Ob sich der Tatvorwurf „Versuchter Totschlag“ gegen den 36-Jährigen wird halten lassen, bleibt abzuwarten. Eines jedoch wurde bereits am Montag bei Verlesung der Anklageschrift im Landgericht deutlich: Der Täter hat sein Opfer mit unglaublicher Brutalität attackiert. Laut Staatsanwaltschaft soll er einer 33-jährigen Frau einen Kugelschreiber ins linke Auge gerammt und dabei gerufen haben „Ich mach dich blind.“
Zugetragen hat sich der Vorfall Ende Januar dieses Jahres, nachts in einem Bus in Vegesack. Dort gerieten die beiden nach Zeugenaussagen in Streit. Die Frau habe dann versucht, in den hinteren Teil des Fahrzeuges zu flüchten. Der Mann sei ihr jedoch nachgegangen, habe sie in den Schwitzkasten genommen und ihr einen roten, messerähnlichen Gegenstand ins Auge gestoßen. Laut Polizei ging ein anderer Fahrgast dazwischen und hielt den Angreifer bis zum Eintreffen der Polizei fest.
Die suchte zunächst in dem Bus nach einem Messer, fand aber nichts dergleichen. Als der Festgenommene kurz darauf auf der Wache in Blumenthal durchsucht wurde, fand sich bei ihm ein roter Kugelschreiber. Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass es sich dabei um die Tatwaffe handelt. Und sie beließ es nicht bei einer gefährlichen Körperverletzung, sondern klagte den 36-Jährigen wegen versuchten Totschlags an. Er habe gezielt und kraftvoll zugestoßen und dabei den Tod der Frau für möglich gehalten oder ihn zumindest billigend in Kauf genommen. Die 33-Jährige hat die Attacke überlebt, wird laut ihres Arztes aber mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit das Sehvermögen ihres linken Auges komplett verlieren.
Frau mit Holzlatte traktiert
Doch diese Tat ist nicht das Einzige, was dem 36-Jährigen zur Last gelegt wird. Unmittelbar vorangegangen sein soll der Auseinandersetzung im Bus ein ebenfalls handgreiflicher Streit in der Wohnung des Opfers. Dabei habe der Mann ihr mit der Faust aufs Auge geschlagen und ihr eine blutende Wunde versetzt. Deshalb hatten sich die beiden, begleitet von der achtjährigen Tochter der Frau, überhaupt erst auf den Weg ins Klinikum Nord gemacht. Die Attacke im Bus erfolgte auf der Rückfahrt nach Gröpelingen.
Und auch damit nicht genug: Es liegt eine weitere Anklagen gegen den Mann vor. Hierin werden ihm vier Straftaten vorgeworfen, allesamt Fälle häuslicher Gewalt. Am 3. Dezember 2017 hat der 36-Jährige laut Staatsanwaltschaft die Frau ins Kinderzimmer ihrer Wohnung gezogen, dort das Bett zertrümmert und ihr anschließend mindestens dreimal mit der Faust gegen den Kopf geschlagen. Als die Frau zu fliehen versuchte, habe ihr Peiniger sie an den Haaren in ein anderes Zimmer gezogen, ihr dort zunächst mehrfach mit einem Cocktailmixer gegen das Bein geschlagen und sie dann mit beiden Händen eine Minute lang am Hals gewürgt, sodass sie keine Luft mehr bekommen hätte.
Anschließend habe er zwar kurz von ihr abgelassen, sei aber ins Kinderzimmer gegangen, um dort eine Holzlatte des zerbrochenen Bettes zu holen. Als die Frau ihn anflehte, aufzuhören, habe er ihr zunächst einen Wasserkocher ans Bein geworfen und dann so heftig mit der Holzlatte auf ihren Kopf, Körper und ihre Beine eingeschlagen, dass die Latte schließlich zerbrach. Als die Frau zu Nachbarn flüchtete, sei der Mann ihr gefolgt und habe dabei versucht, sie mit einem Kochtopf zu schlagen, endete die Anklageschrift.
Die Frau trug bei den Angriffen eine Vielzahl von Hämatomen und Schürfwunden am Kopf und am gesamten Körper davon. Sie wird zu einem späteren Zeitpunkt des auf acht Verhandlungstage bis Anfang September angesetzten Prozesses als Zeugin gehört. Der Angeklagte schwieg am Montag zu den Vorwürfen, eventuell werde er sich jedoch zu einem später Zeitpunkt dazu äußern, stellte seine Verteidigerin in Aussicht.
Der Prozess wird am Freitag, 12. Juli, um 9 Uhr in Saal 218 des Landgerichts fortgesetzt.