Gisela Hechler hat die Konsequenzen gezogen. Die Mitinhaberin der Hechler & Twachtmann Immobilien GmbH wird den Firmensitz an der Parkallee aufgeben. "Die jetzt im Verkehrausschuss des Schwachhauser Beirats angekündigte Planung, zugunsten eines neuen Fahrradschutzstreifens über 20 Parkplätze abzuschaffen, ist der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen bringt", sagt die Maklerin.
Die Parksituation auf dem Abschnitt zwischen Rembertitunnel und Stern sei schon immer angespannt gewesen. Die 2014 umgesetzte Umwidmung der rund 400 Meter langen Strecke als Fahrradstraße habe das Problem zusätzlich verschärft. "Aber nun ist Schluss, wir sind auf unsere Firmenfahrzeuge angewiesen", bekräftigt Hechler, die ein neues Büro in der Schwachhauser Heerstraße beziehen will.
Schräg gegenüber auf der anderen Straßenseite hat die Jonas KG ihren Sitz. Von hier aus werden die Geschicke von über 20 Tabakläden vor allem in norddeutschen Bahnhöfen gesteuert. Seniorchef Hans Hasso Jonas würde es bedauern, die seit 1956 in der Parkallee ansässige Firma nach Niedersachsen zu verlegen, wie es sein Sohn und Geschäftsführer Martin Jonas angekündigt hat, sollten die Parkplätze zugunsten der Radfahrer verschwinden.
„Aber wir bekommen täglich Warenanlieferungen, unsere Mitarbeiter müssen irgendwo parken. Man sollte es beim aktuellen Zustand belassen.“ Das dürfte auch die Mehrheit der knapp 100 Gewerbetreibenden so sehen, die es nach Angaben der Handelskammer auf dem kurzen Abschnitt gibt. Der für Verkehrsthemen zuständige Referent Olaf Orb zweifelt die grundsätzliche Notwendigkeit an, hier noch einmal tätig werden zu müssen.
„Wir können nicht erkennen, dass es in dem zu betrachtenden Straßenabschnitt tatsächlich zu ernsthaften Konflikten zwischen Rad-und Autofahrern, unzumutbaren Verkehrsverhältnissen oder belegbaren Unfallhäufigkeiten gekommen ist.“ Die Planer des Amtes für Straßen und Verkehr (ASV) haben eine andere Bewertung.
Gunnar Polzin von der Verkehrsbehörde hatte in der jüngsten Sitzung des Verkehrsausschusses des Schwachhauser Beirats Mitte Dezember das Konzept Fahrradstraße an dieser Stelle für gescheitert erklärt. Deshalb halte man nun einen rund 2,50 Meter breiten Schutzstreifen jeweils am rechten Fahrbahnrad für geeigneter, um dem Radverkehr einen sicheren Raum anzubieten.
Gut 60 Parkplätze würden weg fallen
Der Autoverkehr würde auf der über drei Meter breiten verbleibenden Fahrspur wieder getrennt vom Radverkehr fließen. Die auf dem künftigen Schutzstreifen bislang offiziell ausgewiesenen 16 Parkplätze wären damit Geschichte und nach Einschätzung des ASV auch kein entscheidender Verlust.
Dem halten die Anwohner die reale Parksituation entgegen, denn tatsächlich werden auch die Bereiche zwischen den offiziellen markierten Parkplätzen gerne für das Parken in zweiter Reihe genutzt, zusätzlich zu den von allen Planungen unberührten Parkbuchten zwischen Bürgersteig und Fahrspur. „Das sind zusätzlich rund 20 inoffizielle Parkplätze in jeder Fahrtrichtung“, berichtet Jens Fiesel.
So gesehen würden gut 60 Parkplätze wegfallen. „Das werde man mit Sicherheit bemerken“, meint der Anwohner. Um den Parkdruck im Quartier zu verdeutlichen, hat sich Fiesel außerdem die Mühe gemacht und mal die Klingelschilder zwischen Tunnel und Stern durchgezählt. Demnach gibt es 280 Haushalte entlang der Fahrradstraße.
Bessere Beschilderung und eindeutigere Verkehrsführung
„Davon habe ich mit rund 70 gesprochen, die allesamt für den grundsätzlichen Erhalt der Fahrradstraße inklusive der Parkplätze plädieren“, berichtet er. Denn ähnlich wie die Handelskammer sähen auch die Anwohner das behauptete Problem gar nicht. „Über 95 Prozent der Auto- und Radfahrer verhalten sich hier unauffällig und nehmen Rücksicht aufeinander“, sagt Fiesel.
Und wenn dann tatsächlich ein Autofahrer ungeduldig hinter einem Radler herzuckle oder gar hupe, sei das ja noch kein schwerwiegender Konflikt. „So etwas muss man in dieser zentralen Lage einer Großstadt auch mal aushalten.“ Im übrigen sei der Zeitgewinn durch Überholen der Radler auf dem Abschnitt lächerlich gering.
Aus Sicht vieler Anwohner könnte das vermeintliche Problem bereits mit besserer Beschilderung und einer eindeutigeren Verkehrsführung gelöst werden. „Vielen Autofahrern ist möglicherweise nicht klar, dass eine Fahrradstraße automatisch Tempo 30 bedeutet und entsprechende Hinweisschilder zur Geschwindigkeitsbegrenzung fehlen“, meint Fiesel. Ein weiterer Vorschlag der Anwohner: Einen rot markierten Fahrradstreifen jeweils auf der linken Fahrbahnseite entlang des Mittelstreifens.
Der sollte zwar auch von Autofahrern befahren werden dürfen, der Vorrang der Radler wäre dann aber sofort deutlich. „Und die Parkplätze in der zweiten Reihe könnte man dann im Grunde allesamt offiziell machen.“ Eine andere Variante wäre der Rückbau des immer noch vorhandenen Radweges neben dem Bürgersteig, sodass entlang der kompletten Strecke Schrägparkplätze entstehen könnten.