger von Kita und Freizi einbezogen werden. In den Jahren 2021 und 2022, so der Beirat, könnten dann auf der Grundlage der in Phase eins entwickelten Ideen Gebäude, Außenanlagen und Konzepte geplant und sodann von 2023 bis 2024 gebaut werden.
„Wir wollen jetzt mit denen, die dort wohnen, anfangen, Ideen zu entwickeln“, sagt Christof Schäffer (Grüne). „Wir wünschen uns, dass die Wohnungen, die in Utbremen neu entstehen werden, von Genossenschaften oder Baugruppen gebaut und bewohnt und verwaltet werden“, erklärt Schäffer. Dies habe zum einen den Vorteil, dass zukünftige Bewohner als Teilhaber an allen Entscheidungen teilnehmen könnten. „Der zweite große Vorteil, vor allem langfristig betrachtet, ist, dass dieses dann spekulationsfeste Wohnformen sind. Wir möchten, auch im Angesicht der aktuellen Wohnungskrise, die Spekulation mit Bauland und Wohnungen zurückdrängen, weil diese dazu führt, dass einige wenige Besitzer reicher und viele Mieter und Mieterinnen ärmer werden.“ Die Förderung spekulationsfester Wohnformen sei bereits ein Mega-Trend in deutschen Großstädten, sagt er: „Bremen hinkt da noch etwas hinterher.“ Der Beirat wolle „nach dem katastrophalen Ausverkauf der Überseestadt“ in Utbremen andere Akzente setzen, „die hoffentlich in der Stadt und im Lande Bremen Aufmerksamkeit und Unterstützung bekommen.“
Quartierszentren in Bremen
Ein Quartiersbildungszentrum (QBZ), in dem Kinder, Eltern und alle aus der Nachbarschaft Beratung, Gesellschaft und Angebote finden: Die Idee, mehrere QBZ in der Stadt einzurichten, kam 2008 auf. Vorbild ist unter anderem Groningen, wo seit zwei Jahrzehnten jeder Stadtteil eine „Vensterschool“ bekommen hat, in der Bildungs- und Betreuungsangebote koordiniert und unter einem Dach angeboten werden. Das im November 2011 eröffnete QBZ Robinsbalje in Huching war Vorreiter in Bremen. Im April 2011 eröffneten die damalige Bildungssenatorin Renate Jürgens-Pieper (SPD) und Sozialsenatorin Ingelore Rosenkötter (SPD) Bremens zweites QBZ Blockdiek in Osterholz, in dem nun verschiedene Einrichtungen unter einem Dach Beratungen und Kurse für Kinder und Eltern anboten. Seit April 2015 gibt es mit dem QBZ Morgenland die dritte Einrichtung dieser Art in Bremen, mit der gezielt die Gröpelinger Bildungslandschaft gestärkt und die dortige schulische und außerschulische Bildung miteinander verzahnt werden sollen, um die Bildungschancen der Kinder und Jugendlichen im Stadtteil zu verbessern.