Immer mehr Lehrerinnen und Lehrer arbeiten in Teilzeit. Nach aktuellen Zahlen der Bildungsbehörde liegt die Teilzeitquote in allen Bremer Schulformen bei 43 Prozent. In den vorherigen Jahren arbeiteten jeweils 42 Prozent der Lehrkräfte nicht über die volle Stundenzahl, 2018 waren es 41 Prozent. Der weibliche Teilzeit-Anteil stieg kontinuierlich an: von 50 Prozent vor vier Jahren auf 53 Prozent. Das soll sich nach dem Willen der Behörde ändern. Bis Jahresende sollen in enger Abstimmung mit den Beschäftigten Ideen vorliegen, wie die Teilzeitquote im Lehrerberuf gesenkt werden kann. Die Bildungsgewerkschaft GEW sieht den Vorstoß kritisch.
Bei dem Versuch, wieder deutlich mehr Lehrer in Vollzeitarbeit zu bringen oder ihre Stundenzahl zumindest spürbar zu erhöhen, hat die Behörde vor allem Frauen im Blick. Tatsächlich zeigen die statistischen Zahlen, dass Teilzeitregelungen in erster Linie von Frauen wahrgenommen werden. Besonders hoch ist die weibliche Teilzeitquote mit 59 Prozent an den Gymnasien, knapp dahinter folgen die Grundschulen mit 58 Prozent. In den beruflichen Schulen arbeiten 53 Prozent der Frauen in Teilzeit, am unteren Ende der Skala liegen die Oberschulen mit 45 Prozent. Auffallend ist der Unterschied zwischen den Geschlechtern: Mehr als die Hälfte aller Lehrerinnen arbeiten in Teilzeit, bei den Männern sind es 22 Prozent.
Als wesentlichen Grund für den hohen Frauenanteil in der Teilzeitarbeit sieht die Behörde die fehlende Vereinbarkeit von Familie und Beruf an. Deshalb soll eine neue Arbeitsgruppe austarieren, wie sich beides besser unter einen Hut bekommen lässt. „Lehrkräfte in Teilzeit sollen in die Lage versetzt werden, die Option zur Aufstockung besser nutzen zu können“, sagt Aygün Kilincsoy, Leiter des Büros von Bildungssenatorin Sascha Aulepp (SPD).
Arbeitsplatz familienfreundlicher gestalten
Die Richtung ist klar: Es geht darum, den Arbeitsplatz Schule familienfreundlicher zu gestalten. Damit ist nicht gemeint, ein schulisches Betreuungsformat für Kleinkinder zu schaffen. Vielmehr will die Behörde durch flexiblere Arbeitszeiten einen Konflikt mit den Erfordernissen der Kinderbetreuung so gut wie möglich ausschließen. „Es sollen Hindernisse aus dem Weg geräumt werden“, sagt Maike Wiedwald, Sprecherin des Bildungsressorts.
Diese Pläne stoßen nicht überall auf ungeteilten Beifall. Als völlig falschen Ansatz bewertet die GEW alle Versuche, die Teilzeitquote zu drücken. Das Kernproblem ist aus Gewerkschaftssicht ein anderes. „Die Arbeitsbelastung ist zu hoch“, sagt Landesvorstandssprecherin Elke Suhr. Lehrkräfte würden nicht zuletzt durch die Digitalisierung ständig mit neuen Anforderungen konfrontiert, deshalb arbeiteten viele in Teilzeitarbeit. „Die Arbeit ist einfach nicht mehr zu schaffen. Also reduzieren die Leute auf Teilzeit, arbeiten aber trotzdem Vollzeit.“ Dieses Problem sei nicht zu lösen, indem man Lehrkräfte aus der Teil- in die Vollzeit zwinge.
Ein zusätzliches Problem sieht Suhr darin, dass die Unterrichtsverpflichtung in Bremen ohnehin höher sei als etwa in Niedersachsen. Daher könne die Antwort auf den chronischen Lehrermangel nicht in mehr Vollzeitarbeit liegen. Stattdessen fordert Suhr, die Arbeitsbelastung der Lehrerinnen und Lehrer zu verringern – mit dem Ziel, so dem Teilzeitwunsch entgegenzuwirken. Man müsse überlegen, welche Aufgabenfelder wegfallen könnten. Als Beispiel nennt Suhr die Vielzahl von Verwaltungsaufgaben. Oder das Schlange stehen beim Kopieren. „Warum gibt es an den Schulen nicht eine Person, die das erledigt?“
Untersagen lässt sich Teilzeitarbeit nicht. In Deutschland ist das Recht auf Teilzeitarbeit seit 2001 gesetzlich verankert. Für Beamte regelt ein Landesgesetz die näheren Einzelheiten, das Bremische Beamtengesetz. Danach kann die Arbeitszeit auf Antrag bis auf die Hälfte reduziert werden. Allerdings hat das Land als Arbeitgeber auch die Möglichkeit, die Teilzeitregelung zu beschneiden. In Paragraf 61 heißt es, die Dauer der Teilzeitbeschäftigung lasse sich beschränken oder der Umfang der Arbeitszeit erhöhen, soweit zwingende dienstliche Belange dies erforderten.
Doch diese Karte will die Bildungsbehörde nicht ziehen. Ressortsprecherin Wiedwald betont, man wolle im Einvernehmen mit den Beschäftigen praktikable Lösungen finden. „Irgendwelche Zwangsmaßnahmen sind nicht geplant.“