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Energiekrise Freimarkt sparsam beleuchtet

Das Volksfest verbraucht zwar soviel Strom, wie 250 Haushalte im Jahr. Umegrechnet auf den einzelnen Besucher ist das laut Schausteller aber weniger, als wenn man seine Freizeit stattdessen zu Hause verbringt.
26.08.2022, 05:00 Uhr
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Freimarkt sparsam beleuchtet
Von Timo Thalmann

Wer ein Volksfest besucht, verbraucht weniger Energie, als wenn er den Abend zu Hause verbringt. Das hat der Deutsche Schaustellerbund am Beispiel des Oldenburger Kramermarktes ausgerechnet. Mit seinen Modellrechnungen wollen die Schausteller möglichen Überlegungen zuvorkommen, im kommenden Herbst und Winter Volksfeste und Weihnachtsmärkte aus Energieerspargründen einzuschränken oder sogar vollständig abzusagen.

"Man muss den Gesamtverbrauch dieser Veranstaltungen mit Blick auf die Besucherzahl und anderen alternativen Freizeitaktivitäten bewerten", sagt Rudolf Robrahn, Vorsitzender des Schaustellerverbandes in Bremen. Die Schausteller haben nach seinen Worten an der Kurzstudie des Bundesverbandes maßgeblich mitgewirkt. Danach ergibt sich etwa für den Oldenburger Kramermarkt, der in zehn Tagen rund 450.000 Kilowattstunden Strom erfordert und etwa 1,2 Millionen Besucher verzeichnet, ein Pro-Kopf-Verbrauch von 0,375 Kilowattstunden. Für weitere große Volksfeste wurden Werte von 0,2 bis 0,44 Kilowattstunden je Besucher ausgerechnet, wobei An- und Abfahrtsverkehr nicht mit einbezogen wurde.

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ls Gegenrechnung wird der Energieverbrauch im heimischen Wohnzimmer für einen zweistündigen Film per Streamingdienst mit Pizza, Kaffee und begleitender Handynutzung angeführt. Er schlägt je nach Haushaltsgröße mit 0,7 bis 0,9 Kilowattstunden pro Person zu Buche. "Grundsätzlich benötigen wir auf den Festen außerdem vor allem Strom und kein Erdgas", sagt Robrahn.

Das Bremer Wirtschaftsressort sieht derzeit keinen Anlass, Volksfeste oder Weihnachtsmarkt wegen ihres Energieverbrauchs einzuschränken oder abzusagen. Bei der ab 1. September geltenden Energiesparverordnung des Bundeswirtschaftsministeriums sind nach Auffassung des Ressorts Volksfeste und Weihnachtsmärkte sogar ausdrücklich ausgenommen. Die Verordnung verbietet zunächst bis Ende Februar 2023 die Nutzung beleuchteter Werbeanlagen zwischen 22 Uhr und 16 Uhr des Folgetages. "Je nach Entwicklung der Energiekrise werden wir mögliche Einschränkungen aber immer wieder neu bewerten müssen", sagt Kristin Viezens, Sprecherin des für die Märkte zuständigen Wirtschaftsressorts.

Laut Thomas Wehmann, der mit seinem Elektrobetrieb für zahlreiche Großveranstaltungen und Märkte die Stromversorgung organisiert, geht der Verbrauch seit Jahren zurück. "Das liegt vor allem an der LED-Technik für die Beleuchtung", sagt der Elektriker. Diese habe sich etwa auf dem Freimarkt als Standard etabliert und den Verbrauch der Leuchtmittel um bis zu 90 Prozent gesenkt. "Der letzte reguläre Freimarkt 2019 vor Corona hat an 17 Tagen rund 900.000 Kilowattstunden benötigt", sagt Wehmann. Ohne LED-Technik waren es in früheren Jahren bis zu 1,3 Millionen Kilowattstunden. Gleichwohl entspricht der Strombedarf des Freimarktes damit dem Jahresbedarf von rund 250 Drei-Personen-Haushalten.

Die größten Verbraucher sind nach Wehmanns Angaben nicht die großen Fahrgeschäfte, sondern die Festzelte. "Eine Achterbahn zieht zwar in der Spitze für die Beschleunigung der Elektromotoren mehr Leistung, aber die durchgehende Beleuchtung, Kühlung, Heizung und der Küchenbetrieb in den Zelten braucht unterm Strich mehr Energie". Thomas Wehmann verweist auf das Open-Air-Konzert von Iron Maiden vor einigen Wochen auf der Bürgerweide, für das er insgesamt 5700 Kilowattstunden Strom abgerechnet hat. Das liegt knapp über dem Jahresverbrauch einer vierköpfigen Familie. "Davon entfiel die Hälfte auf das eigentliche Konzert, die andere Hälfte auf die begleitende Gastronomie." Umgerechnet auf die rund 35.000 Besucher des Spektakels fällt der Pro-Kopf-Verbrauch gleichwohl niedriger aus als bei der Rechnung der Schausteller: 0,16 Kilowattstunden pro Person.

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Nicht runterrechnen können die Anbieter die insgesamt gestiegenen Preise für Lebensmittel und Energie. "Wir versuchen als Schausteller für ein breites Publikum so knapp wie möglich zu kalkulieren", sagt Robrahn. Falls notwendig, suche der Verband auch das Gespräch mit einzelnen Schaustellern, wenn sie nach seiner Ansicht über Gebühr die Preise anziehen. "Das Freimarkt-Vergnügen 2022 wird aber leider teurer sein als in Vorjahren", verweist Robrahn. Das ergebe sich aus teilweise verdoppelten Einkaufspreisen für Lebensmittel und Bratfette sowie gestiegenen Benzinpreisen.

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