Zwei Punkte sind dem Bremer Polizeisprecher Nils Matthiesen beim Thema Straßenkriminalität wichtig: Zum einen, dass es nach wie vor in Bremen keine sogenannten No-go-Areas gebe, also Bereiche, in die sich besser niemand trauen sollte. Zum anderen, dass in den durch Kriminalität oder Unsicherheit besonders belasteten Brennpunkten vermehrt Streifenwagen und Polizisten in zivil unterwegs sind und dort immer wieder gezielte Schwerpunktmaßnahmen durchgeführt werden. Als Brennpunkte in Bremen gelten derzeit drei "besondere Kontrollorte". So bezeichnet die Polizei Orte, an denen Straftaten von erheblicher Bedeutung verabredet, vorbereitet oder verübt werden. Aktuell sind dies der Bereich von Hauptbahnhof und Bahnhofsvorstadt, das Ostertor- und Steintor-Viertel sowie Gröpelingen-Mitte.
- Hauptbahnhof/Bahnhofsvorstadt: Im Umfeld des Bahnhofes kommen verschiedene Problemgruppen zusammen. Allem voran der öffentlich wahrnehmbare Drogenhandel. In dessen Fahrwasser aber auch gewalttätige Verteilungskämpfe innerhalb der Händlerszene oder Auseinandersetzungen innerhalb der Konsumenten- oder Alkoholszene. Eine hohe Anzahl von Körperverletzungsdelikten registriert die Polizei zudem in direkter Nachbarschaft zum Hauptbahnhof, an der Diskomeile.
- Ostertor-/Steintorviertel: Das Ostertor- und Steintorviertel ist als Erwerbsquelle für Betäubungsmittel jeglicher Art bekannt. Das Viertel mit seinen vielen kleinen Läden und Gastronomiebetrieben ist Anziehungspunkt für viele Menschen aus Bremen und Umland, macht es aber auch attraktiv für Straftäter, die hier Diebstahls- und Raubtaten begehen. Vorfälle, die bei kleinster Gegenwehr schnell in Gewalt münden können, sagt die Polizei, gerade auch in Kombination mit Alkohol und Betäubungsmitteln.
- Gröpelingen Mitte: In der Gröpelinger Heerstraße und im Grünzug West konzentrieren sich Straftaten der allgemeinen Straßenkriminalität. Auffällig sind hier laut Polizei insbesondere Rohheitsdelikte wie Körperverletzungen, Raub, Eigentumsdelikte und Wohnungseinbruchdiebstahl sowie Delikte der Betäubungsmittelkriminalität.
Beleuchtete und belebte Umfelder sind am sichersten
Wer im öffentlichen Raum Angst vor Übergriffen hat, kann mithilfe bestimmter Verhaltensweisen sein Sicherheitsgefühl stärken, etwaige gefährliche Situationen rechtzeitig erkennen und entschärfen sowie potenzielle Täter von ihrem Handeln abhalten, sagt Matthiesen. Straßenräuber suchen zur Tatbegehung vorwiegend dunkle und abgelegene Straßen, Wege oder Plätze auf. "Meiden Sie deshalb solche Orte und nehmen Sie gegebenenfalls lieber Umwege in Kauf. Benutzen Sie beleuchtete und belebte Straßen."
Zudem spähen Täter ihre Opfer zumeist unter dem Gesichtspunkt aus, dass das Risiko, erwischt zu werden, möglichst gering ist. Alkoholisierte Personen bieten sich deshalb aus Tätersicht als bevorzugte Raubopfer an, sagt Matthiesen und rät nach dem Genuss alkoholischer Getränke für den Heimweg öffentliche Verkehrsmittel oder Taxis. Da Straßenräuber unerkannt bleiben wollen, sollten die Umgebung und verdächtige Personen aufmerksam beobachtet werden und bei verdächtigen Wahrnehmungen die Nähe anderer Personen oder Gruppen gesucht werden, lautet ein anderer Ratschlag der Polizei. "Oftmals lassen Täter von ihrem Vorhaben ab, wenn sie sich beobachtet fühlen oder sich die Situation geändert hat, weil das ausgespähte Opfer nicht mehr alleine ist."
Wer trotzdem Opfer einer Raubstraftat wird, sollte versuchen, so gut wie möglich die Ruhe zu bewahren. "Prägen Sie sich nach Möglichkeit den oder die Täter und den Handlungsablauf genau ein", sagt Matthiesen. "Und bitten Sie Passanten und andere Beobachter der Straftat, sich als Zeuge zur Verfügung zu stellen." In jedem Fall sollte unverzüglich die Polizei informiert werden.
Auf Wunsch ist am Bremer Hauptbahnhof "Begleitung" per Videoüberwachung möglich
Wer sich am Hauptbahnhof unsicher fühlt, kann zu einer der drei an den Bahnsteigen der BSAG aufgestellten Kontaktsäulen gehen (Anfang und Ende Gleis B/C, Mitte Gleis F) und durch das Betätigen einer Taste direkt mit der Polizei sprechen. Dafür müssen keine Straftaten oder Notfälle vorliegen. Die Säulen wurden von Polizei und BSAG zusammen entwickelt und sind rund um die Uhr barrierefrei und kostenlos zu erreichen.
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Sie sollen nicht den Polizeinotruf 110 ersetzen, sondern als niedrigschwelliges Angebot zur direkten Kontaktaufnahme mit der Polizei dienen und damit das Gefühl von Sicherheit für Fahrgäste und Passanten stärken. Auf Wunsch ist auch eine "Begleitung" durch die Videoüberwachungsanlage am Hauptbahnhof bis zum Einstieg in Bus oder Straßenbahn beziehungsweise bis zum Eintreffen einer Polizeistreife möglich. Die Kontaktsäulen gibt es seit knapp zwei Jahren. Sie wurden seither mehr als 1000 Mal ausgelöst.
Waffen sollten auch nicht zu Verteidigungszwecken mitgeführt werden
Vielleicht die dringlichste Sicherheitsempfehlung der Polizei für alle, die in Bremen unterwegs sind: "Führen Sie keine Waffe mit sich, auch nicht zu Verteidigungszwecken."
Schreckschusspistole, Messer oder auch Pfefferspray bieten trügerische Sicherheit, warnt die Polizei. Sie können die eigene Risikobereitschaft erhöhen und damit zur Gewalteskalation beitragen. Waffen können dem Träger abgenommen und gegen ihn selbst eingesetzt werden. Und Waffen erschweren Helfern und der Polizei zu erkennen, wer Täter und wer Opfer ist. Da Schreckschusswaffen kaum von echten Waffen zu unterscheiden sind, können sie schlimmstenfalls zum Schusswaffengebrauch der Polizei führen. Zudem kann der Einsatz von Waffen ungewollt zu lebensgefährlichen Verletzungen führen und damit zu erheblichen strafrechtlichen und finanziellen Folgen.
Als Alternative zu Waffen bietet sich aus Sicht der Polizei ein sogenannter Schrillalarm an, auch Taschenalarm genannt. Bei dessen Auslösen erklingt ein lauter schriller Ton, der Umstehende auf das Geschehen aufmerksam macht. Ziel ist dabei, dass der Täter angesichts möglicher Zeugen von der Tat ablässt.