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Hörkino: Gabriele Stötzer berichtet über ihre Zeit im „Mörderinnenbau“ der ehemaligen DDR Stasi-Machenschaften hautnah erlebt

Altstadt. Mit ihrem Feature „Frauenzuchthaus Hoheneck – Demütigung, Willkür, Verrat“ hat Gabriele Stötzer ihrer Erinnerung an die Haftzeit in der damaligen DDR einen Raum gegeben. Ausgestrahlt wurde das Feature vom Hörkino im SWB-Kundencenter.
08.09.2013, 00:00 Uhr
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Von Christiane Tietjen

Mit ihrem Feature „Frauenzuchthaus Hoheneck – Demütigung, Willkür, Verrat“ hat Gabriele Stötzer ihrer Erinnerung an die Haftzeit in der damaligen DDR einen Raum gegeben. Ausgestrahlt wurde das Feature vom Hörkino im SWB-Kundencenter. Die Veranstaltung des Bremer Medienbüros unter Leitung von Charly Kowalczyk und Beate Hoffmann sendet jeden ersten Mittwoch im Monat Radio-Geschichten in Anwesenheit der Autoren.

23 Jahre alt war Gabriele Stötzer, als sie als „Kopf einer staatsfeindlichen Gruppe“ wegen eines Protests gegen die Biermann-Ausbürgerung verhaftet und zu einer einjährigen Haftstrafe im berüchtigten Frauenzuchthaus Hoheneck verurteilt wurde. In dem dunklen, kalten Burgenbau im Erzgebirge, im Volksmund „Mörderinnenbau“ genannt, waren damals fast 2000 Gefangene inhaftiert. Politische so wie sie und Kriminelle, auf engstem Raum zusammengepfercht, schikaniert und misshandelt von den Erzieherinnen und Wachtmeisterinnen, den „Wachteln“.

Eine menschliche Hölle für die jungen Frauen, deren Leben noch gar nicht begonnen hatte. 33 in einer Zelle mit Stockbetten, „Verwahrraum“ genannt. Schwere Arbeit in drei Schichten, am Wochenende Sonderschichten. Das Land war auf die wirtschaftlichen Erträge angewiesen. Verweigerte eine Frau die Arbeit wegen Krankheit, ging es in die „Tigerzelle“. Ein gefürchteter Horror war auch die modrige „Wasserzelle“ im Keller.

Schreiben wurde für Gabriele Stötzer zum Mittel, um zu überleben. Obwohl die Stasi-Machenschaften immer perfider wurden, betrachtete sie sich als Sozialistin und wollte sich nicht in den Westen freikaufen lassen, sondern in der DDR bleiben. Ihre Familie sei ihr immer eine große Stütze gewesen, sagt Stötzer. Als Künstlerin nutzte sie nach ihrer Haftentlassung einen sehr kleinen Freiraum, um sich auszudrücken und mit anderen im Untergrund zu arbeiten. Oft war ihr dabei auch der Kontakt zur Schriftstellerin Christa Wolf von Nutzen.

Erst nach 50 Jahren brachen einige der Frauen, die in Hoheneck inhaftiert waren, ihr Schweigen. Sie ließen quälende Erinnerungen Revue passieren: Zwangsadoption ihrer dort geborenen Kinder, Misshandlungen, die Unmöglichkeit, in ein normales Leben zurückzukehren. Durch die Nähe ähnlicher Erfahrungen gelang es Gabriele Stötzer, offene und sehr dichte Interviews zu machen. Eingestreute Geräusche vom Zuschlagen schwerer Eisentüren oder dem Klappern eines Schlüsselbundes untermalten die Beklemmung, die sie beim Publikum bewirkt hatten.

Erst beim anschließenden Gespräch mit der Autorin löste sich die lastende Spannung. Ihre Beobachtungsgabe, ihre gleichmütige Lebensphilosophie und ihr trockener Humor wirkten befreiend. „Einer der berührendsten Abende des Hörkinos“, kommentierte die Veranstalterin Beate Hoffmann.

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