Grünen-Fraktionssprecherin Maike Schaefer will das Personalvertretungsgesetz verändern und die Verwaltung damit näher bürgernäher machen. Ärger mit Gesamtpersonalrat ist programmiert.
Frau Schaefer, Sie trauen sich was: Sie habe Ihrer Fraktion ein Papier zu einer Verwaltungsreform vorgelegt, darin stellen Sie unter anderem das bremische Personalvertretungsgesetz (PVG) infrage. Ihre Fraktion trägt den Vorstoß mit, allerdings hat sich an einer Reform des PVG in Bremen bislang noch jeder die Zähne ausgebissen.
Maike Schaefer: Wir müssen Probleme offen ansprechen und die gibt es in der Verwaltung nun mal. Das Papier ist kein Öffentlicher-Dienst- und kein Personalvertretungs-Bashing, sondern ein Plädoyer für eine Verwaltungs- und Strukturreform. Ich verstehe es als Impulspapier. Die Bremerinnen und Bremer erwarten von uns, dass wir die Probleme grundlegend angehen.
Dabei ist das PVG nur einer von mehreren Punkten, den wir uns genauer ansehen wollen, wie beispielsweise auch die umfassendere Nutzung von E-Government, also elektronische Abwicklung von Anträgen oder bürokratischen Vorgängen. Gerade da, wo es engen Kontakt gibt zwischen Bürgern und der Verwaltung, muss es gut laufen. Und momentan läuft es nicht überall so, wie man es sich wünschen würde. Bürger warten auf Geburtsurkunden, auf Kindergartenplätze, auf Elterngeld und auf die Bewilligung von Bauanträgen.
Wieso könnte das PVG reformierungsbedürftig sein?
Zunächst ist festzustellen, dass das bremische PVG bundesweit einzigartig ist, und es gibt Juristen, die Passagen verfassungsrechtlich für bedenklich halten. In keinem anderen Bundesland sind die Rechte der Personalräte so umfangreich wie hier. Nirgendwo sonst gibt es eine Allzuständigkeit wie in Bremen. In vielen anderen Ländern gibt es in bestimmten Stufen der Beteiligung ein Mitsprache-, aber kein Mitbestimmungsrecht.
Von Seiten der Gesetzesväter der SPD wurde das als Errungenschaft gefeiert.
Gegen die weitgehenden Rechte spricht im Grunde auch nichts, auch wir Grünen sind Verfechter von Arbeitnehmerrechten und Mitbestimmung, aber Mitbestimmung darf sich nicht in einer Blockadehaltung erschöpfen. Ich will nicht behaupten, dass das in Bremen fortwährend geschieht, aber es gibt solche Fälle. Man hört auch, dass mögliche und nötige Veränderungen vermieden werden, um keine Unruhe zu stiften. Hängepartien sind weder im Interesse der Beschäftigten, noch der Bürgerinnen und Bürger. Wir müssen die Verwaltung reformieren, daran gibt es nichts zu rütteln. Es kann nicht sein, dass das an der Macht der Personalräte scheitert, die – und das ist einer der Kritikpunkte von Juristen – nicht demokratisch legitimiert sind.
Wie heikel das Thema PVG in Bremen ist, haben Sie im vergangenen Jahr erlebt, als Sie in einer Aktuellen Stunde einen Satz dazu fallen ließen.
Ja, dieser eine kleine Satz hat für ein großes Echo gesorgt. Der Gesamtpersonalrat war nicht begeistert, aber ansonsten bin ich durchweg ermuntert worden, auch von Mitarbeitern der Verwaltung übrigens, dass wir uns mit dem Thema PVG auseinandersetzen.
Weil es bislang als Tabu-Thema gilt, jedenfalls in Ihren Reihen, bei Rot-Grün. Die Christdemokraten und die Handelskammer plädieren schon seit Jahrzehnten für eine Reform.
Es mag ein Tabu sein, aber damit kann ich mich doch nicht zufriedengeben. Ich bin nicht in die Politik gegangen, um irgendwelche Themen totzuschweigen. Wir haben die Interessen der Bürgerinnen und Bürger zu vertreten, dazu zählen auch die Beschäftigten des Öffentlichen Dienstes, selbstverständlich, aber eben nicht nur. Ob das Personalvertretungsgesetz letztlich reformiert wird oder nicht – wir müssen einen Weg finden, unsere Verwaltung besser aufzustellen.
