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Unfall-Hotspots Das sind Bremens gefährlichste Straßen

Der Stern, die Stephanibrücke und der Brill – Diese Hotspots sind in Bremen bekannt. Ein digitaler Unfallatlas zeigt nun, dass es auch andernorts gefährlich ist. Auffällig ist eine Kreuzung in der Neustadt.
24.07.2022, 06:45 Uhr
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Das sind Bremens gefährlichste Straßen
Von Björn Struß
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Der Stern, die Stephanibrücke und der Brill – wer sich viel auf Bremens Straßen bewegt, weiß, dass hier besondere Aufmerksamkeit gefragt ist. In der Unfallstatistik für das Jahr 2021 haben Polizei und Innenressort diese drei Orte als Brennpunkte identifiziert, hier konzentriert die Verkehrsunfallkommission ihre Arbeit. Wie gefährlich es auf den Straßen genau ist, zeigt nun ein aktualisierter Unfallatlas der statistischen Ämter von Bund und Ländern. Auf unfallatlas.statistikportal.de ist so auch einsehbar, wie oft es vor der eigenen Haustür oder auf dem täglichen Arbeitsweg gekracht hat.

Erfasst sind die von der Polizei aufgenommenen Verkehrsunfälle mit Verletzten, die der Atlas sehr genau verortet. Polizei und Innenressort berücksichtigen in ihrer jährlichen Statistik auch Fälle, bei denen es bei Blechschäden blieb. So ist zu erklären, dass die Stephanibrücke zwar ein Hotspot ist, im Unfallatlas aber nicht besonders hervorsticht. Acht Mal zogen sich Menschen hier im vergangenen Jahr leichte Verletzungen zu. Gefährlicher war es auf einer Kreuzung in der Neustadt.

Osterstraße/ Friedrich-Ebert-Straße

Vor der Wilhelm-Kaisen-Brücke kreuzen sich im Bereich Osterstraße/ Friedrich-Ebert-Straße Straßenbahn- und Buslinien. Auch für Autos und Fahrräder ist es eine wichtige Verkehrsader, die über die Weser führt. 2021 kam es hier zu 14 Unfällen mit Verletzten, acht Mal waren Fahrradfahrer beteiligt. Zwei Mal waren auch Schwerverletzte zu beklagen. Die Polizei stuft Verletzungen als schwer ein, wenn der Geschädigte für mindestens 24 Stunden in einem Krankenhaus behandelt werden musste.

Die Schwerverletzten waren in diesem Bereich ein Radfahrer und mit hoher Wahrscheinlichkeit ein Fußgänger. Der digitale Atlas informiert über die Unfallbeteiligten, sagt aber nicht, wer sich die Verletzung zuzog. Weil im zweiten Fall aber ein Auto und ein Fußgänger zusammenprallten, liegt es nahe, dass danach der Fußgänger ins Krankenhaus musste.

Trotz des coronabedingt allgemein niedrigeren Verkehrsaufkommens war die Zahl der Verletzten auf dieser Kreuzung besonders hoch. Seit 2016 gab es nur im Jahr 2018 ebenfalls 14 Unfälle, in den übrigen vier Jahren schwankte die Zahl in dieser Zeitspanne zwischen fünf und zehn.

Der Stern

Er ist ein ewiger Zankapfel der Verkehrspolitik und die jährlichen Unfallzahlen bestätigen immer wieder seinen traurigen Berühmtheitsstatus. Nirgendwo sonst kracht es in Bremen so häufig, wie auf dem Stern. Im vergangenen Jahr waren es 24 Unfälle mit Verletzten, davon 19 mit Beteiligung eines Radfahrers. Schwerverletzte gab es erstmals seit 2016 keine. Ein positiver Corona-Effekt ist für den Stern im Unfallatlas nicht zu erkennen. Nach den 23 Unfällen des Jahres 2019 waren es 2020 mit 28 sogar ein paar mehr.

Interessant ist auch der Vergleich zu 2016. Um die Verkehrssituation zu entspannen, ließ Bremen im Folgejahr den Kreisel für über 900.000 Euro umbauen. Auf die Frage, ob dies gelungen ist, liefert der Verkehrsatlas zwei Antworten. Einerseits stieg die Zahl der Unfälle mit Verletzten an: von 18 im Jahr 2016 auf 32 im Jahr 2018. Andererseits zogen sich deutlich weniger Verkehrsteilnehmer schwere Verletzungen zu. Im Jahr 2016 waren es noch fünf, in den fünf Folgejahren hingegen nie mehr als zwei.

