Bei Konsumenten in Teilen Niedersachsens ist sie als "Görke" bekannt, andernorts heißt sie "Baller-Liquid", "Baba-Liquid" oder "CBD-Liquid": Gemeint ist in allen Fällen eine synthetische Droge, die bereits seit einigen Jahren im Umlauf ist, in jüngster Vergangenheit aber für besonderes Aufsehen gesorgt hat. In der vergangenen Woche schwebte eine 16-jährige Schülerin aus dem Landkreis Oldenburg nach dem Konsum zeitweise in Lebensgefahr. Die Polizei in Niedersachsen und Bremen warnt ebenso vor den Gefahren wie die Bremer Bildungsbehörde und das Gesundheitsressort.
Um was für eine Droge handelt es sich?
Die Flüssigkeiten entsprechen optisch den Substanzen, die regulär für E-Zigaretten gekauft und verwendet werden. "Baller-Liquids" enthalten jedoch laut Bastian Demann, Sprecher der Polizei Bremen, eine Mischung aus stimulierenden und halluzinogenen Stoffen. Der Konsum erfolgt in der Regel über E-Zigaretten oder Vapes. Oft sind es synthetische Cannabinoide, die beigemischt werden. Im Gegensatz zu Cannabidiol (CBD), das an Volljährige legal verkauft werden darf, haben die illegalen synthetischen Stoffe einen deutlich höheren Wirkungsgrad – der zudem kaum zu berechnen ist. Das Landeskriminalamt in Nordrhein-Westfalen berichtet auch über Fälle, in denen "Baller-Liquids" K. O.-Tropfen beigemischt waren.
Welche Auswirkungen kann der Konsum haben?
Die Droge könne "erhebliche körperliche und psychische Schäden verursachen", erklärt Polizeisprecher Demann. Die Bremer Bildungsbehörde warnt in einem Flyer zum Beispiel vor Schwindel, Bewusstlosigkeit und Krampfanfällen. Auch Panikattacken und Psychosen werden als mögliche Folgen genannt. Synthetische Cannabinoide seien bereits in geringer Menge giftig und machten schnell abhängig, sagt Diana Schlee, Sprecherin des Bremer Gesundheitsressorts.
Wie verbreitet ist die Droge in Bremen?
Dem Bremer Gesundheitsamt ist die Problematik laut Schlee bekannt. In den Beratungen der Ambulanz für junge Menschen mit Suchtproblemen seien jugendliche Konsumenten erschienen, die bereits nach dem erstmaligen Konsum über die typischen Symptome berichtet hätten. Nach Angaben der Polizei gab es vereinzelt Fälle, in denen synthetische Cannabinoide "in Form von pinken Liquids in sogenannten Vapes" konsumiert wurden. Ein "wahrnehmbarer Schwerpunkt" sei derzeit aber nicht zu verzeichnen, sagt Demann.
Was ist das Problem bei der Erfassung?
E-Zigaretten und Vapes sind stark verbreitet. Der Konsum von "Baller-Liquids" unterscheidet sich auf diesem Weg nicht vom normalen Rauchverhalten und ist deshalb schwierig zu erkennen.
Wie sollen neue Erkenntnisse über den Konsum gesammelt werden?
Die Bremer Bildungsbehörde erhofft sich laut Sprecherin Patricia Brandt neue Erkenntnisse über den Konsum durch die Schulbusstudie, die voraussichtlich im Frühjahr zur Verfügung stehen werde. Geplant sei auch, die Anzahl von Rettungsdiensteinsätzen wegen Drogenkonsums in Schulen zukünftig zu erfassen – bislang passiere das nicht.
Was weiß man über die Verkäufer?
Berichte von Jugendlichen in der Beratungsstelle legen laut Schlee nahe, dass einige junge Menschen die Droge selbst herstellen und an andere verkaufen. "Woher die Inhaltsstoffe bezogen werden und worum es sich dabei genau handelt, ist uns nicht bekannt", erklärt Schlee. Ihr zufolge ergibt sich aus den Erfahrungsberichten auch, dass die Dealer die Stoffe damit bewerben, "dass sie schwer nachzuweisen und günstig sind". Auch über Soziale Medien würden die Produkte beworben. Viele Schüler probierten die Substanz in der Annahme, es handele sich um Cannabidiol. Im Fall der 16-jährigen Schülerin aus Oldenburg haben Ermittler der Polizei Oldenburg noch am selben Tag eine Wohnung durchsucht und einen 19-Jährigen festgenommen, der im Verdacht steht, die Droge an die Schülerin verkauft zu haben.
Wie klären die Behörden auf?
Die Suchtberatungsstelle Escape klärt nach Angaben von Schlee sowohl die Jugendlichen als auch die erwachsenen Bezugspersonen "über die gefährlichen Stoffe, die Verbreitung, die irreführende Vermarktung und den Konsum auf". Auch gebe es Fortbildungsveranstaltungen für Fachpersonal. Derzeit bereite das Gesundheitsamt zudem gemeinsam mit dem Landesinstitut für Schule Aufklärungsmaterialien vor. Die Bildungsbehörde hat laut Brandt ein Rundschreiben mit Empfehlungen an die Schulen verschickt und bildet Lehrkräfte zu dem Thema fort. Außerdem sei eine Unterrichtseinheit zum Thema Vapen erstellt worden. Polizeisprecher Demann berichtet von einem Austausch des Fachreferats mit der Suchthilfe Bremen.