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Golden City und Himmelhöft Aussprache mit Kritikern von Freiluftpartys in Bremen

Trotz Kritik einzelner Bewohner überwiegen die besonnenen Stimmen in Woltmershausen beim Thema Freiluftpartys. Ob junge Partymacher konkrete Unterstützung bekommen, ist noch offen.
23.08.2018, 09:50 Uhr
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Aussprache mit Kritikern von Freiluftpartys in Bremen
Von Karin Mörtel

Das erwartete Getöse ist ausgeblieben, obwohl der Kulturausschuss des Woltmershauser Beirates am Dienstagabend zu einer durchaus heiklen Aussprache eingeladen hatte: Erfahrungsberichte zu Feiern unter freiem Himmel im Stadtteil erhofften sich die Ortspolitiker von Bürgern und Veranstaltern. Und die sind nicht immer positiv, berichteten zwei verärgerte Anwohner aus Rablinghausen.

Von Veranstalterseite hatte sich außer Alex Becker vom Projekt „Golden City“ am Lankenauer Höft auch André Stuckenbrok vom Verein „Wanderlust“ für Auskünfte zur Verfügung gestellt. Der Verein hatte zuletzt Mitte August das „Himmelhöft“-Festival am Lankenauer Höft veranstaltet. „Ich habe außerdem Kontakt zu einigen Partykollektiven in der Stadt und begleite auch ein paar davon mit technischer Ausrüstung und Beratung“, sagte Stuckenbrok.

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„Wir haben davon gehört, dass es zu einzelnen Veranstaltungen Beschwerden gegeben hat, darum wollen wir hier ausdrücklich nochmals über alle Freiluftveranstaltungen reden, und nicht nur über Partys, die nach dem Freiluftpartygesetz stattfinden“, erläuterte Ortsamtsleiterin Annemarie Czichon den Hintergrund der offenen Diskussionsrunde.

Anrufe bei der Polizei zeigten keine Wirkung

„Meine Frau und ich leiden unter den Freiluftpartys bis in die frühen Morgenstunden“, beklagte sich sogleich Manfred Schütte aus Rablinghausen. Er könne die Lärmquelle zwar nicht immer zuordnen. „Doch die Bässe dröhnen auch durch die geschlossenen Fenster und stören unseren Schlaf“, so Schütte. Drei Nächte zählte er auf, an denen er den Lärm von Open-Air-Veranstaltungen zu spüren bekommen habe. Anrufe bei der Polizei hätten keine Wirkung gezeigt.

Er fordere vom Beirat daher, auch die beiden letzten Flächen im Stadtteil, auf denen spontane Partys mit elekronisch verstärkter Musik nachts noch erlaubt sind, als Veranstaltungsorte auszuschließen, sagte Schütte. Dabei handelt es sich um die Landzunge am Hohentorshafen und um den Strand unterhalb vom Lankenauer Höft.

Auch ein weiterer Rablinghauser beschwerte sich über Veranstaltungen, die dicht aufeinander im Juli sein Ruhebedürfnis gestört hätten. „Im Freiluftpartygesetz ist ein Abstand von 18 Tagen zwischen zwei Partys vorgesehen, daher bin ich aus allen Wolken gefallen, warum dazwischen noch weitere Feste am Lankenauer Höft genehmigt wurden“, beklagte der Anwohner. Besonders in der Nähe zum Neustädter Hafen seien die Menschen lärmgeplagt. „Wenn dann am Wochenende noch zusätzlicher Lärm zu hören ist, ist das schlimm für uns.“

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Mindestens eine der beklagten Störungen sei vom anderen Weserufer herübergeweht, versicherten André Stuckenbrok und Revierleiter Werner Oltmann im Einklang. „Am Pier 2 war eine sehr Laute Draußenveranstaltung, die zeitgleich zum Himmelhöft-Festival lief“, sagte Stuckenbrok. Das Festival am Lankenauer Höft hingegen sei in der Umgebung kaum zu hören gewesen. „Wir haben uns viel Mühe beim Aufstellen der Anlage gegeben und sind nachts herumgefahren, um den Lärm zu messen“, sagte der erfahrene Musikveranstalter. Fachausschussmitglied Florian Dietrich (CDU) wies darauf hin, dass auch Sportvereine und Kleingärtner im Stadtteil gelegentlich lautstark feiern. „Das kann man nicht immer ermitteln, wo das herkommt, aber das sind nicht immer die jungen Leute mit Technopartys“, warb Dietrich für eine differenzierte Betrachtungsweise.

