Werden Flüchtlinge in Bremen "sicher und menschenwürdig" untergebracht? So, wie die CDU diese Frage am Dienstag in der Bürgerschaft stellte, schwangen Zweifel mit. Die Christdemokraten hatten eine Aktuelle Stunde zum Thema auf die Tagesordnung setzen lassen. Anlass war ein Vorfall aus der vergangenen Woche. Wie berichtet, hatte ein blutiger Streit unter jungen Männern in einer als Behelfsunterkunft hergerichteten Osterholzer Turnhalle die dort untergebrachten ukrainischen Flüchtlinge in Angst und Schrecken versetzt. Aus Sicht der CDU illustriert der Vorfall, dass es insgesamt bei der Unterbringung an manchen Stellen hapert. In der Debatte waren die Christdemokraten allerdings isoliert. Die FDP als zweite Oppositionsfraktion hatte an der Arbeit der Sozialbehörde nichts zu bemängeln. Hier ein Überblick über die Debatte:
Sigrid Grönert (CDU):
Aus Sicht der Christdemokraten ist es dem Engagement der Zivilgesellschaft zu verdanken, dass die Unterbringung von mehr als 6000 ukrainischen Flüchtlingen bisher überhaupt halbwegs geklappt hat. Ein Großteil sei nämlich bei Verwandten, Bekannten oder hilfsbereiten privaten Vermietern untergekommen. Der Sozialbehörde warf die CDU-Fachpolitikerin Grönert vor, zu träge zu reagieren. So habe es schon vor der Flüchtlingswelle aus der Ukraine einen großen Rückstand bei der Registrierung von Flüchtlingen aus anderen Teilen der Welt gegeben. Die Unterbringungsstandards seien zuletzt arg abgesunken. Wenn ukrainischen Frauen und Kindern Feldbetten ohne Matratzen angeboten würden und es in den Notunterkünften keinerlei Privatsphäre gebe, sei das bedenklich. Die Gewalt in der Osterholzer Turnhalle zeige zudem, dass die Flüchtlinge "zwar warm, trocken und satt, aber bestimmt nicht sicher" untergebracht seien.
Valentina Tuchel (SPD):
Ja, der Zustrom Tausender Ukrainer lasse das Bremer Aufnahmesystem an seine Kapazitätsgrenzen stoßen, sagte die sozialdemokratische Sozialpolitikerin, die russische Wurzeln hat. Sie selbst habe in den 90er-Jahren nach ihrer Ankunft in Deutschland zunächst im Etagenbett einer Notunterkunft schlafen müssen. "Das war nicht schön, aber dauerte eben doch nur einige Tage", sagte Tuchel. Ähnliches gelte heute. Es gebe keinen Grund, der Sozialbehörde Vorwürfe zu machen.
Sahhanim Görgü-Philipp (Grüne):
Ganz ähnlich klang das bei der Sozialexpertin der Grünen. Eine Unterbringung in Turnhallen sei keinesfalls wünschenswert, sei als Übergangslösung aber zeitweilig nicht zu vermeiden. "Es geht um die Vermeidung von Obdachlosigkeit", so Görgü-Philipp. Eine nach Nationalitäten oder Geschlecht getrennte Unterbringung von Flüchtlingen in provisorischen Unterkünften lehnte sie ab.
Magnus Buhlert (FDP):
Der Liberale nahm die Sozialbehörde ausdrücklich gegen die CDU-Vorwürfe in Schutz. Der Senat habe erkennbar aus der Flüchtlingskrise 2015/16 gelernt. Auch deshalb habe Bremen bisher kaum auf provisorische Unterkünfte zurückgreifen müssen. Der Vorfall in der Osterholzer Turnhalle eigne sich nicht für Pauschalkritik an der Unterbringung in Bremen.
Sofia Leonidakis (Linke):
Die Linken-Fraktionschefin hielt der CDU vor, zwar Missstände bei der Unterbringung zu kritisieren, aber selbst keine konstruktiven Vorschläge zu machen. Aus Leonidakis' Sicht gilt es nun, Anschlusslösungen für die Menschen zu finden, die derzeit in Massenunterkünften leben. Eines sei nämlich sicher: Viele Ukrainer würden noch lange in Deutschland bleiben, "denn Putin will keinen Frieden".
Anja Stahmann (Sozialsenatorin):
Die Grünen-Politikerin nahm für ihre Behörde in Anspruch, alles für eine menschenwürdige Versorgung ankommender Flüchtlinge zu tun. 1050 Plätze in den Erstaufnahmen, 750 in Hotels, 1200 in den Messehallen, 3800 in Übergangswohnheimen, 1280 in der Zeltstadt Überseestadt sowie Hunderte weitere in Turnhallen sprächen eine deutliche Sprache. Stahmann: "Die Sozialsenatorin des Landes Bremen stellt eine sichere und menschenwürdige Flüchtlingsunterbringung sicher."