Die Brill-Kreuzung

Unzählige Autos, Straßenbahnen, Busse, Taxen, Radfahrer, Fußgänger und neuerdings auch E-Roller schlängeln sich tagtäglich über die Brill-Kreuzung. Deshalb kommt es auch an diesem Knotenpunkt zu vielen Unfällen. Im vergangenen Jahr waren es elf mit Verletzten, davon vier mit Beteiligung eines Radfahrers. Schwerverletzte gab es keine.

Beim Blick in die Vergangenheit sticht das Jahr 2018 traurig hervor. Damals verloren zwei Menschen im Straßenverkehr des Brills ihr Leben. Hinzu kamen zwei weitere Unfälle mit Schwerverletzten, insgesamt waren es in diesem Jahr 22.

Das sagt der ADFC

Auf dem Stern ist es in den vergangenen sechs Jahren zu 143 Unfällen mit Verletzten gekommen, bei 83 Prozent war ein Radfahrer beteiligt. Vor der Wilhelm-Kaisen-Brücke liegt dieser Anteil bei 68 Prozent, auf der Brill-Kreuzung sind es 38 Prozent. Nach Einschätzung des ADFC bildet der Unfallatlas die Gefährdung von Radfahrern aber nicht vollständig ab. "60 bis 80 Prozent der Fahrradunfälle gehen nicht in die offiziellen Statistiken ein, weil nicht die Polizei gerufen wird", sagt Kristin Klimbert, Referentin für Verkehrspolitik des Bremer ADFC. Dies sei insbesondere dann der Fall, wenn ein Fahrradfahrer mit einem Fußgänger oder einem anderen Radler kollidiere.

Die wachsende Beliebtheit von Lastenrädern und Pedelecs können laut Klimbert zu neuen Gefahrenquellen führen. "Für Lastenräder braucht es deutlich breitere Wege", so die Verkehrsexpertin, "und Pedelecs erhöhen die Durchschnittsgeschwindigkeit des Radverkehrs." Mit der Geschwindigkeit steige dann auch das Verletzungsrisiko bei einem Sturz. Klimbert erkennt aber auch erfreuliche Trends: "Immer mehr Radfahrer tragen einen Helm."

Die Umgestaltung des Sterns im Jahr 2017 beurteilt Klimbert insgesamt positiv: "Die Zahl der Unfälle ist hoch geblieben, aber es gibt deutlich weniger Schwerverletzte." Zurückzuführen sei dies auf die bessere Trennung von Rad- und Autoverkehr.

Das sagt der ADAC

Nils Linge, Sprecher des ADAC Weser-Ems beurteilt die Entwicklungen am Stern anders: "Es ist und bleibt ein großer Kompromiss. Unterm Strich hat die Umgestaltung nichts besser gemacht." Unfälle seien nur zu verhindern, indem man unterschiedliche Verkehrsflüsse strikt voneinander trenne. "Der Radverkehr braucht eine erste Etage, so wie es in Holland bereits vielfach umgesetzt ist", argumentiert Linge. Und die Straßenbahn müsste optimaler Weise in einem Tunnel unter dem Stern hindurchgeführt werden. "Dann sprechen wir aber auch über Baukosten von mehreren Millionen Euro. Dieses Geld hat Bremen schlichtweg nicht", meint der ADAC-Sprecher.

Beim Blick auf die Brill-Kreuzung könnten sich laut Linge zwei umstrittene Entscheidungen von Verkehrssenatorin Maike Schaefer (Grüne) negativ auswirken. Auf der Martinistraße rollt der motorisierte Verkehr bekanntlich nur noch auf zwei Spuren, die Straße Am Wall hat Schaefer zugunsten des Radverkehrs für Autos zur Einbahnstraße gemacht. "Der Verkehr sucht sich dann andere Wege. Am Brill erhöht dies den Verkehrsdruck", warnt Linge.

Einen positiven Einfluss auf die Unfallgefahr hat nach Einschätzung des ADAC der technische Fortschritt. "Funktionen wie automatisches Bremsen in Gefahrensituationen können natürlich Unfälle mit Verletzten verhindern", sagt Linge. Das Wichtigste bleibe aber die gegenseitige Rücksichtnahme der Verkehrsteilnehmer. "Dazu gehört auch, sich mal zurücknehmen und nicht bedingungslos auf sein Recht zu beharren."

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