Aus polizeilicher Sicht eine positive Entwicklung

Dass die Woltmershauser besonders empfindlich auf Partylärm reagieren, kann Revierleiter Oltmann gut verstehen: „Das Festival 'Außerhalb' hat vor zwei Jahren an der Senator-Apelt-Straße den Anwohnern sehr viel zugemutet und viel verbrannte Erde hinterlassen“, vermutet er als Grund. Das habe allerdings mit den Partys nach dem Freiluftpartygesetz sowie den weiteren angemeldeten Veranstaltungen im Stadtteil unter freiem Himmel nichts zu tun. „Aus polizeilicher Sicht sind die bisherigen Partys im Jahr 2018 völlig geräuschlos verlaufen, das ist für uns eine sehr positive Entwicklung“, so Oltmann. Ihm seien bislang keine Beschwerden bekannt außer den zwei Wortmeldungen der Sitzung.

Die Zahl der Anmeldungen sei darüber hinaus im Vergleich zu 2017 drastisch gesunken: Im laufenden Sommer habe es bislang nur je vier Freiluftpartys an den beiden erlaubten Stellen gegeben. Laut Gesetz wären sieben innerhalb einer Saison erlaubt. Bemerkenswert findet der Polizist auch, „dass ausnahmslos alle jungen Partymacher sich vorbildlich an die Auflage gehalten haben, den Platz bis morgens um 10 Uhr sauber zu hinterlassen“, lobte Oltmann. Ungeachtet dessen habe er aber Verständnis dafür, wenn sich einzelne Personen je nach Windrichtung und baulicher Situation gestört fühlten.

Zu einer ähnlichen Bewertung kamen auch die Ausschussmitglieder. Daher war schließlich keine Rede mehr davon, im Stadtteil Freiluftpartys gänzlich zu verbieten. „Keiner der Feiernden will die Nachbarn stören“, versicherte indes André Stuckenbrok, der auch Lärmberatungen für Partyveranstalter durchführt. Er warb hingegen dafür, besonders den unerfahrenen Neulingen dabei zu helfen, ihre Technik so auszurichten, dass die Bässe in der Umgebung nicht mehr laut zu hören sind. Sein Vorschlag: Ein professioneller Workshop der Stadt könnte den jungen Leuten Fachwissen vermitteln – in ähnlicher Weise wie es bereits im Auftrag der Wirtschaftsförderung zum Thema Brandschutz geschehen sei.

Beiratssprecherin Edith Wangenheim zeigte sich begeistert von dem Vorschlag, technische Empfehlungen für die einzelnen Orte an Partyveranstalter weiterzugeben. „Ob wir eine Mehrheit im Beirat dafür finden, die Finanzierung eines Workshops zu fordern, müssen wir aber erst klären“, sagte Wangenheim auf Nachfrage.

„Es kann nicht Ziel sein, alle Partys zu verbieten, aber wir können daran arbeiten, dass sie noch geräuschloser ablaufen“, plädierte auch Alex Becker für eine generationenübergreifende Lösung. Ihm gefalle die Technomusik auch nicht, „aber die jungen Leute haben auch einen Anspruch darauf, auf ihre Art kreativ zu werden.

Info

Zur Sache

Das Freiluftpartygesetz

Das Bremer „Freiluftpartygesetz“ legt fest, dass die Veranstalter spätestens 24 Stunden vor Beginn der Party den Behörden Bescheid geben müssen, wann und wo sie auf öffentlichem Grund mit anderen, meist jungen Menschen zu elektronischer Musik die Nacht durchtanzen wollen. Sie dürfen öffentlich nicht für das Event werben und dürfen keine Einnahmen aus Eintrittsgeldern oder dem Verkauf von Speisen und Getränken erzielen. Das Ortsgesetz sieht vor, mit diesem vereinfachten Anmeldeverfahren maximal sieben Freiluftpartys im Jahr an derselben Stelle zu erlauben, die einen Mindestabstand von 18 Tagen einhalten müssen. Die Partymacher müssen sicherstellen, dass keine übermäßige Lärmbelästigung der Nachbarschaft stattfindet. An diese Punkte reihen sich noch etliche weitere Verbote und Regeln.

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