Die Unterweser wird möglicherweise gegen den politischen Willen Bremens vertieft. Ein geplantes Bundesgesetz, das sich gerade in einem Abstimmungsprozess mit den Ländern befindet, eröffnet diese Perspektive. Niedersachsen drängt auf eine Berücksichtigung der Fahrrinnenvertiefung zwischen Brake und Bremerhaven. Bremens rot-grün-rotes Regierungsbündnis sieht ein Ausbaggern der Unterweser dagegen grundsätzlich kritisch. Im Koalitionsvertrag ist der Abschnitt zwischen Brake und Bremen aus Hochwasserschutz- und ökologischen Gründen sogar ausgeschlossen.
Das Bundesgesetz, das insbesondere Umweltsenatorin Maike Schaefer (Grüne) nervös macht, trägt die sperrige Bezeichnung „Gesetz zur Vorbereitung der Schaffung von Baurecht durch Maßnahmengesetz im Verkehrsgesetz“, kurz Maßnahmengesetz-Vorbereitungsgesetz (MgvG). Gedacht ist es als Instrument zur Beschleunigung großer Infrastrukturprojekte, also etwa des Ausbaus von Schienennetz und Wasserwegen. Solche Projekte bleiben in Deutschland oft über viele Jahre in Verwaltungsverfahren und anschließenden juristischen Auseinandersetzungen stecken.
In der politischen Diskussion über den Wirtschaftsstandort Deutschland ist vor diesem Hintergrund schon häufig von Lähmung die Rede gewesen. Das MgvG soll Abhilfe schaffen, jedenfalls ist dies die erklärte Absicht von Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU). Baurecht könnte durch das neue Instrument in Einzelfällen per Gesetz geschaffen werden und nicht mehr wie üblich durch Verwaltungsverfahren. Dadurch würden allerdings auch Umweltverträglichkeitsprüfungen und das Klagerecht von Verbänden eingeschränkt, befürchtet man im Bremer Umweltressort.
Der Gesetzentwurf aus dem Hause Scheuer beinhaltet bereits eine erste Liste von Projekten, die durch das MgvG vorangetrieben werden sollen. Zu den zwölf Vorhaben zählt neben dem Ausbau des Nordostseekanals und der Bahnstrecke Halle-Magdeburg auch die Fahrrinnenvertiefung der Außenweser. Die Unterweser ist nicht enthalten, könnte aber noch auf die Liste gelangen. Jedenfalls dann, wenn sich Niedersachsens Wirtschaftsminister Bernd Althusmann (CDU) in Berlin Gehör verschafft. „Für den Seehafen Brake ist eine zeitnahe Fahrrinnenanpassung der Unterweser von entscheidender Bedeutung“, so Althusmann in einem Statement vor wenigen Tagen. „Auch der Seehafen Nordenham würde von diesem Ausbau profitieren.“
Bundesrat kann Gesetz nicht verhindern
Das MgvG befindet sich aktuell im Gesetzgebungsverfahren. Das Bundeskabinett hat den Entwurf bereits beschlossen und dem Bundesrat zur Erörterung zugeleitet. Verhindern kann die Länderkammer das Gesetz allerdings nicht. Sollte der Bundestag mit der Mehrheit der Großen Koalition zustimmen, wäre die juristische Beschleunigungsspur für große Infrastrukturprojekte eröffnet.
Noch hofft Umweltsenatorin Schaefer, dies abwenden zu können. Gemeinsam mit dem schwarz-grün regierten Hessen hat sie eine Stellungnahme verfasst, in der grundsätzliche Bedenken gegen das Gesetz geltend gemacht werden. Das MgvG ersetze „ein etabliertes Verfahren mit Richtlinien und rechtlich gesicherten Abläufen durch ein neues von unklaren Abläufen geprägtes Verfahren“. Kritisiert wird auch die Beschneidung der Einspruchsmöglichkeiten von Umweltverbänden. In einer separaten Stellungnahme zur Ausbaggerung der Außenweser rät das Bremer Umweltressort dem Berliner Verkehrsministerium von der Aufnahme in die Vorhabenliste ab.
Das entsprechende Planungsverfahren laufe bereits auf konventionellem Wege. Es zu unterbrechen, um die Baureife per Gesetz herbeizuführen, werde keinen Zeitgewinn bescheren, argumentiert das Haus von Maike Schaefer. Im SPD-geführten Häfenressort sieht man das anders. „Wir begrüßen die Aufnahme der Außenweser in das vom Bund vorgelegte Maßnahmengesetz“, erklärte ein Sprecher von Senatorin Claudia Schilling auf Anfrage. Berlin unterstreiche so die „herausgehobene Bedeutung dieses Vorhabens“.
Der weitere Zeitplan für das MgvG sieht als nächsten Schritt eine Beratung im Bundesratsplenum am Freitag vor Weihnachten vor. Der Bundestag wird sich im Januar in erster Lesung damit befassen. Maike Schaefer will im Rahmen ihrer Möglichkeiten weiter dagegenhalten. Sie hält es für einen „Skandal, dass Beteiligungsrechte von Bürgerinnen und Bürgern sowie Umweltverbänden ausgehebelt werden sollen. So schafft man definitiv keine Akzeptanz für solche Vorhaben.“