Ein Bummel über den Bremer Freimarkt könnte in diesem Jahr teurer werden als im vergangenen. Das geht schon bei den Bierpreisen los. Die Tendenz für ein Glas mit 0,3 Liter Bier liegt bei vier Euro. So viel kostete auch das Bier bei der Breminale vor zwei Wochen. Auf der gerade zu Ende gegangenen Rheinkirmes in Düsseldorf verlangten viele Wirte für ein Glas Pils mit 0,25 Litern 3,50 Euro – das würde umgerechnet 4,20 Euro bedeuten. Zum Vergleich: Auf der Osterwiese kostete im Riverboat ein 0,3-Liter-Pils 3,50 Euro.
Rudolf Robrahn, Vorsitzender des Vereins der Schausteller des Landes Bremen, appelliert an alle Schausteller: "Ein Volksfest muss volkstümliche Preise haben und bezahlbar bleiben." Andererseits sei es natürlich jedem selbst überlassen, wie er seine Preise gestalte. Nicht zu vergessen ist aber auch, dass für den Freimarkt bereits der höhere Mindestlohn von zwölf Euro pro Stunde greifen wird, der ab 1. Oktober in Kraft tritt.
Der Bremer Schausteller Albert Coldewey verlangte für seine kleine Tüte "Eis wie Sahne" auf der Rheinkirmes und auf der Breminale drei Euro, die Kindertüte gab es für 2,50 Euro. Coldewey hat derzeit den Blick auf ein anderes Problem gerichtet: "Ich finde kein Personal." Eigentlich wollte er als nächstes im Ruhrgebiet auf der Cranger Kirmes aufbauen, die normalerweise in etwa so viele Besucher anzieht wie der Bremer Freimarkt. "Die musste ich deshalb nun absagen." Gern wäre er dorthin gefahren. Schausteller Manfred Howey wird dagegen seinen "Happy Sailor" in Herne-Crange aufbauen, jedoch mit Verspätung: Ihm fehlen Mitarbeiter für den Abbau auf der Rheinkirmes. Zum Thema Personalmangel stellt Rudolf Robrahn fest: "Da geht es uns momentan genauso wie vielen anderen Branchen auch."
Wenn bis Oktober weiterhin so viele Ukrainer in Bremen sind, würde sich Robrahn freuen, wenn sich der eine oder andere für die Arbeit auf dem Freimarkt begeistern könnte: "Als wir auf der Osterwiese den kostenlosen Bummel für die geflüchteten Ukrainer veranstaltet hatten, fragten uns einige bereits nach Arbeit." Sollte das für den Aufbau des Freimarkts konkret werden, hofft Robrahn auf pragmatische Lösungen seitens der Behörden und der Politik.
Volksfest in Warstein aus Energiegründen abgesagt
Auch die Schausteller müssen sich inzwischen einem weiteren Thema stellen: dem Aufruf zum Energiesparen. "Ich wollte eigentlich im September in Warstein auf der Montgolfiade präsent sein. Die wurde aber nun abgesagt", sagt Robrahn. Der Druck auf die Veranstalter des Heißluftballonfestivals sei zu groß geworden. Dabei stellt der Schausteller fest: "Heißluftballons werden mit Propan und nicht mit Erdgas betrieben." Aus Energiespargründen müssten auf dem Freimarkt weder das Kettenkarussell noch der Breakdancer halb so schnell fahren. Robrahn: "Seit Jahren beziehen wir Schausteller dort Ökostrom, der unter anderem aus Windkraft stammt."
Der Deutsche Schaustellerbund (DSB) stellt dazu fest, dass auf Volksfesten in der Mehrheit Strom, nicht aber Gas verbraucht werde: für die Fahrgeschäfte, die Beleuchtung, die Beschallung und die Kühlung. Deutschland drohe nach gegenwärtigem Stand der Diskussion ein Erdgas-, aber kein Stromproblem, so der DSB. "Die Grills zur Zubereitung von Spießbraten und Bratwürsten, die Kessel zum Brennen unserer Mandeln, aber auch die Wohnwagen der Schausteller und ihrer Mitarbeiter werden mit Flüssiggas aus Flaschen beheizt."
Der Verband hat ausgerechnet, dass es auf Volksfesten einen Stromverbrauch von 0,375 Kilowattstunden pro Besucher gibt, als Beispiel wurde der Oldenburger Kramermarkt herangezogen. Binnen zehn Tagen Veranstaltung macht das bei rund 1,2 Millionen Gästen rund 450.000 Kilowattstunden Strom. Gleichzeitig rechnen die Schausteller vor: Das Anschauen eines gestreamten Films daheim würde für zwei Stunden 0,6 Kilowattstunden verbrauchen – also mehr als ein Kirmesbesucher an einem ganzen Abend.
Dass den Schaustellern die Standgebühren erlassen werden wie zur Osterwiese, ist vom Wirtschaftsressort nicht vorgesehen. "Es wird ein regulärer Freimarkt geplant", sagte Behördensprecherin Kristin Viezens. Einschränkungen bei der Zahl der Buden und Fahrgeschäfte gebe es nicht mehr. Derzeit werde ein Hygiene- und Sicherheitskonzept erarbeitet. Corona-Kontrollen sind derzeit nicht geplant. Je nach Rechtslage im Oktober werde das Ressort die Planungen anpassen.
Neben höheren Preisen bei Bier und Essen müssen sich Freimarktbesucher auch bei den Fahrgeschäften auf Teuerungen einstellen. Auf Düsseldorfs Rheinkirmes kostete eine Fahrt im Kinderkarussell drei Euro und eine Fahrt im Riesenrad 7,50 Euro. Bei dem ein oder anderen Fahrgeschäft bedeutet das mindestens 50 Cent mehr pro Fahrt.