Sie werden Ihren Koalitionspartner, die SPD, für eine Reform gewinnen müssen. Für die Sozialdemokraten ist das Gesetz eine heilige Kuh. Altbürgermeister Hans Koschnick hat es stets verteidigt, und die SPD verscherzt es sich traditionell nicht gerne mit Personalräten und den Mitarbeitern des Öffentlichen Dienstes.
Ich denke, dass die SPD auch Interesse an einer gut funktionierenden und effizienten Verwaltung haben muss. Steuerzahler haben einen Anspruch darauf. Wir müssen gewährleisten, dass das funktioniert. Die Verfahren müssen schnell, und sie müssen effizient sein.
Wen Sie zweifellos nicht für eine Reform des PVG gewinnen werden: den Gesamtpersonalrat.
Ja, er sieht das anders, das liegt in der Natur seiner Funktion. Die Personalräte in Bremen haben große Macht, damit geht aber auch große Verantwortung einher. Die Personalräte müssen sich vor die Beschäftigten stellen, ganz klar. Aber neben dieser Solidarität muss es auch Solidarität für die Betroffenen geben, für jeden, der länger als üblich auf eine staatliche Dienstleistung warten muss.
Für mich hat das auch etwas mit Demokratie zu tun: Verwaltung ist kein Selbstzweck. Wir kämpfen in Bremen um die Eigenständigkeit des Landes. Wir müssen beweisen, dass wir uns selbst verwalten können. Nicht zuletzt für den Wirtschaftsstandort Bremen ist effizientes Verwaltungshandeln absolut wichtig. Eine funktionierende Verwaltung ist das Aushängeschild eines Staates.
Sie zitieren in Ihrem Papier eine Umfrage des DBB Beamtenbund und Tarifunion aus dem Jahr 2016. Danach hielten 66 Prozent der befragten Bundesbürger die Verwaltung für aufgebläht und zu teuer. 75 Prozent sagten, im Vergleich zur freien Wirtschaft sei die Verwaltung zu schwerfällig. Es wäre alles andere als erstaunlich, wenn eine solche Umfrage in Bremen noch deutlich schlechtere Ergebnisse zutage brächte.
Die Umfrage zeigt aber auch, dass Bremen mit diesen Problemen nicht alleine dasteht. Aus Berlin weiß ich beispielsweise, dass die SPD in ihrer Wahlanalyse zu dem Schluss gekommen ist, dass die Verwaltung und ihr Service ein ausgesprochen wichtiges Thema für die Bürger ist. Das ist in Bremen nicht anders. Für mich heißt das: Wenn wir an die Eigenständigkeit unseres Landes glauben und an ihr festhalten wollen, müssen wir die Verwaltung gerade in den bürgernahen Bereichen so gut aufstellen, dass die Bürgerinnen und Bürger zufrieden sind.
In Ihrem Papier führen Sie auch Probleme auf, die jeden schockieren müssen, der sich ein übers andere Mal sagen ließ, dass Bremen „bis auf die Knochen“ gespart hat. Sie berichten beispielsweise von „überdimensionierten Organisationsformen“ und von „Fehlplanungen“, auch davon, dass die Freistellung von Personalräten über die gesetzlich vorgeschriebene Quote ausgedehnt wird.
Das ist kein Widerspruch, man kann nicht alle Ressorts über einen Kamm scheren. In vielen Bereichen ist das Einsparpotenziel über Personalabbau wirklich ausgereizt, da ist die Schmerzgrenze erreicht. Aber meinen Informationen nach sieht es in anderen Bereichen auch etwas anders aus, und ich bin mir sicher, dass sich auch viele Mitarbeiter des Öffentlichen Dienstes Veränderungen wünschen. Grundsätzlich möchte ich betonen, dass in der Verwaltung in den vergangenen Jahren schon viel passiert ist, dass es sehr viele Bereiche gibt, die top sind, sowie viele hoch motivierte Mitarbeiter. Ich bin zuversichtlich, dass wir das auch anderswo genauso hinbekommen.
Das Gespräch führte Silke Hellwig.