Er stinkt zum Himmel, der Müllberg, der im Kleingartengebiet "Neustadt Süd" heranwächst. Angegammelte Pommes liegen zwischen kaputten Fahrrädern, alten Regentonnen und undichten Farbeimern. Wo normalerweise Vereinsmitglieder ihre Autos vor grünen Hecken parken, ragt nun eine durchgesessene Sofaecke in der Mitte des Müllbergs empor.
Etwa zehn mal 30 Meter groß ist die illegale Abfallhalde. In der prallen Sonne glänzen Toilettenschüsseln und Lackspraydosen. Die Kleingärtner sehen sich mit der Entsorgung dieser Mengen an Unrat überfordert, doch Hilfe seitens der Stadt ist derzeit nicht zu erwarten. "Dieser Anblick spottet jeder Beschreibung", ärgert sich Folkhard Promp und schaut auf den Müllberg direkt hinter seiner Parzelle. Gemeinsam mit seiner Frau dokumentiert er seit Mitte April, wie sich die illegale Ablagerung nahezu täglich weiter ausbreitet.
Wenn er mitbekommt, dass eine weitere, unerwünschte "Lieferung" ankommt, schickt er die Leute auch schon mal wieder weg. Weil er beobachtet hat, dass sich mittlerweile auch schon Ratten auf dem Gelände tummeln, informierte er das Gesundheitsamt. Ortsamt und Polizei hat er ebenfalls alarmiert. "Aber es tut sich nichts, das kann doch nicht sein", sagt der Kleingärtner und schüttelt den Kopf.
"Die Keimzelle des Problems sind ein paar Säcke von der Aktion 'Bremen räumt auf' gewesen, die nicht sofort abgeholt wurden", erinnert sich Wilfried Kracke aus dem Vereinsvorstand von "Neustadt Süd". Immer mehr Menschen hätten daraufhin dort unbemerkt ihren eigenen Müll aus Gärten und Häusern entsorgt. Manche sollen mit Transportern und Autos vorgefahren sein, um offenkundig nach einer Renovierung Möbel und Bauutensilien loszuwerden.
"Der Stadtteil benutzt uns als Müllkippe, das ist nicht in Ordnung", schimpft Kracke. Zunächst habe er nach einem Gespräch mit Vertretern von Entsorgung Nord (Eno) noch die Hoffnung gehabt, das Problem könne gemeinsam mit der Stadt gelöst werden, sagt er. Von Kosten zwischen 5000 bis 10.000 Euro gehen Fachleute schätzungsweise bei der derzeitigen Menge aus.
Die Abmachung: Der Verein entsorgt den Teil, der wahrscheinlich von den Kleingärtnern selbst verursacht wurde. Und die Stadt übernimmt den Sperrmüll, der reichlich aus der ferneren Umgebung angeliefert wurde. "Diese Lösung wollen wir noch immer, aber vonseiten der Stadt hat sich das mittlerweile leider erledigt", bedauert Kracke.
Keine offizielle Sammelstelle
Den Grund dafür liegt nach Ansicht der Eno, die im Auftrag der Stadt handelt, und ebenfalls aus Sicht der Bremer Stadtreinigung an den Besitzverhältnissen des verunreinigten Grundstücks: "Auf Privatgrund fahren wir grundsätzlich nicht ab, dafür sind die Eigentümer, also in diesem Fall die Vereine, zuständig", sagt Antje von Horn, Sprecherin der Stadtreinigung.
Sie sieht in dem aktuellen Fall ein Extrembeispiel dafür, wie auch an vielen anderen Orten der Stadt vorgegangen wird. "Es steht ein bisschen Müll an einer Stelle, und sofort fühlen sich manche Menschen animiert, ihren eigenen Müll und Schrott dazu zu stellen." Die Projektleiterin der Aktion "Bremen räumt auf", Marion Stiller-Tesch, bestreitet indes jegliche Verantwortung der Stadt für die illegale Müllhalde.
"Das war keine offizielle Sammelstelle, die wir bei der Abfuhr der Säcke ansteuerten." Wenn dort jemand dennoch die Säcke der Aufräumaktion unabgesprochen abgestellt habe, "sind wir da außen vor", so Stiller-Tesch. Eine Kostenbeteiligung bei der Beseitigung des Mülls komme daher auf Basis dieser Argumentation nicht infrage.
"Damit darf die Stadt uns nicht alleine lassen"
Leider missbräuchten einige Bremer häufiger die Aktion, die auf ehrenamtlicher Mithilfe basiert. "Aber 'Bremen räumt auf' ist weder eine stadtweite Sperrmüllaktion noch eine Entrümpelungsaktion für Kleingärten", betont die Projektleiterin. Genau deswegen würden die Müllsammelstellen auch gezielt abseits von Kleingartenanlagen eingerichtet.
Wer illegal Müll entsorgt, begeht eine Ordnungswidrigkeit und muss je nach Umfang und Gefahr, die von seinem Unrat ausgeht, mit Bußgeldern in Höhe von 500 bis zu 2500 Euro rechnen. Mittlerweile hat der Kleingartenverein nach eigenen Angaben Anzeige gegen Unbekannt gestellt – auch in der Hoffnung, über die Verursacher die dringend nötige Abfuhr mitfinanzieren zu können.
"Wir sind weiterhin gesprächsbereit, weil wir die Verantwortung für den Teil übernehmen wollen, den wahrscheinlich unsere Mitglieder dorthin gestellt haben", betont Kracke vom Vereinsvorstand "Neustadt Süd". Die Abfuhr der gesamten Menge zu organisieren und zu bezahlen, überfordere allerdings seinen und den benachbarten Verein, ergänzt sein Vorstandskollege Günther Schneider: "Damit darf die Stadt uns nicht alleine lassen."